Nachlese zu den Wahlen in Zürich: Wer hat es geschafft, wer nicht? Wie präsentierte sich der lange bangende Stadtrat Michael Baumer, wie nahm Walter Angst seine Niederlage hin und wo fand die neu gewählte Simone Brander ein bisschen Ruhe? Die Lokalinfo war im Stadthaus dabei.
Es war ein Gewusel, wie es typisch ist für die alle vier Jahre stattfindenden Gesamterneuerungswahlen für den Stadt- und den Gemeinderat in Zürich. Zwar mussten alle Anwesenden eine Corona-Impfung vorweisen, die nicht älter als vier Monate her ist, doch trotzdem waren ab 15 Uhr gegen 100 Leute in der grossen Halle des Stadthauses. Der erste ausgezählte Wahlkreis 12 um etwa 15.45 Uhr versprach Hochspannung. Denn hier lag Walter Angst (AL) auf dem neunten und damit rettenden Rang für den Stadtrat, hinter ihm der Bisherige Michael Baumer (FDP). Nun folgte ein Bangen und Hoffen, bis das Schlussresultat gegen 19 Uhr feststand.
Die AL in der Regierung – das ist bald Geschichte. Offen ist, ob die neue Stadträtin Simone Brander (SP) das frei werdende Departement «Tiefbau und Entsorgung» übernehmen wird. Es wäre ihr Lieblingsdepartement. Möglich wäre aber, dass nach dem Ancienitätsprinzip verteilt wird. Sprich: Wer schon länger dabei ist im Stadtrat, darf sein Wunschdepartement wählen. Doch wollen Daniel Leupi oder Karin Rykart wechseln? Und lässt das die SP mit ihren vier Stadtratssitzen überhaupt zu?
Sicher ist, dass es am Sonntag Sieger und Verlierer gab. Neben dem Stadtrat auch im Gemeinderat. Neu dabei oder zurückgekehrt sind beispielsweise Antony Goldstein und Jehuda Spielman, beide FDP und erklärte Angehörige der Jüdischen Gemeinde Zürichs. Zurück im Rat ist Christian Traber, Die Mitte, logischerweise neu dabei ist der erst 18-jährige Yves Henz (Grüne). Josef Widler kommt für Die Mitte in den Gemeinderat, er sitzt schon im Kantonsrat. Die Mitte (ehemals CVP) holte übrigens gleich sechs Sitze und erreicht damit Fraktionsstärke. Das bedeutet die Einsitznahme in Kommissionen und finanzielle Unterstützung durch den Staat.
Gewählt wurde auch Gadaf (Dafi) Muharemi, der in Nordmazedonien geboren wurde, sowie Serap Kahriman (GLP) mit türkischen Wurzeln. Neu dabei auch Sanija Ameti, Präsidentin der Operation Libero (GLP). Ein bekanntes Gesicht ist Patrick Hässig (GLP), den man als Radiomoderator kennt, der heute aber hauptsächlich als dipl. Pfleger FH arbeitet. Als Handcap-Lobbyist (Zitat Tages-Anzeiger) wird Islam Alijaj Einsitz nehmen im Gemeinderat. Er leidet wegen Sauerstoffmangel bei der Geburt an Zerebralparese.
Bei den abgewählten gab es einige saftige Überraschungen: Etwa die Whistleblowerin Margrit Zopfi (SVP), GLP-Co-Präsident Nicolas (Nico) Cavalli (GLP), Schriftsteller Willi Wottreng (AL), der bisher amtsälteste Gemeinderat und Rollstuhlfahrer Joe A. Manser (SP), der SP-Vertreter Pascal Lamprecht, Markus Merki (GLP) sowie Ernst Danner, der mit der EVP zwar im Rat blieb, es aber persönlich nicht mehr schaffte. Der Sonntag brachte tatsächlich einige Überraschungen und wohl die eine oder andere Träne. Tränen der Freude oder der Trauer. (alle Fotos: Anna-Sofia Schaller und Lorenz Steinmann)
Siehe auch den Resultat-Bericht vom Sonntagabend