Jahrelang hochgelobt, ist der berühmte «Abfall-Hai» plötzlich nicht mehr gut genug. Künftig setzt die Stadt Zürich auf ein selber gestaltetes Modell. Sein Kennzeichen: Eine riesige Abfallöffnung. Ein typisches Zürcher «Grossmaul» halt.
Der mittlerweile weltberühmte Abfallkübel mit dem offiziellen Namen «Abfall-Hai» hat es bis ins Museum für Gestaltung geschafft – als Designobjekt. Schon 2003, als die ersten Exemplare in Zürich aufgestellt wurden, war das Feedback riesig. «Praktisch und formschön», fasste Entsorgung + Recycling (ERZ) damals die positive Reaktion der Öffentlichkeit zusammen. «Die Akzeptanz und Freude bei den Leuten ist gross», so ERZ. Der Stadtplaner und Jazzmusiker Jürg Grau (†) ergänzte gegenüber der «NZZ»: Ein Abfallkübel müsse auch gestalterisch in die Umgebung einer Stadt passen. Kein Wunder, heimste der Hersteller mit dem vom Journalisten Jürg Rohrer («Tages-Anzeiger») auf «Hai» getauften Abfallkübel Designpreise en masse ein. Werner Zemp bekam dafür den «Goldenen Ideen-Oskar» von Idée-suisse.
Barcelona, Wien und Berlin
Seither steht der berühmte Abfallkübel in mehreren tausend Exemplaren in Zürich, und auch andere Städte haben den «Hai» übernommen, so Barcelona, Wien und Berlin. Der Kübel sei ein robustes Stahlmöbel mit schräg abgeschnittenen Dach, wie 2004 Köbi Gantenbein vom «Hochparterre» lobend festhielt.
«Züri-Kübel 110 Liter» statt «Hai»
Doch was weltweit für Furore sorgt, ist Zürich nicht mehr gut genug. Wie Daniel Eberhard von ERZ gegenüber der Lokalinfo bestätigt, will man «beschädigte Behälter des Typs ‹Hai› stufenweise mit dem Typ ‹Züri-Kübel 110 Liter› ersetzen». Dazu hat ERZ gemäss Eberhard ein eigenes Modell entwickelt; der preisgekrönte «Abfall-Hai» genügt den Zürcher Anforderungen nicht mehr. Die Eigenkreation hat eine viel grössere Öffnung für den Abfall, und der Aschenbecher ist oben auf dem flachen Deckel angeordnet. Der Prototyp steht bei der Überbauung Kalkbreite, vor dem Café Bebek.
Doch warum braucht Zürich eine eigene Lösung, warum die grössere Öffnung, eine Einladung für «Abfall-Schwarzentsorger» und gefrässige Raben-Vögel? Laut Eberhard sind die immer voluminöseren Verpackungen der Grund. Zudem sei das neue Modell benutzerfreundlicher, also weniger arbeitsintensiv für die ERZ-Angestellten, so Eberhard. «Bei ERZ herrscht daher Vorfreude auf das neue Modell», erklärt der Sprecher. Die Rechte des Designs vom neuen «Züri-Kübel» werden übrigens bei ERZ liegen, weil er selber entwickelt wurde, heisst es weiter. Fraglos sieht man das der Kreation auch an: Gedrungen und mit einem riesigen Maul versehen wirkt der neue Kübel nicht wie ein Designobjekt. Überraschend ist zudem der flache Deckel. Der integrierte Aschenbecher wird sofort nass. Zudem eignet sich die Fläche ideal als Abstellort für leere Flaschen. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis jeweils Scherben die Umgebung zieren. Für ERZ überwiegen trotzdem die Vorteile: «Es sollen hohe Umstellungskosten vermieden werden.» Wie viel kostet denn ein «Hai»-Kübel, wie viel ein eigenes Modell? «Ein Exemplar des Typs ‹Hai› kostet rund 2500 Franken. Die Kosten eines Exemplars des Typs ‹Züri-Kübel 110 Liter› sind noch nicht bekannt», so Eberhard. Das eigene Modell werde aber wohl günstiger.
Total bewirtschaftet ERZ 4100 Abfallbehälter, die Mehrheit davon solche des Typs «Abfall-Hai». Nun werden sie laufend mit dem Typ «Grossmaul» ersetzt. Das «Grossmaul» killt also den «Abfall-Hai». Als eine der ersten Amtshandlungen hat ERZ-Chef Daniel Aebli den Ersatz des bisherigen Abfallkübels beschlossen. (Text und Fotos: ls.)