Zürichs Höllentor war für Adolf Hitler bestimmt

Erstellt von Lorenz Steinmann |
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Emil Bührles Bildersammlung und der von ihm finanzierte Ausstellungssaal sind nicht die einzigen Zeugen einer dunklen Vergangenheit. Der Abguss des Rodin-Höllentors auf dem Vorplatz des Kunsthauses stammt aus dem Jahr 1942 und war für ein Hitler-Museum im österreichischen Linz vorgesehen.

Am 11. Dezember ist es so weit.  Dann übergibt die Bauherrschaft den Erweiterungsbau ans Kunsthaus Zürich. Mit dem gemäss NZZ «palazzo-artigen Quader» wird das Museum ab Herbst 2021 zum grössten Kunsthaus der Schweiz. Engverbunden mit diesem stattlichen Ensemble ist die Familie Bührle, die ihr Geld vor allem mit der Waffenfabrikation machte. Emil Georg Bührle baute in den Jahren des Zweiten Weltkriegs eine grosse Waffenfabrik in Oerlikon auf. Umgerechnet auf heute betrugen die Waffenausfuhren vor allem nach Deutschland den Wert von etwa zwei Milliarden Franken. Emil Bührle wurde zum reichsten Schweizer der damaligen Zeit. Neben dem Waffenhandel hatte er eine Passion für Kunstwerke. Seine bedeutende Sammlung, die er während und nach dem Zweiten Weltkrieg zusammenkaufte, wird künftig im Erweiterungsbau von Stararchitekt David Chipperfield ausgestellt. Doch Bührle prägte das Kunsthaus schon seit den 1940er-Jahren. Einerseits natürlich durch den von ihm finanzierten Erweiterungsbau von 1958, wo seither die grossen Sonderausstellungen stattfinden. Dazu kommt der auffällige Höllentor-Abguss neben dem Haupteingang. Seine Herkunft hat es in sich. Das meldeten kürzlich das «Magazin» und dann vor allem die «Wochenzeitung» (WoZ).

Das Original steht in Paris
Doch der Reihe nach. Ursprünglich war das Kunstwerk 1880 vom französischen Staat beim Künstler Auguste Rodin in Auftrag gegeben worden – als Eingangstür für das Musée dʼArt décoratif. Später gab es eine ganze Reihe von Abgüssen. 1942 entstand der vierte Abguss in Paris. Der Auftrag kam aus Deutschland. Dieses «Höllentor» sollte den Eingang des geplanten «Führermuseums» in Linz in Oberösterreich bilden. Linz wurde gewählt, weil es in der Nähe von Adolf Hitlers Geburtsort Braunau liegt. Der Abguss wurde von Nazideutschland aber nie abgeholt in Paris. Die Niederlage der Achsenmächte kam dazwischen.
Nach Auskunft von Mediensprecher Björn Quellenberg erwarb das  Kunsthaus diesen geschichtlich belasteten vierten Guss 1949 direkt von der Giesserei Eugène Rudier. Der ehemalige Direktor Wilhelm Wartmann hatte ihn als neues Eingangsportal für den Erweiterungsbau von 1958 im Sinn. Finanziert wurde er via Baufonds von Emil Georg Bührle.
Von  der Verwendung des Höllentores als Portal war man inzwischen abgekommen. Seither steht das Kunstwerk neben dem Haupteingang. Auf die schauerliche Herkunft wird nicht hingewiesen. Immerhin thront daneben seit September 2020 eine «Antikriegsplastik» von Kader Attia. Sie zeigt zwei entstellte Gesichter kriegsversehrter Männer. «Ein klares Statement gegen die Verherrlichung von Kriegstreiberei», findet Sprecher Björn Quellenberg.