Ex-Sexkino soll Begegnungsort werden

Erstellt von Pia Meier |
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Im Juli hat eine Gruppe Oerlikerinnen und Oerliker das ehemalige Sexkino an der Franklinstrasse übernommen. Das Bistro Venus öffnet am 1. September. Was mit dem ehemaligen Kinosaal geschieht – er steht unter Denkmalschutz –, ist noch offen.

An der Franklinstrasse 9 hat man in den vergangenen Monaten aufgeräumt, geplättelt, geschliffen, gehämmert und gestrichen. «Über 30 Jahre wurde im ‹Venus› gewirtet, Küche und Gastraum sind entsprechend in die Jahre gekommen», wird auf der Website des Bistro Venus festgehalten. Um das alte «Venus» in ein neues zu verwandeln, legte «eine lustig, lokale, liebe Bande von Ur-Oerlikerinnen und -Oerlikern, Eingebürgerten und Möchtegern-Oerlikern» selbst Hand an. «Wir wollen für Oerlikon etwas Persönliches machen», sagt Fabian Wegmüller, einer der Initianten.

«Kein Schickimicki, typisch Örlikä»
Das Gastrokonzept steht. Die Brauerei Oerlikon eröffnet per 1. September zusammen mit ACKR und den Catering- Jungs von «Lust auf Mehr» ein Quartier- Bistro. Es sollen den Leuten lokale, nachhaltige Produkte angeboten werden. ACKR steht für die Rettung von Schweizer Gemüse vor der Entsorgung und der Fabrikation von Delikatessen. «Lust auf Mehr» kreiere «reduziert und im Einklang mit der Natur einmalige Geschmackserlebnisse auf dem Feuerring». Im neuen Quartier-Bistro Venus sollen die Gäste einen nachhaltigen Zmittag, Apéroplättli mit Stadtjäger von Mika oder Fries und kreative Salate von ACKR sowie lokales Bier von der Brauerei Oerlikon geniessen können. «Einfach, ehrlich und mit viel Liebe, kein Schickimicki, typisch Örlikä halt», wird festgehalten. Am Wochenende gibt’s Brunch. «Wir wollen aufzeigen, dass eine nachhaltige Küche und die Verwendung von nicht perfekten Lebensmitteln auch in der Gastronomie umsetzbar ist», betont Wegmüller.

Von kulturhistorischer Bedeutung
Trotz viel Eigenleistung und noch mehr Schweiss werden finanzielle Mittel benötigt. Ein funktionstüchtiger Steamer, Stühle, ein neuer Sonnenstore oder eine gute Kaffeemaschine kosten. «Dank Crowd­funding konnte das erste finanzielle Ziel erreicht werden», freut sich Wegmüller. Was mit dem ehemaligen Kinosaal im Obergeschoss geschieht, ist zurzeit offen. Es sollen Gespräche mit der Stadt und dem Zürcher Heimatschutz stattfinden. Ziel ist, einen Begegnungsort in Oerlikon zu schaffen. Ein Treffpunkt für Oerlikon von Oerlikon. Wegmüller prüft als Verwaltungsrat der Brauerei Oerlikon, zurzeit in Seebach domiziliert, ob diese an die Franklinstrasse umziehen soll. Der Vertrag an der Schärenmoosstrasse in Seebach für die Zwischennutzung läuft noch bis Ende 2022.

Das Kino Sternen Oerlikon ist ein spezielles Gebäude. Der Stadtrat begründete die Aufnahme in den Denkmalschutz damit, dass es sich um einen hervorragenden Vertreter der Kinoarchitektur ­handelt. Es sei einer der wenigen verbliebenen freistehenden Kinozweckbauten. Der bekannte Architekt, Werner Stücheli, der das Gebäude 1949/1950 erstellte, musste wegen der knappen Raumverhältnisse nämlich zu einem Kniff greifen. Um den Kinosaal zu vergrössern, liess er die Leinwandnische auf der Vorderseite über das Gebäude hinausragen. Einen erkerartigen Vorsprung plante er auch auf der Hinterseite für die Kabine des Filmvorführers ein.

Dieses Konzept, mit einem sozusagen in den Aussenraum expandierenden Kinosaal, gelte als singuläre Lösung, sagte der Stadtrat. Das Kino Sternen in Oerlikon gehöre deshalb aufgrund seiner städtebaulichen, typologischen, baukünstlerischen sowie sozial- und kulturhistorischen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt.

Erster Anlauf scheiterte
Die Besitzerin des Gebäudes wandelte das einstige Vorortskino 2002 in ein Sexkino um. Doch 2015 wollte sie das Gebäude abreissen, da sich die erotischen Filme seit einiger Zeit nicht mehr rechnen würden. An der Franklinstrasse sollte an Stelle des Kinos Sternen ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Das Baurekursgericht hob den Denkmalschutz auf. Daraufhin zog der Zürcher Heimatschutz 2017 vor Verwaltungsgericht. 2018 wurde das Kino Sternen definitiv unter Denkmalschutz gestellt.

Neben dem Sexkino Sternen waren das Restaurant Inter und die Venus-Bar im Gebäude eingemietet, welche aber nichts mit dem Sexkino zu tun hatten. Diese wurden im vergangenen Jahr geschlossen. Der Quartierverein Oerlikon wollte bereits im Jahr 2016 in Stüchelis Gebäude, das der Kinohaus AG gehörte, ein Kulturzentrum auf die Beine stellen. Doch das Projekt scheiterte an den Finanzen. Nun scheint dieses Ziel in Griffnähe gerückt zu sein.