SBB verkaufen Domo-Tickets, obwohl Fern-Busse nicht fahren

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Da staunt der Laie, und der Reiseprofi reibt sich die Augen. Wer an einem SBB-Ticket-Automat – etwa im Hauptbahnhof Zürich – ein SBB-Billett nach Chur lösen will, bekommt neuerdings eine Auswahl: das ordentliche Billett für den Zug und ein Billett «via Domo». Letzteres bedeutet eine Fahrt im Fernreise-Bus und kostet mit 12 Franken nur halb so viel wie der Transport per Bahn. Dumm nur, dass das gekaufte Billett im Prinzip nicht gültig ist. Denn es fahren noch gar keine Busse. Das Transportunternehmen «Domo Reisen» aus Glattbrugg hatte zwar Konzessionsgesuche für Linienbusverbindungen auf den Strecken St. Gallen–Zürich–Flughafen–Genf, Flughafen–Zürich–Basel–Lugano und Chur–Zürich–Sitten fristgerecht eingereicht. Für Zürich wäre der Carparkplatz beim HB als Haltestelle vorgesehen. Doch das Bundesamt für Verkehr (BAV) schaffte es nicht, das Gesuch auf den Fahrplanwechsel am 10. Dezember zu bearbeiten. Das BAV rechnet damit, die Konzession für die neuen Linienbusverbindungen im ersten Quartal 2018 zu erteilen.

Anpassung erst auf den 1. Juni 2018
Bei der Recherche zeigte sich, dass nicht die SBB, sondern der Verein
«ch-direkt» für die fehlerhaften Ticketautomaten zuständig ist. Dieser Verein wurde erst vor gut 18 Monaten gegründet. Präsidentin ist die bald abtretende Leiterin SBB-Personenverkehr, Jeannine Pilloud. Mitglieder sind alle Betriebe des öffentlichen Verkehrs, bei denen das Halbtax- und das General-Abo gültig sind. Sabine Krähenbühl von «ch-direkt» sagt auf Anfrage, die Aufnahmen in den nationalen Tarifverbund «Direkter Verkehr» könnten systembedingt nur zweimal pro Jahr erfolgen. Da Domo-Reisen ursprünglich Fernbus-Angebote auf den 10. Dezember 2017 plante, sei er in den nationalen Tarifverbund aufgenommen worden. «Trotz fehlender Konzession war eine kurzfristige Anpassung der Automaten aus technischen Gründen nicht mehr möglich», so die Sprecherin. Und wer mit dem Domo-Billett den Zug nimmt? Gibt es dann eine Busse? Krähenbühl winkt ab: «Den Reisenden wird ohne Zuschlag der entsprechende Aufpreis – ein sogenannter «Streckenwechsel – verrechnet. Somit wären sie im Besitz eines gültigen Fahrausweises.» Ein Schelm, wer nun aus Prinzip ein Domo-Billett löst. Wie lange gilt denn dieser Missstand? «Technisch bedingt sind Anpassungen an den Systemen erst per 1. Juni 2018 möglich», erklärt Krähenbühl. Übrigens sind dereinst GA und Halbtax auch in den Domo-Bussen gültig, denn sie werden laut Bundesamt für Verkehr ins öV-Netz eingebunden.