Entwicklungshilfe aus der Schule

Erstellt von Dennis Baumann |
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Schüler der Kantonsschule Enge setzen sich für eine bessere Bildungsinfrastruktur im afrikanischen Malawi ein. Unter anderem planen sie den Bau eines Schulgebäudes und einer Wohnmöglichkeit für Lehrer.

Schüler der Kantonsschule Enge setzen sich für eine bessere Bildungsinfrastruktur im afrikanischen Malawi ein. Unter anderem planen sie den Bau eines Schulgebäudes und einer Wohnmöglichkeit für Lehrer.

«Jeder hat ein Anrecht auf Bildung», sagt Melina Ammann. Sie ist Schülerin an der Kantonsschule Enge. Mit dieser Einstellung arbeiten die Gymnasiasten der dritten Klasse im Projektkurs «Entwicklungszusammenarbeit in der Praxis» daran, die Bildungsbedingungen in Malawi zu verbessern.

Im malawischen Dorf Mwasukwe soll mit dem Projekt «Bildung gegen Elend» Hand angelegt werden. Für die rund 200 Schülerinnen und Schüler gibt es nicht genug Schulzimmer, von den fünf angestellten Lehrern sind nur zwei ausgebildet und Schulmaterial ist schlichtweg nicht vorhanden. In etwa dieser Reihenfolge erstellten die Projektkursteilnehmer eine Prioritätenliste aufgrund von Recherchen über die dortige Situation.

Schüler werden zu Projektmanager
Die Feststellung der Probleme und Konzentration auf die wichtigsten Punkte sind nur ein Teil der Arbeit, der die Gymnasiasten nachgehen. Sie fungieren als Projektmanager. Pietro Tomasini, Lehrer an der Kantonsschule Enge und Leiter bei «International Project Aid» (IPA), führt den Projektkurs durch, verweist aber darauf, wie selbstständig die Schülerinnen und Schüler eigentlich arbeiten: «Theorieunterricht gibt es an sich nicht. Lediglich zu Beginn des Kurses wird die Klasse in das Thema der Entwicklungszusammenarbeit eingeführt. Ich stehe ihnen als Hilfestellung zur Seite und gebe Inputs, die ihnen helfen sollen. Von der Projektauswahl, der Problemlösung bis hin zur Budgetierung und Finanzierung entscheiden die Schüler selber.» Sind Projektplanung und Finanzierung einmal in trockenen Tüchern, ist eine Nichtregierungsorganisation, die mit IPA im engen Kontakt steht, für die Umsetzung vor Ort zuständig.

Momentan befindet sich das Projekt in den Kinderschuhen. Doch ist schon ein zusätzliches Schulgebäude, das der Anzahl Schüler gerecht werden soll, geplant. Sinnvoll sei das nur, wenn ausgebildete Lehrer unterrichten. Der Bau eines «Teacher’s House» sollte qualifizierte Lehrkräfte anlocken, die direkt neben der Schule leben würden und nicht in den abgelegenen umliegenden Dörfern. Zudem muss das fehlende Schulmaterial besorgt werden. «Die Ressourcen sind begrenzt und das eine ist ohne das andere nicht effektiv. Mehr Schulzimmer sind schön, aber was bringt das, wenn keine ausgebildeten Lehrer unterrichten? Solche Überlegungen ergeben sich nur in der Praxis. Die Auswirkungen ihrer Entscheidungen sind echt und nicht im Theoriebuch», so Pietro Tomasini.
Der Ball kommt langsam ins Rollen. Ein sogenannter «Onepager», bei dem auf einer A4-Seite das Projekt erläutert wird, ist fast fertig. Ausserdem soll ein ausführlicher, zirka 40 Seiten umfassender Projektbeschrieb grössere Institutionen anwerben.

Erste Spenden konnten schon bei einem Kuchenverkauf an einem Elternabend gesammelt werden. Die Schüler sind ambitioniert. Für den Mai 2020 ist ein Sponsorenlauf geplant, obwohl der Projektkurs nur bis Februar geht. Früher findet der nächste grosse Spendenaufruf am Gottesdienst vom 8. Dezember in der Pfarrei Dreikönigen statt. Dabei gestalten die Schüler in Zusammenarbeit mit dem Pfarrer den Gottesdienst, der sich um ihr Projekt in Malawi drehen wird.

Den Leuten etwas zurückgeben
Die Arbeitsteilung im Projetkurs rotiert ständig. Je nach Stärken und Einsatzwille teilen die Schüler untereinander die Arbeit auf. Nicole Mitterrutzner, Mitglied der Schülerorganisation an der Kanti Enge, konnte ihre Position als Schülervertreterin zugunsten des Projektkurses nutzen. Bei einem von der Schülerorganisation veranstalteten Food Festival konnte sie die restlichen Mitglieder davon überzeugen, die gesamten Einnahmen in ihren Kurs einfliessen zu lassen.

Nicht nur in der Planung braucht es Kräfte, auch bei den Spendenveranstaltungen sind helfende Schüler vor Ort unabdingbar. Die Schülerinnen Melina Ammann und Sofie Hoffmann haben den Kuchenverkauf beim Elternabend nicht nur mitgeplant, sie waren persönlich am Stand und vertraten ihr Projekt. Obwohl der Kurs erst Ende August angefangen hat, gab es schon erste Höhepunkte.

«Der Projektkurs hat noch nicht mal richtig angefangen, doch haben die Leute in Mwasukwe schon angefangen, Ziegelsteine herzustellen», erzählt die Gymnasiastin Melina Ammann. «Das ist genau der Grund, warum wir hier mitmachen. Wir bewirken etwas», fügt Sofie Hoffmann an. Weiter sagt sie, dass sie die Einführungswoche zum Kurs besonders spannend fand.

Besuche beim WWF und bei IPA ermöglichten den Schülern einen Blick hinter die Kulissen von dem, «was man sonst immer im Fernsehen sieht und gar nicht so richtig erfasst». Angetrieben von der Freude der malawischen Bevölkerung bringen die Schülerinnen auch sonst viel Eigeninitiative mit. «Ich bin dankbar, an einer solch guten Schule vom Bildungsangebot profitieren zu können. Ich möchte daher auch anderen Menschen den Zugang zur Bildung ermöglichen», so Ammann. Ähnlich ergeht es der Vertreterin der Schülerorganisation Nicole Mitterrutzner. In einem letztjährigen Kurs hat sie gleichaltrigen Flüchtlingen die deutsche Sprache gelehrt. So können sich beide Schülerinnen sogar vorstellen, künftig in dieses Berufsfeld einzusteigen.

Über das Semester hinaus
Die Schülerinnen und Schüler sind nun dabei, Adressen zu sammeln und Einzahlungsscheine vorzubereiten. Weitere Events wie das Hausfest der Kantonsschule Enge sind in Planung. «Auf jeden Fall werden wir auch nach Ende des Projektkurses im Februar weitermachen. Schliesslich möchten wir den Sponsorenlauf noch durchführen», meinten alle drei Schülerinnen. In den letzten Jahren ging der Einsatz der Schüler teilweise bis zum Maturjahr.

Pietro Tomasini lädt die ehemaligen Kursteilnehmer nach der Umsetzung eines Projekts zu einem letzten Treffen ein, um ihnen zu zeigen, was sie vom Schulzimmer aus alles bewirken konnten. Die Zusammenarbeit mit IPA war bisher immer erfolgreich. Die grösste Spendensumme betrug 140 000 Franken. Mit diesem Betrag konnte ein Mädcheninternat in Malawi gebaut werden.

Gottesdienst mit Informationen zum Hilfsprojekt: 8. Dezember, Pfarrei Dreikönigen, Schulhausstrasse 22.