Hochhaus-Abriss ist umstritten

Erstellt von Pia Meier |
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Die Baugenossenschaften Hagenbrünneli und Turicum planen an der Lerchenhalde in Affoltern eine Neubausiedlung. Gemeinderäte üben Kritik, weil das Hochhaus, in dem viele ältere Mieterinnen und Mieter leben, abgerissen werden soll.

Die Baugenossenschaften Turicum und Hagenbrünneli wollen in den nächsten Jahren gemeinsam eine Neubausiedlung mit drei Gebäuden an der Lerchenhalde erstellen. Der Architekturwettbewerb ist abgeschlossen. Vorgesehen sind insgesamt 150 bezahlbare Wohnungen für Studenten und Familien (Turicum) und ältere Menschen (Hagenbrünneli).

Die Turicum hat deshalb den 48 Mieterinnen und Mietern der Liegenschaft Lerchenhalde 20 im Mai 2019 mitgeteilt, dass ihr im Jahr 1973 errichtetes 9-stöckiges Hochhaus Ersatzneubauten weichen soll und sie Mitte 2022 mit einer Kündigung rechnen müssen. Eine Kündigung haben diese bisher nicht erhalten.

Gemäss Aussagen von Bewohnerinnen und Bewohnern müssen die Wohnungen aber bereits Ende 2021 leer sein. Viele sind älter und leben seit Jahrzehnten im Hochhaus. Ein paar sind inzwischen ins Alterszentrum Wolfswinkel gezogen oder haben eine Wohnung bei der Hagenbrünneli erhalten. Andere suchen weiterhin günstigen Wohnraum im Quartier, was allerdings schwierig ist. Ins Triemli ziehen, wo die Zurlinden, eine befreundete Genossenschaft der Turicum, Wohnungen hat, wollen die Mieter nicht. Ein paar wehren sich nach wie vor gegen den Abriss. Sie sind beim Mieterinnen- und Mieterverband vorstellig geworden. Zudem haben sie Gemeinderäte verschiedener Parteien angeschrieben.

Keine Mitwirkung der Mietenden

«Die Mieterinnen und Mieter des Hochhauses an der Lerchenhalde 20 der Baugenossenschaft Turicum haben nicht mit einem Abbruch gerechnet – und auch nicht mit einem Abbruch rechnen müssen», ärgert sich Walter Angst vom Mieterinnen- und Mieterverband, der auch für die AL im Gemeinderat sitzt. «Gerade in solchen Fällen müsste die Stadt alles unternehmen, damit die eigenen Vorstellungen einer sozial verträglichen Erneuerung auch umgesetzt werden.» Er denkt dabei neben einer Etappierung des Bauprojekts auch an einen Einbezug der bisherigen Mieterinnen und Mieter in die Planung. «Wenn man das nicht tut, muss man sich nicht wundern, dass die betroffenen Mieterinnen und Mieter sich als Stadtbürger 2. Klasse fühlen.»

Die AL-Gemeinderäte Andreas Kirstein und Mischa Schiwow bemängeln ebenfalls den Nichteinbezug der Mieterinnen und Mieter in einer ersten schriftlichen Anfrage an den Stadtrat, die sie eingereicht haben.

Wie der Stadtrat in seiner Antwort festhält, sind mit der Miete einer Wohnung der Turicum keine Mitgliedschaftsrechte verbunden wie etwa das Stimmrecht an der Generalversammlung. Mitglieder der Turicum seien hauptsächlich Vorsorgeeinrichtungen von bauhandwerklichen Betrieben. «Die Baugenossenschaft Turicum war nie eine Mieterinnen- und Mietergenossenschaft.» Die Stadt habe keine rechtlichen Möglichkeiten, die Mitwirkung der Mieterschaft einzufordern, da es sich um ein Projekt gemäss Regelbauweise handelt.

Die beiden Gemeinderäte Kirstein und Schiwow wollen in einem zweiten Vorstoss wissen, warum die beim Verkauf des Grundstücks von der Stadt an die Turicum im Jahr 1973 festgelegte Auflage, dass im Hochhaus Alterswohnungen sein müssen, geändert wurde beziehungsweise warum neu Familien- und Studentenwohnungen erstellt werden können. «Die Stadt war sich im Klaren, dass die Turicum die Mieter wie ein privater Investor behandelt», hält Angst fest. «Der Stadtrat hätte vor der Änderung des Grundbucheintrages verbindlich vereinbaren müssen, dass das Bauvorhaben etappiert und den älteren Mietern zum Beispiel ein Umzug in die in einer ersten Etappe zu erstellenden neuen Alterswohnungen der Hagenbrünneli angeboten wird.»

Die Antwort des Stadtrats auf die Frage rund um den Grundbucheintrag ist ausstehend. Eine Etappierung des Neubauprojekts ist allerdings nicht vorgesehen. Die Hagenbrünneli will mit der Errichtung eines Ü60-Hauses auf dem Areal des ehemaligen Restaurants Lerchenberg vor allem ihren älteren Genossenschaftern ermöglichen, umzuziehen und ihre grossen Wohnungen für Familien freizugeben.