«Teilete» für mehr Nachhaltigkeit

Erstellt von Céline Geneviève Sallustio |
Zurück

Die Küsnachterin Laura Lussi hat das Start-up Gaia-Children gegründet, das Babyprodukte vermietet. Damit hat sie den Nerv der Zeit getroffen. Denn wer will sich viel Ware anschaffen, die bei Kindern nur kurze Zeit gebraucht wird.

Babyschaukel, Wärmelampe, Swimtrainer, Tragewanne und bunte Babykleider- und Schuhe liegen im Arbeitszimmer von Laura Lussi auf dem Boden. Sie erwartet nicht etwa ein Kind, wie man bei diesem Anblick von Babyprodukten vermuten könnte. Ihr «Baby», wie die Küsnachterin es nennt, ist Gaia-Children: Ein Start-up, das Babykleider- und Produkte vermietet.

«Das Mietangebot funktioniert so, dass die Eltern sich zuerst für ein Abo entscheiden und entsprechend die Produkte auswählen. Diese dürfen sie so lange behalten, wie sie möchten», erklärt Lussi. Nach der gewünschten Frist werden die gemieteten Produkte zurückgeschickt, von Lussi gereinigt und neu vermietet. Die Produkte, das sind beispielsweise Babykleider, Spielzeuge, Sachbücher oder Kinderwagen.

Im Durchschnitt 118 Kleidungsstücke

Dass die 34-Jährige ein Start-up gründete, das sich auf Kleinkinder fokussiert, erstaunte viele in ihrem Umfeld. «Da ich und mein Mann noch kinderlos sind, haben viele nicht damit gerechnet, dass ich mich für Babyprodukte interessiere», sagt Lussi und lacht. Für sie waren jedoch drei Faktoren für die Idee des Start-ups ausschlaggebend: «Ich wollte ein Wirtschaftsmodell kreieren, das nachhaltig ist. Insbesondere bei Kleinkinder, die ja enorm schnell wachsen, ist der Kleiderverbrauch hoch», sagt Lussi.

Während Lussi Kaffee trinkt, erklärt sie, dass der Schweizer Durchschnitt etwa 118 Kleiderstücke besitze und sich 60 neue Stücke jährlich kauft. Zudem werden weniger als die Hälfte aller Kleider lediglich zwei bis vier Mal getragen. Doch nicht nur der Umweltaspekt war ausschlaggebend für die Umsetzung von Gaia-Children. Das Angebot sollte auch effizient sein: «Eltern haben mit einem Kleinkind bereits genug um die Ohren, als sich zusätzlich über deren Ankleide zu kümmern», sagt Lussi weiter. Mit dem Mietangebot könne man auf einen Klick alle Produkte auswählen, die ein Kind braucht. Nicht zuletzt möchte sie mit Gaia-Children hochqualitative Produkte vermieten, die deshalb auch ihren Preis haben. Mit dem Mietangebot können Eltern die Produkte zuerst testen, bevor sie sie definitiv kaufen oder sie es bei diesem temporären Nutzen bleiben lassen.

Weg von der Bank

Die Idee zum Start-up kam der 34-Jährigen während des Lockdowns. Bis im Mai dieses Jahres arbeitete sie bei einer Grossbank im Währungshandel. Dieser Beruf schenkte ihr unter anderem die Möglichkeit, in London und Singapur zu arbeiten. Lussi lebte fünf Jahre im Ausland, nachdem sie ihre Ausbildung in Banking & Finance an der Universität St. Gallen abgeschlossen hatte. Trotz der Privilegien, die ihr dieser Beruf bot, wollte sie in ihrem Alltag etwas tun, das für sie einen Sinn machte: «Eines Nachts bin ich aufgewacht und habe mir gedacht, ich könnte doch Kinderkleider vermieten», erzählt Lussi. Ihr Credo ist: «No risk, no fun.» Also setzte sie alles auf eine Karte und kündete ihren Job, las sich durch zahlreiche Bücher für werdende Eltern, stöberte auf diversen Plattformen, um sich über Babyprodukte zu informieren und vernetzte sich mit anderen ähnlichen Start-ups.

Vor einem Jahr noch war ihr Alltag von morgens bis abends durchgetaktet. «Heute kann ich meine Arbeitszeit selbst einteilen – doch die Arbeit endet nie. Da kam es anfänglich schon mal vor, dass ich vergass Mittag zu essen», sagt Lussi und lacht. Und was hat es mit dem Namen «Gaia» auf sich? «Als ich klein war, konnte ich meinen Namen nicht aussprechen und nannte mich ‹Gaia›. Ausserdem bedeutet der Name in der griechischen Mythologie ‹die Mutter Erde›, was wiederum sehr passend für das Start-up ist», sagt Lussi.

Seit der Gründung des Start-ups vor knapp sechs Monaten sind der Küsnachterin noch weitere Lücken in diesem Bereich aufgefallen. So könnte sie sich etwa vorstellen, etwas im Bereich Schwangerschaftsmode oder Elternberaterin zu machen. Doch bis es so weit ist, kümmert sie sich um ihr «Baby» Nummer eins.