Im Rahmen der Veranstaltung «Zürich West Diagonal» informierte die Stadt letzte Woche über laufende Bau- und Verkehrsprojekte in den Kreisen 4 und 5. Schwerpunkt ist das Fernwärmeprojekt, das auch Bewegung auf das Josef-Aareal bringen wird.
Lisa Maire
Während der Neubau für die Kriminalpolizei am Mühleweg fast rekordmässig schnell vorankommt, verlaufen andere Projekte schleppender: Das neue Tramdepot Hard sei ja schon fast ein Generationenprojekt, meinte Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) vor einem über 200-köpfigen Publikum in der Aula des KV Zürich. Nach umfangreichen Abklärungen vor allem von Statik- und Finanzierungsfragen sei das Projekt nun aber auf Kurs. Die Kreditvorlage für einen Ersatzneubau des Tramdepots am Escher-Wyss-Platz mit darüberliegenden Wohntürmen soll 2019 dem Gemeinderat und der Stimmbevölkerung vorgelegt werden. Während die Neugestaltung des EWZ-Areals Herdern noch nicht über das Vorprojekt hinaus ist, geht es beim Bundesasylzentrum schnell vorwärts: Nach dem deutlichen Ja des Stimmvolks im September 2017 erfolgte nun auf dem Duttweiler-Areal der Baustart, sodass das Zentrum voraussichtlich im Herbst 2019 in Betrieb gehen kann.
Hotspot Fussballstadion
Zu reden geben in Zürich West auch private Projekte. Allen voran das neue Hardturm-Stadion, über das die Stimmberechtigten am 25. November befinden. Das von privaten Investoren getragene Projekt ist wegen der zwei Wohntürme, welche die Credit Suisse zur Querfinanzierung des Stadions erstellen will, umstritten. So kämpft die SP und gegen die eigenen Stadträte mit einer Initiative «für ein Fussballstadion ohne Milliardenabzocke». Ohne sich dazu weiter zu äussern, informierte Odermatt über mögliche Szenarien je nach Ausgang der Abstimmung: Nach einem Ja wird der Stadtrat dem Gemeinderat den bereinigten Gestaltungsplan vorlegen, und falls weder das Referendum ergriffen werde noch Baurekurse folgten, könne 2020 mit dem Bau losgelegt werden. Was aber passiert, wenn das Projekt an der Urne abgelehnt wird? «Die Stadt will kein neues eigenes Stadionprojekt aufziehen, und auch private Investoren würden sich wohl zurückziehen», sagte Odermatt. Das heisst: Das Hardturmareal bliebe eine Brache und ginge später wieder an die CS zurück, die darauf ein anderes Bauprojekt realisieren könnte.
Veloweg und Tempo 30
Zum Stand der laufenden Infrastruktur-Vorhaben gab Stadtrat Richard Wolff (AL) Auskunft. So informierte der Vorsteher des Tiefbau und Entsorgungsdepartements über den geplanten Umbau der Hardturmstrasse, die zwischen den beiden Verzweigungen mit der Förrlibuckstrasse mit einem Veloweg und Tempo 30 ausgestattet wird. Dies soll die Strasse als Abkürzung für den Durchgangsverkehr Richtung Autobahn unattraktiver machen. Im Gegenzug wird das bestehende Nachtfahrverbot aufgehoben. Das Projekt sei auf bestem Weg, so Wolff. Mit dem Baustart sei 2019 zu rechnen, wobei sich die vorgesehene zweijährige Bauzeit dank Intensivbaubauweise verkürzen könnte. Darüber werde noch diskutiert, sagte Wolff.
Wärme aus Abfall
Als «Schlüsselprojekt» und «Beitrag zum Klimaschutz» preist der Stadtrat das Fernwärmeprojekt an, über das die Bevölkerung am 23. September abstimmt. Das Projekt soll die Wärmeversorgung von Zürich West sicherstellen, wenn in einigen Jahren das Werk Josefstrasse stillgelegt wird. Es beinhaltet den Bau einer sechs Kilometer langen Verbindungsleitung zum Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz, wobei zur Hälfte bestehende Kanäle genutzt werden können. Von der Abwärme aus Abfallverbrennung sollen zusätzlich auch Teile von Unterstrass und Aussersihl profitieren. Bis auf vier Baustellen für Arbeitsschächte bleiben die Arbeiten über der Erde unsichtbar.
Da auch die Zentralwäscherei wegziehen will, werden auf dem Josefareal nach Stilllegung der KVA insgesamt rund 20 000 Quadratmeter für neue Nutzungen frei. Diese müssten gemäss Zonenplan öffentlichen Charakter haben, betonte Stadtrat Odermatt. Privates Wohnen und Gewerberäume fallen damit flach, Pflegeeinrichtungen oder Alterswohnungen würden hingegen öffentliche Aufgaben erfüllen. Auch ein Hallenbad oder ein Ausbau des Grünraums kämen infrage, so Odermatt.
Falls das Stimmvolk dem Fernwärmeprojekt grünes Licht gebe, wolle man in Zusammenarbeit mit Anspruchsgruppen aus dem Quartier ein entsprechendes Entwicklungskonzept erarbeiten. Ein kleiner Teil des Werks Josefstrasse soll aber auf jeden Fall zur Abdeckung von Bedarfsspitzen an sehr kalten Wintertagen bestehen bleiben. So auch der Kamin, wie Wolff eine Frage eines Quartierbewohners beantwortete.
Versiegelung und Entsiegelung
In der Publikumsrunde wurden zudem kritische Stimmen im Zusammenhang mit Klimaaspekten laut. Beanstandet wurde vor allem die zunehmende Versiegelung des Bodens im Limmatraum. Die Stadt habe es «extrem verpasst», sich dagegen einzusetzen, sagte ein Gegner des Stadionprojekts. Auch in den Reihen des neu formierten Quartiervereins Zürich 5 stösst das Stadionprojekt mit den beiden Wohntürmen klimatechnisch auf Unverständnis. Odermatt betonte, es gebe in dieser Frage nicht nur Schwarz oder Weiss. Auch eine Blockrandbebauung sei in Bezug auf Hitzebelastung nicht optimal, zumindest müsste sie an mindestens zwei Orten durchlässig sei. Im Übrigen dürfe man nicht vergessen, dass in Zürich West auch schon viele Flächen entsiegelt worden seien. «Doch, das ist so!», insistierte Odermatt nach Lachern aus dem Publikum. Der Stadtrat verwies zudem darauf, dass Klimafragen und Grünraumversorgung auch Thema im neuen Richtplan seien, der demnächst veröffentlicht werden soll.
«Gesamtperspektive fehlt»
Etwas ratlos äusserte sich der Tiefbauvorsteher zur Frage eines Anwohners, ob auf der umgebauten Hardturmstrasse mit mehr oder weniger Verkehr gerechnet werde: «Das weiss ich nicht – sicher wird er aber langsamer sein», meinte Wolff. Eigentlich gehe man aber schon davon aus, dass die Strasse mit Tempo 30 ihre Attraktivität für den Durchgangsverkehr verlieren werde. Weitere Stimmen aus dem Publikum gaben unter anderem das mangelnde Raumangebot für das Kleingewerbe zu bedenken, und jemand fragte, warum man nichts mehr von der einst in Aussicht gestellten attraktiveren Gestaltung des Escher-Wyss-Platzes höre. Ja, die orangen Sitzmöbel seien wohl «noch nicht das Gelbe vom Ei», meinte Wolff dazu. Es gebe aber zurzeit keine weiteren Projekte.
Auch eine fehlende Gesamtperspektive der vielen Bauprojekte wurde kritisiert. Zürich West sei ja noch lange nicht fertig gebaut, sagte dazu Odermatt. Er nehme die Kritik aber als thematische Anregung für eines der nächsten «Diagonal» auf.