Zürcher Band Fräulein Luise: Vom alten Bunker auf die Bühne

Erstellt von Patrick Holenstein |
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Die Zürcher Band Fräulein Luise hat beim Band-It-Contest 2021 überraschend den Sieg erreicht. Mit klar strukturierten Songs, mehrstimmigem Gesang und schlauen Texten könnte es für die Band noch weit gehen.

«Nur Fräulein Luise geht elegant gekleidet vorüber», heisst es in einem Text der Band, die eben jenes Fräulein aus Dürrenmatts «Besuch der alten Dame» im Namen trägt. Das Gespür für Sprache ist ein Markenzeichen der jungen Zürcher Band, neben dem mehrstimmigen Gesang. Der Name ist aber keinesfalls Programm, Fräulein Luise gehen nicht kaum bemerkt vorüber, sie bleiben im Gedächtnis.

«Paula und ich kennen uns seit frühester Kindheit», erzählt Sängerin Olivia. In der Coronazeit ist beim Spazieren ein Wunsch Realität geworden. «Paula hat mich gefragt, ob ich singen würde und ob ich noch weitere Leute kenne», erklärt Olivia. Sie habe an Paul gedacht, den sie aus einem Schulprojekt kennt. «Der Anfang war harzig», sind sich die beiden Frauen einig. Man hat sich unregelmässig in einem alten Bunker ­getroffen und auf Touren kam die Band nicht. Den Startschuss löste erst eine spontane Entscheidung aus.

Kleines Set und grosse Nervosität

Paula, die Klavier und Gitarre spielt, und Olivia haben die Band beim bekannten Band-It-Contest angemeldet. Ohne Paul etwas zu sagen. Mit Hochdruck wurden Texte und Songideen von Paula ausgefeilt und in Songs verwandelt. Die erste Runde am Contest überstand die Band und bekam den Rat, jemanden für das Schlagzeug zu suchen.

Paula erinnerte sich an Alioscha, den sie bei einer Velodemo getroffen hatte. Die Chemie hat auf Anhieb gestimmt. So sollte das Finale beim Band-It der erste Auftritt zu viert werden. Am Tag des entscheidenden Gigs stand ein kleines Set und die Nervosität war gross. «Man schreit innerlich», bringt es Olivia schön auf den Punkt. Es war erst der vierte Gig überhaupt.

Der Auftritt fand pandemiebedingt vor praktisch leerer Bühne an den Winterthurer Musikfestwochen statt. Dafür mit den gelben Socken, welche die Band bei jedem Gig trägt. «Für mich war es ein guter Einstieg, weil wir im Publikum fast alle kannten und so eine Art sichere Umgebung entstand», erzählt Olivia. Die Energie von Fräulein Luise hat live gezündet und sie siegten. Für die Band kam dieser Sieg überraschend. Paula beschreibt es als Erfahrung, «die uns einen Push gegeben hat, weil wir plötzlich eine Band waren».

Band mit riesigem Potenzial

Als Zuhörer staunt man weniger über den Sieg. In den Songs stecken sehr viel Potenzial und viel Talent. Gerade in den Arrangements, die schnörkellos, aber effektiv sind. «Wir haben schon einen Plan und wissen, wie wir klingen möchten», erzählt Paula. Längst ist es mehr als ein Hobby. Gerade neben Gymnasium und beginnendem Studium sei das nicht immer einfach zu organisieren.

Die Texte handeln von globalen Krisen und lokalen Themen sowie tief menschlichen Emotionen. Ein intellektueller Hauch schwingt mit, jedoch ohne abgehoben zu wirken. Die Texte sind bisher deutsch, aber die Band ist für alles offen. «Deutsch ist unsere Muttersprache, so kann ich mich am besten ausdrücken», unterstreicht Paula.

Dass die Lyrics ein wichtiger Teil der Band sind, hört man gut. Etwa in «W», wo mit der Ohnmacht über die Welt abrechnet wird. Oder in der Art, wie sich die Band in «Marie» dem Thema Missbrauch auf sehr feinfühlige Art nähert. Ohne zu werten, dafür mit viel Anteilnahme. Und bei «Eusi Stadt», das als Ode an die dunkle Seite der Limmatstadt gesehen werden kann, schliesslich lebt die Band in der Stadt und dem Grossraum Zürich. Die Band sieht sich nicht unisono von Zürich geprägt. «Wir erzählen halt aus unseren Leben und versuchen, das ehrlich zu tun», bringt es Paula auf den Punkt. Bei Fräulein Luise ist die Welt nicht schwarz-weiss, sondern funkelt in ganz vielen Grau- und Farbtönen.

Musikalisch sind Fräulein Luise vielfältig. Mal klingen sie wie klassische Songwriter («Marie») und mal sind sie poppig und mit melodiösem Basslauf unterwegs («W»). Wenn man sich nochmals in Erinnerung ruft, dass die Band vor dem Band-It-Contest vor knapp einem Jahr überhaupt nicht existiert hat, scheint das Potenzial riesig. Man darf gespannt sein, was das Quartett mit all den Erfahrungen im Studio für ein Debütalbum einspielen wird. Schliesslich, das wird im Gespräch klar, nimmt die Band ihre Musik unbedingt ernst, sich selbst dafür etwas weniger wichtig. Eine sehr sympathische Einstellung.
 

Dieser Kultur-Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Online-Kultur-Magazin «Bäckstage.ch».
*Das ausführliche Band-Porträt kann auf «Bäckstage.ch» gelesen werden.