Ein zweites Leben für die Strassenhunde

Erstellt von Karin Steiner |
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Jeden Rappen, den er nicht zum Leben braucht, steckt Memo Ulas in sein Hundeheim «Sahaydost» in der Türkei. Nun wurde der Platz für die Anlage ­gekündigt und 90 Hunde stehen auf der Strasse, falls er das nötige Geld für einen Ersatz nicht rechtzeitig auftreiben kann. 

«Es begann damit, dass ich auf einer Ferienreise in meine alte Heimat Türkei einen von einem Auto angefahrenen Hund im Strassengraben fand», erzählt Memo Ulas. Er brachte das schwer verletzte Tier in eine Klinik und sorgte dafür, dass es wieder auf die Beine kam. «Das war mein Schlüsselerlebnis. Von diesem Moment an wusste ich, dass ich etwas unternehmen muss.» 
Um dem Leid der Strassenhunde in der Türkei entgegenzuwirken, gründete er 2019 den Verein «Help Dog Sarkoy» und steckt seitdem jeden Rappen, den er nicht zum Leben benötigt, in das Tierheim «Sahaydost». Immer mehr geschundene Vierbeiner fanden dort Unterschlupf, und von anfänglich ein paar wenigen Hunden ist der Bestand inzwischen auf 90 angestiegen. Alles sind Tiere, denen ein Leben auf der Strasse nicht mehr möglich ist, weil sie durch schwere Misshandlungen oder den Strassenverkehr dauerhafte Behinderungen haben, blind sind oder ein Bein verloren haben. Oft sind es auch Welpen, die einfach wie Müll weggeworfen wurden. «Die Tiere haben in der Türkei nicht denselben Stellenwert wie bei uns», sagt er. «Ich stosse mit meinem Projekt dort oft auf Unverständnis. Ich finde jedoch, dass jedes Tier ein Recht auf sein Leben hat und möchte deshalb diesen armen Hunden ein zweites Leben schenken.»

Neue Bleibe nötig
Das Tierheim befindet sich auf einem gemieteten Grundstück in Sarkoy im Westen der Türkei, doch nun wurde der Vertrag auf den Sommer gekündigt. «Ich hatte schlaflose Nächte», sagt Memo Ulas. «Aber nun habe ich ein geeignetes Stück Land kaufen können. Für diesen Kauf reichte mein Geld, aber für die ganze In­frastruktur nicht. Wir müssen Hundehütten, stabile Zäune und eine kleine Hütte für die Versorgung bauen sowie eine Wasserzufuhr und eine Kanalisation errichten. Falls ich das Geld nicht rechtzeitig auftreiben kann, stehen diese Hunde auf der Strasse. Spätestens im September muss die neue Anlage bezugsbereit sein.» Deshalb ist er jetzt aktiv auf der Suche nach Spendengeldern und hat auf der Crowdfunding-Plattform GoFundMe einen Spendenaufruf gestartet. Die ganzen Kosten belaufen sich auf rund 50 000 Franken. «Die Anlage soll stabil gebaut sein. Bei der aktuellen Anlage wurde auch schon der Zaun aufgeschnitten, ein Hund gestohlen und anschliessend getötet. So etwas darf nicht mehr passieren.» Jeder gespendete Rappen fliesse vollumfänglich in das Projekt, versichert er.
Im Tierheim «Sahaydost» kümmern sich Freiwillige unentgeltlich um die Tiere. Jeder Hund wird tierärztlich versorgt, kastriert und gepflegt und bekommt auch seine Streicheleinheiten. Für die Strassenhunde, die keine spezielle Hilfe benötigen, wird täglich rund 30 Kilo Futter vor dem Tierheim ausgelegt. «Das ist immer schnell weg», sagt Memo Ulas lächelnd. Auch für die Katzen werde etwas bereitgestellt.
«Unser weiteres Ziel ist es, bis 2025 möglichst alle Strassenhunde zu kastrieren, um das Elend einzudämmen.» Denn immer wieder landen auch Welpen im Tierheim. Sie wurden irgendwo im Strassengraben oder im Müll gefunden. Oder sie werden einfach über den Zaun geworfen. Sie alle werden von den Pflegerinnen und Pflegern liebevoll aufgezogen und an einen guten Platz auf einem Bauernhof abgegeben.

Trainerlohn fürs Projekt
Rund 30 Arbeitsstunden investiert Memo Ulas jede Woche in sein Projekt. Jeweils morgens um fünf Uhr läutet bei ihm der Wecker. Der gebürtige Winterthurer, der auch heute noch in der Eulachstadt wohnt, arbeitet in Zürich-Altstetten als Montageleiter in der Haustechnikbranche. Und abends ist er dreimal pro Woche als Trainer beim FC Oerlikon/Polizei im Einsatz und trainiert die 1.-Liga-Frauen. «Ich habe selber jahrelang aktiv Fussball gespielt und schon in Winterthur als Trainer gearbeitet», erzählt er. «Meinen gesamten Trainerlohn investiere ich in mein Tierheimprojekt.» 
Natürlich hat der Hundefreund auch selber eine treue vierbeinige Freundin an seiner Seite – eine rund fünfjährige Mischlingshündin, die er aus Sarkoy mit nach Hause gebracht hat.