Ein Verein sorgt für urbane Biodiversität

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In Wollishofen liegt das prächtige Stück Land, das der Verein «Land in Sicht» seit einem Jahr von der Stadt zur Bewirtschaftung gepachtet hat. Seither fördert man hier die Artenvielfalt.

In Wollishofen liegt das prächtige Stück Land, das der Verein «Land in Sicht» seit einem Jahr von der Stadt zur Bewirtschaftung gepachtet hat. Seither fördert man hier die Artenvielfalt.

Jeannette Gerber

Der Garten zwischen dem Quartier Neubühl und der Kleinen Rigi bietet ein fabulöses Panorama mit Sicht auf die «chlini Rigi», den Zürichsee und die Gemeinden der Goldküste. Lokalinfo traf sich mit den Gründungsmitgliedern, die über das Projekt orientierten. Claire Bucher, wohnhaft in der Siedlung Neubühl, stellte damals fest, dass auf dem von der Gärtnerei Conti aus Kilchberg gepachteten Land kaum mehr Aktivitäten stattfanden. Also wandte sie sich an die Besitzerin Grün Stadt Zürich und erfuhr, dass das Land frei werde und zu pachten sei. Sie gründete gemeinsam mit vier anderen Interessierten den Verein «Land in Sicht» und dieser bekam den Zuschlag von der Stadt.

Bäume, Blumen, Bienen

Die fünf Gründungsmitglieder – Claire Bucher, Stanley Bauer, Silvio Gardoni, Oliver Roth und Thomas Zangger – haben sich verpflichtet, die Gartenanlage so zu bewirtschaften, dass sie langfristig permakulturellen Ansprüchen gerecht und zur Biodiversität beitragen wird. Sie fördern die Artenvielfalt und streben ein nachhaltiges und ökologisch sinnvolles Vorgehen an, ohne Chemie- und Maschineneinsatz. Inzwischen ist der Verein auf 35 Mitglieder angewachsen. Gemeinsam wird die Bewirtschaftung der Pachtflächen geplant. Es gibt keine Parzellierung auf dem 36 Aren umfassenden Land, jedoch bilden sich Arbeitskreise, die sich einem bestimmten Thema annehmen und die entsprechenden Aufgaben erledigen. Der Garten ist eine Symbiose aus Gemüse, Kräutern, Früchten, Beeren, Blumen, einheimischen Pflanzen und Sträuchern sowie Bienen und Insekten aller Art.

Schafe und bald auch Ziegen

Auf dem Wiesenstreifen oberhalb des Gartens werden Obstbäume (Hochstämme) gepflanzt. Um diesen Streifen Land kümmern sich die von Peter Bertschinger gemieteten Schafe, die jeweils parzellenweise das Gras abäsen und somit einen wirtschaftlichen Nutzen bedeuten. Kleinere Obstbäume sind auf der Blumenwiese angrenzend an die Familiengärten geplant. Auch Nutztierhaltung ist geplant: Neben den Schafen – zwei Mutterschafe mit je zwei Lämmchen – sollen sich Ziegen und Hühner auf dem Gelände tummeln. Und es soll auch ein Refugium für Wildtiere wie Vögel, Fledermäuse, Igel, Molche und Eidechsen werden. Drei Bienenstöcke sind bereits von Kilchberg hergezogen und werden dieses Jahr erstmals Honig produzieren.

Der Verein ist dank des Wollishofers Silvio Gardoni als PR-Berater gut vernetzt im Quartier mit dem Biomarkt Neubühl und den lokalen Bauernhöfen: Schipferhof, Stockengut und Tüfihof. Der Ertrag der Ernte wird jeweils samstags von 10 bis 12 Uhr auf dem Becki-Markt in der Siedlung Neubühl verkauft. Claire Bucher kümmert sich um die Insektenvertilgung: Sie stellt Brühen aus Schachtelhalm und Wermut her – ganz ohne Chemie. «Und die sind auch absolut keine Belastung für den Boden», betonte sie. Glücklich sei sie über das kleine Biotop, einem kleinen Teich mit Lurchen und Libellen, einem Platz zum Verweilen und die Vielfalt des Gartens Geniessens. «Vielleicht verirrt sich ja mal ein Entenpärchen in den Teich», meinte Claire Bucher hoffnungsvoll. Stanley Bauer – ehemaliger Banker – gilt als Chefgärtner. Er betonte jedoch: «Wir fünf schmeissen den Karren gemeinsam.» Thomas Zangger, ebenfalls Wollishofer, kümmert sich um die Schafe, ist quasi der Schafhirt. Und Vereinspräsident Oliver Roth, von Beruf Koch, zeigt den Mitgliedern, wie Gemüse und Früchte haltbar gemacht werden: eingemacht oder getrocknet. Alle Vorstandsmitglieder sind sich einig, dass unbedingt Kinder einbezogen werden müssen. So lernen sie, wie etwas wächst und gedeiht und entwickeln dadurch die nötige Wertschätzung. Nur wer selbst gärtnert, kennt das Glücksgefühl, wenn das Samenkorn spriesst oder der Setzling heranwächst bis zur Ernte, und das soll die Jugend auch erfahren.

Eine Pappel verbindet

Dass Kinder sich wohlfühlen auf dem Gelände, dazu hat ein Zufall respektive Unfall auf den angrenzenden Familiengärten geführt. Dem Sturm von diesem Februar fiel die altehrwürdige, 40 Meter hohe Pappel zum Opfer. Sie landete direkt auf einem Teil der Familiengärten. Gemeinsam kümmerten sich die Familien und Mitglieder des «Land in Sicht» um die Schäden und die gebrochene Pappel. Nun dient sie in Teile zersägt als Tummelplatz für Kinder und Jugendliche und macht ihrem lateinischen Namen Populus (fürs Volk) alle Ehre.

Die Jahresmitgliedschaft im Verein «Land in Sicht» kostet 150 Franken. Der Gewinn vom Verkauf der Produkte wird hundertprozentig reinvestiert. Alle Mitglieder arbeiten auf freiwilliger Basis.