Der 350 Meter lange Schwemmholzrückhalt an der Sihl bei Langnau am Albis löst ein Problem, das andere Hochwasserschutzmassnahmen teilweise wirkungslos macht: Verstopfungen durch Schwemmholz an kritischen Stellen wie Brücken oder Durchlässen. Im Unterlauf der Sihl ist bei einem Extremhochwasser mit bis zu 12‘000 Kubikmetern Schwemmholz zu rechnen, teilt die kantonale Baudirektion mit. Das entspricht rund 1200 Lastwagenladungen. Diese gewaltigen Mengen Schwemmholz würden sich beispielsweise an den Pfeilern der Sihlhochstrasse oder den Durchlässen unter dem Hauptbahnhof Zürich verkeilen. Das hätte zur Folge, dass die Sihl über die Ufer treten würde. Der Fluss würde dicht besiedelte und stark genutzte Gebiete sowie unterirdische Anlagen überfluten.
Riesenschäden bei einem Extremhochwasser
Das gesamte Schadenpotenzial bei einem Extremhochwasser der Sihl schätzt die kantonale Gebäudeversicherung auf bis zu 6,7 Milliarden Franken. Hinzu kämen volkswirtschaftliche Kosten durch Betriebsstörungen und die Zerstörung von Infrastrukturen. Der Schwemmholzrechen oberhalb von Langnau am Albis ist ein zentraler Bestandteil des langfristigen Hochwasserschutzes an Sihl, Zürichsee und Limmat und verbessert den Schutz von Langnau am Albis, Adliswil und Zürich wesentlich. Zudem steht der Rechen oberhalb des Einlaufs eines möglichen Hochwasser-Entlastungsstollens von der Sihl in den Zürichsee bei Thalwil und könnte auch diesen schützen (siehe Zusatztext unter «Mehr zum Thema»).
Die Bauarbeiten hatten im April 2016 begonnen und wurden termingerecht im Mai 2017 abgeschlossen. Dank sehr guten Witterungsbedingungen während der Bauphase und einem Vergabeerfolg bei den Baumeisterarbeiten konnte der Objektkredit merklich unterschritten werden. Die Gesamtkosten für den Schwemmholzrechen belaufen sich auf rund 18 Millionen Franken. Davon übernimmt der Bund 45 Prozent.
Lohnende Investition
Heute erfolgte die offizielle Einweihung durch Regierungspräsident Markus Kägi sowie Vertreter der Standortgemeinden und des Bundes. Baudirektor Kägi betonte die grosse Bedeutung des Schwemmholzrechens für den Schutz der Siedlungsgebiete am Unterlauf der Sihl. Der Rechen könne bei einem extremen Hochwasser Schäden in dreistelliger Millionenhöhe verhindern. So seien die rund 18 Millionen für die Planung und den Bau des Rechens, von denen der Bund voraussichtlich 8,1 Millionen übernimmt, eine lohnende Investition. Er unterstrich, dass der Kanton schon grosse Anstrengungen für einen besseren Hochwasserschutz unternommen habe. «Ich weise jedoch ausdrücklich darauf hin, dass im Kanton noch Lücken beim Schutz vor Überschwemmungen bestehen. Es braucht noch zahlreiche Efforts, bis das Ziel erreicht ist», so der Baudirektor.
Rechen hält Schwemmholz sicher zurück
Das Sihlbett oberhalb von Langnau am Albis wurde für den Schwemmholzrückhalt leicht verlegt, um die Krümmung der Rechtskurve zu verstärken. In dieser Kurve drückt das Wasser an der Oberfläche durch die Fliehkraft nach aussen. Das Schwemmholz wird zur Kurvenaussenseite transportiert und strandet bei Hochwasser im Rückhalteraum. Dies ist statistisch gesehen etwa alle zehn Jahre zu erwarten. Das Holz sammelt sich kompakt hinter den 68 drei- bis viereinhalb Meter hohen Stäben des Rechens. Modellversuche an der ETH Zürich haben gezeigt, dass der Parallelrechen bis zu 95 Prozent des Schwemmholzes aus der Sihl sicher zurückhält. Das restliche Schwemmholz ist für die unterhalb des Rechens liegenden Siedlungsgebiete keine Gefahr. Der Rückhalteraum ist gross genug für die maximal zu erwartenden 12’000 Kubikmeter Holz bei einem sehr seltenen Extremhochwasser. Wenn der Rückhalteraum nach dem Hochwasser wieder trocken liegt, wird das Schwemmholz zerkleinert und wegtransportiert. (pd.)