Ein neues Schutzhaus am Rande Zürichs bietet Männern Unterschlupf, die Opfer häuslicher Gewalt sind. Kaum eröffnet, gingen bei Hausleiter Gregor Faust schon die ersten Anrufe ein.
Eine halbe Stunde vom Bellevue entfernt liegt der neue Zufluchtsort für Männer, die in ihrer Beziehung häusliche Gewalt erfahren und deshalb ein geschütztes Umfeld suchen. Dabei kann es sich auch um Gewalt in homosexuellen Beziehungen handeln und sowohl physischer als auch psychischer Natur sein. Wann in einer Beziehung der Punkt erreicht ist, wo es nicht mehr um ein einmaliges Ausrutschen der Hand geht, sondern um ein tieferliegendes Problem, muss gemäss Traumatherapeut und Leiter des neuen Männerhauses Gregor Faust von Fall zu Fall unterschiedlich betrachtet werden: «Generell handelt es sich immer um eine Tätlichkeit und ist als solche nicht zu akzeptieren, aber es muss jeder Fall für sich betrachtet werden, da Menschen ganz unterschiedlich mit Gewalt umgehen.»
Alle Männer, die in einem Schutzhaus Zuflucht suchen, haben gemeinsam, dass bei ihnen eine Grenzüberschreitung stattfand und sie für sich festgestellt haben, dass es in Zukunft nicht mehr so weitergehen kann. Das vom Verein «Zwüschehalt» betriebene Männerhaus am Rande Zürichs bietet genug Platz, damit unter Gewalt leidende Männer auch ihre Kinder mitnehmen und so aus der Schusslinie der Gewalt nehmen können.
Als das Männerhaus am 28. Februar dieses Jahres den Betrieb aufnahm und die Dienste auf der Website des Vereins «Zwüschehalt» aufgeschaltet wurden, gingen innerhalb weniger Tage bereits erste hilfesuchende Anrufe ein. Aktuell wird das Haus von zwei Männern bewohnt. Dass männliche Opfer von Gewalt bereits so kurze Zeit nach Eröffnung das Angebot des neuen Männerhauses in Anspruch nehmen, lässt erahnen, dass bald noch mehr Anfragen eingehen werden. Traumatherapeut Faust sieht seine wichtigste Aufgabe darin herauszufinden, wo er die Männer unterstützen kann und wenn gewünscht, Wege aufzuzeigen, wie es in Zukunft weitergehen kann.
Für das Thema sensibilisieren
Gewalt an Männern ist ein Thema, dem gemäss Faust lange Zeit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Zu festgefahren war die Rollenverteilung Täter/Opfer zwischen Mann und Frau. Der Mann galt über Jahrhunderte hinweg als das stärkere Geschlecht, das mit seinen Problemen alleine fertig wird, wie Gregor Faust sagt. Heute haben sich die Erkenntnisse geändert und Experten wissen, dass Gewalt in erster Linie nicht männlicher, sondern menschlicher Natur ist.
Eines der Hauptziele seiner Arbeit liegt für Faust darin, eine breite Öffentlichkeit für das Thema Gewalt gegen Männer zu sensibilisieren. So freute es ihn enorm, dass bei ihm Anfragen von Gymnasiasten eingingen, die das Thema Gewalt an Männern in ihrer Maturaarbeit behandeln wollen. Die grosse Solidarität in der Bevölkerung, die er in Form von Sach- und Geldspenden feststellt, bestärkt ihn in der Überzeugung, dass er mit seiner Arbeit auf dem richtigen Weg ist.