Obdachlose sollen Adresse bekommen

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«Ohne Adresse haben Obdachlose keine offizielle Existenz», weiss Milan Schmed. Als Mitglied des Rotary Club will er sich mit dem Verein Netz4 und der Stiftung für Gefangenen- und Entlassenenfürsorge für eine Lösung einsetzen.

«Ohne Adresse haben Obdachlose keine offizielle Existenz», weiss Milan Schmed. Als Mitglied des Rotary Club will er sich mit dem Verein Netz4 und der Stiftung für Gefangenen- und Entlassenenfürsorge für eine Lösung einsetzen.

Lorenz Steinmann

Radio-24-Moderator Dominik Widmer lebte 2018 als Experiment eine Woche auf der Strasse. Er zog im «Tages-Anzeiger» ein Fazit, weshalb Leute obdachlos sind: «Ich habe Menschen in meinem Alter kennen gelernt, die ihre Wohnung verloren haben oder ihren Job. Sei es wegen eines Schicksalsschlags, einer Krankheit oder weil sie in die Sucht abgerutscht sind. Die befinden sich in einem Teufelskreis, aus dem es schwierig ist auszubrechen. Ohne Arbeit erhalten sie keine Wohnung, ohne festen Wohnsitz keinen Job.»

«Eintrittskarte in die Gesellschaft»

Hier will Milan Schmed ansetzen. Der Berufsschullehrer an der Baugewerblichen Berufsschule Zürich erklärt, dass der Teufelskreis «keine Wohnung, kein Job» noch eine dritte Komponente habe: «Obdachlose ohne festen Wohnsitz haben auch keine Adresse. Ohne eigene Adresse zahlt die Sozialhilfe keine Beiträge aus; eine Job- oder Wohnungsbewerbung ist praktisch chancenlos.» Die Anschrift sei somit eine Art Eintrittskarte in die Gesellschaft.

Schmed, der Mitglied des Rotary Club Zürichberg ist, möchte erreichen, dass die Stadt Zürich eine entsprechende Lösung mitträgt. Vorbild ist für Schmed der Verein «Schwarzer Peter» in Basel. Dieser bietet in Absprache mit den Einwohnerdiensten Basel-Stadt die vorübergehende Einrichtung einer Meldeadresse für obdachlose Menschen mit Lebensmittelpunkt in Basel an. Die Meldeadresse kann als offizielle Adresse genutzt werden, sofern die entsprechende Person zuletzt in Basel angemeldet war und einen gültigen Aufenthaltsstatus besitzt. Kamen 2010 um die hundert Menschen auf diesem Weg an ihre Post, waren es 2018 schon 340. «Weil Zürich gut dreimal grösser ist als Basel, gehen wir von rund 1000 Adressaten aus», sagt Schmed. Support bekommt der umtriebige 40-Jährige neben dem Rotary Club Zürichberg vom Verein Netz4 und von der Zürcher Stiftung für Gefangenen- und Entlassenenfürsorge (ZSGE).

Schmed ist überzeugt, dass in Zürich bald möglich wird, was in Basel längst Normalität ist. «Eine mögliche Adresse wäre die zentral gelegene Kanonengasse im Kreis 4, wo sich der Arbeitsbetrieb der ZSGE befindet», erklärt Schmed.