Am Sonntag vor einer Woche trat das Galatea Quartet im Festsaal des Küsnachter Seehofs auf. Unter dem Motto «New Voices» standen weniger bekannte Komponisten im Mittelpunkt. Trotz Saitenriss am Cello ging das Konzert profimässig weiter.
Ein ECHO-Preis für die beste Kammermusikeinspielung, der Kulturförderpreis des Kantons Zürich und Projekte mit Künstlern wie Tina Turner oder Deep-Purple-Organist Jon Lord: Das Galatea Quartet aus Zürich verbucht über die Landesgrenzen hinaus zahlreiche Erfolge. Dabei ist sich das Streichquartett, bestehend aus Yuka Tsuboi (Violine), Hugo Bollschweiler (Viola) und den beiden Geschwistern Sarah und Julien Kilchenmann (Violine und Violoncello), selbst für kleinere Bühnen nicht zu schade.
Am vergangenen Sonntag spielte das Kammermusikensemble im Seehof in einem pandemiebedingt zur Hälfte gefüllten Saal. Den Rest machte das Quartett mit seinen voluminösen Streicherklängen voll. Mit Stücken von Daniel Bernard Roumain (1970*) und Joseph Bologne (1745–1799) widmete das Quartett sein Konzert zwei weniger bekannten Komponisten. Der Auftritt des Galatea Quartet war Teil der Konzertreihe, organisiert von der Kulturkommission Küsnacht.
Defekter Bogen, kein Problem
«Jedes Streichquartett muss Beethoven einmal gespielt haben. Danach geschriebene Werke spiegeln sich in ihm wider», sagte Bratschist Hugo Bollschweiler vor dem Publikum. So machte ein Stück Ludwig van Beethovens (1770–1827) den Anfang des Konzerts. Dramatisch und intensiv, so wie man Werke des deutschen Komponisten kennt. Im letzten Satz wurde es sogar so explosiv, dass dem Cellisten Julien Kilchenmann der Bezug seines Bogens riss. Dem Publikum ist es zu Beginn nicht aufgefallen. Nahtlos ging Kilchenmann in die Rolle eines Perkussionisten über, zupfte an den Saiten und gab mit Klopfen auf dem Cellokorpus den Rhythmus. Der Rest des Ensembles liess sich nicht beirren und spielte ohne Unterbrechung weiter. Nach Ende des ersten Stücks überschütteten die Zuhörerinnen und Zuhörer das Streichquartett mit tosendem Applaus.
«Das ist mir bisher noch nie passiert. Zum Glück hatte ich für den weiteren Verlauf des Abends einen Ersatzbogen dabei», sagte Julien Kilchenmann nach dem Konzert. Dass dem Cellisten so was noch nie passiert sei, war allerdings nicht rauszuhören: «Ich habe einfach spontan reagiert. Wichtig war, dass die Energie weiterhin bestand.»
Einer Bürgerrechtlerin gewidmet
Mit frischem Bogen ging es weiter mit einem Komponisten, der heute noch lebt. Daniel Bernard Roumain ist ein amerikanischer Komponist mit haitianischen Wurzeln und vermischt in seinen klassischen Werken haitianische Volksmusik mit Einflüssen aus dem Hip-Hop und der sogenannten Minimal Music aus den Sechzigern.
Das Galatea Quartet spielte ein Stück, das er für die amerikanische Schriftstellerin und Bürgerrechtlerin Maya Angelou (1928–2014) schrieb. Das «String Quarter No. 4 Angelou» besteht aus fünf Sätzen. Jeder Satz ist einem ihrer Gedichte gewidmet. «Hier ist vor allem der Einfluss der Minimal Music zu hören. Die Strukturen wiederholen sich, ändern sich jedoch im Verlauf des Stücks, da wieder etwas hinzukommt oder subtrahiert wird», erklärte Hugo Bollschweiler dem Publikum.
Er unterrichtete Marie Antoinette
Das letzte Werk ging wieder 250 Jahre in die Vergangenheit, in die Zeit des grossen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791). Doch gab das Quartett die Bühne frei für einen seiner weniger bekannten Zeitgenossen: Joseph Bologne. «Ein schwierig zu beschreibender Mann. Er war Komponist, erfolgreicher Degenfechter und unterrichtete sogar Marie Antoinette Klavier», erzählte Bollschweiler und ergänzte: «Trotz seines damaligen Erfolgs ging er aus dem kollektiven Gedächtnis verloren. Deswegen wollten wir heute ein eher unbekanntes Repertoire vorstellen.» Aufgebaut ist das Stück wie eine Sinfonie. Das «Streichquartett g-Moll Op. 14/6» umfasst drei Sätze und ist eines der ersten Streichquartette, das jemals geschrieben wurden.
Zum Schluss erfolgte eine Zugabe aus dem eigenen Album «Tango». Hier bewies das Quartett einmal mehr seine Vielseitigkeit und wagte es, klassische Musik mit argentinischem Tango zu vermischen. «Das Stück erzählt, wie jemand einer anderen Person hinterherpfeift», beschrieb Bollschweiler die Eigenkomposition. Die ungewöhnlichen Melodien versetzten das Publikum in begeistertes Staunen. Selbst das Hinterherpfeifen konnte man über die Violinen raushören.