Sieben von zehn Stellen werden nicht ausgeschrieben

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Auf Firmenwebsites, Jobportalen und in den Sozialen Medien findet sich ein grosses Stellenangebot. Dennoch werden sieben von zehn Stellen in der Schweiz nicht über öffentliche Ausschreibungen besetzt. Dies zeigt ein Spezialbericht im Zürcher Wirtschaftsmonitoring 04/ 2017.

Eine neue Auswertung der Arbeitsmarktbeobachtung Ostschweiz, Aargau, Zug und Zürich (Amosa) zeigt, dass 2015 schweizweit rund 70 Prozent der besetzten Stellen nicht publiziert wurden. Bei diesem «verdeckten Arbeitsmarkt» kann es um Empfehlungen, Initiativbewerbungen oder unternehmensinterne Stellenausschreibungen gehen. Im Gegensatz dazu umfasst der öffentliche Arbeitsmarkt alle Stellenausschreibungen, die offiziell, beispielsweise über Inserate in Printmedien oder Webseiten, ausgeschrieben werden. Gemäss der Samosa-Studie können jedoch auch bei öffentlich ausgeschriebenen Stellen informelle Kanäle bei der Rekrutierung eine Rolle spielen. Wenn zum Beispiel unter den eingegangenen Bewerbungen keine passenden Kandidatinnen oder Kandidaten gefunden wurden, kommt in der darauffolgenden Bewerbungsrunde vielleicht das persönliche Netzwerk zum Einsatz.

Dass frei werdende oder neu geschaffene Stellen nicht ausgeschrieben werden, hat gemäss der Amosa-Studie vielfältige Gründe. Sie reichen vom administrativen Aufwand rund um eine Rekrutierung, der vermieden werden will, bis hin zu wenig klar definierten Aufgaben und Anforderungen einer zukünftigen Stelle mit der Schwierigkeit, dies in einem Inserat zu umschreiben.

Grosse Unterschiede zwischen Branchen

Nach Branchen betrachtet, ist das Ausmass des «verdeckten Arbeitsmarktes» unterschiedlich ausgeprägt. In Branchen wie der Landwirtschaft oder der Kunst und Unterhaltung werden Stellen sehr häufig über informelle Kanäle vergeben. Branchen wie die öffentliche Verwaltung, die Finanzdienstleistungsbranche oder der Bereich Information und Kommunikation schreiben Stellen vergleichsweise relativ häufig aus – in diesen Branchen ist die öffentliche Ausschreibung teilweise verpflichtend. So wurden 2015 in der Landwirtschaft nur gerade 2 Prozent der besetzten Stellen publiziert, auf dem Bau 24 Prozent und im Bereich Information und Kommunikation immerhin 58 Prozent (s. Infografik).

«Verdeckter Arbeitsmarkt» im Kanton Zürich kleiner

Im Kanton Zürich liegt der prozentuale Anteil der nicht öffentlich ausgeschriebenen Stellen tiefer als im gesamtschweizerischen Mittel, nämlich bei etwa 56 Prozent. Dies lässt sich gemäss der Studie teilweise dadurch erklären, dass im Kanton Zürich die Finanzdienstleistungen, der öffentliche Sektor und die Information und Kommunikation ein starkes Gewicht haben. Viele Stellen werden zudem durch Personen besetzt, die von ausserhalb des Kantons zur Arbeit pendeln. Diese tauchen in der Arbeitskräfteerhebung ihres Wohnortes und nicht im Kanton Zürich auf – der verdeckte Arbeitsmarkt des Zürcher Wirtschaftszentrums dürfte daher eher grösser als ausgewiesen sein.

Fachleute gehen davon aus, dass der «verdeckte Arbeitsmarkt» in Zukunft noch wichtiger wird. Firmen motivieren in den letzten Jahren ihre eigenen Mitarbeitenden vermehrt, für die Rekrutierung von neuem Personal ihr eigenes Netzwerk zu aktivieren, wofür Vermittlungspauschalen bezahlt werden. Immer häufiger gehen Unternehmen auch proaktiv über soziale Medien und Berufsnetzwerke wie «LinkedIn» und «Xing» auf potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zu. (pd./mai.)