Die Kult-Coiffeuse verabschiedet sich

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Susanne Metz geht in Pension und verkauft den traditionellen Familienbetrieb «Bill Coiffure». Der Salon, den sie 37 Jahre lang geführt hat, gilt als ältester Gewerbebetriebin Wollishofen.

1931 gründete Frisör Albert Ganz seinen Salon am Morgental, laut damaligem Mietvertrag zu einer Jahresmiete von 2800 Franken. Ab 1942 gönnte er sich einen Mitarbeiter, Gody Bill, der später sein Teilhaber wurde. Ganz verstarb 1956, und Bill übernahm den Salon und taufte ihn «Bill Coiffure».

Die Familie Bill wohnte seit 1954 an die Albisstrasse 54, wo auch Tochter Susanne geboren wurde. Es lag nahe, dass sie in die Fussstapfen ihres Vaters treten wird. Sie erhielt ihre Ausbildung als Volontärin an der Coiffeurfachschule Erni, und Papa bildete sie dann als Damencoiffeuse aus. Früher waren Damen- und Herrencoiffeur noch zwei separate Ausbildungen, deshalb musste sie noch die Zusatzjahre als Herrencoiffeuse bei einem Coiffeur am Goldbrunnenplatz durchlaufen. Dann folgten Saison-Anstellungen in Davos, und nach weiteren zwei Jahren Wirken beim Papa zog es sie in die Ferne: nach Südafrika. Genauer gesagt, nach Fish Hoeck nahe Kapstadt und Stellenbosch, wo sie während 15 Monaten in ihrem Beruf tätig war. 1976 kehrte sie in die Schweiz zurück und führte seit dem 1. Januar 1981, also seit 37 Jahren, den Salon Bill Coiffure in eigener Regie als eidgenössisch diplomierte Damen- und Herren-Coiffeuse. Der Salon am Morgental galt dank seines 87-jährigen Bestehens als ältester und ursprünglichster Gewerbebetrieb in Wollishofen. Susanne Metz (inzwischen verheiratet) legte immer grossen Wert auf Berufsausbildung und bildete im Lauf der Jahre erfolgreich viele Lehrlinge aus.

Verkehrspolitisch engagiert
Metz’ Kundschaft bestand zum grossen Teil aus langjährigen Stammkunden aus dem Quartier und aus der näheren und weiteren Umgebung. Doch auch viele Passanten liessen sich auf eine Behandlung ein. Durch die vielen Jahre sind sie und ihre Stammkundinnen und -kunden naturgemäss älter geworden. Falls jemand nicht mehr so gut zu Fuss war, bot sie ihren Service auch zu Hause an. Zwei Männer im Alter von 95 und 96 Jahren kamen sogar bis heute ohne Begleitung zu Susanne Metz. In Wollishofen aufgewachsen und zur Schule gegangen, ist die heute 66-Jährige stark mit dem Quartier verwachsen. Es gibt wohl im Umkreis kaum jemand, der die quirlige Geschäftsfrau nicht kennt und umgekehrt. Sie galt quasi als Drehpunkt, denn sie war immer auf dem Laufenden, was im Quartier gerade vor sich ging. Seit 36 Jahren sah man sie – Sommer und Winter – mit ihrem Motorroller anbrausen, nur nicht bei Schnee. Als Mitglied des Gewerbevereins und in eigener Sache engagierte sie sich in dessen überparteilichen Verkehrskommission Zürich 2 gegen die geplante Kaphaltestelle Morgental. Sie ist der Meinung, dass eine Kaphaltestelle an diesem Platz unsinnig sei, da der Verkehr seit eh und je flüssig rolle und es nie einen Unfall mit Verletzten gegeben habe. «Die vorhandenen Fussgängerstreifen geben beim Überqueren genügend Sicherheit. Eine Kaphaltestelle würde für stockenden Verkehr sorgen, hinter den haltenden Trams entstünden lange Warteschlangen, die zusätzliche stinkende Abgase generierten, was die Situation nur verschlimmbessern würde», so die ortskundige Geschäftsfrau.

Coiffeur Saleh übernimmt
Susanne Metz hat sich entschlossen, mit ihrer Pensionierung den Laden zu verkaufen und Abschied von einem arbeitsreichen Leben zu nehmen. Ende Juni wird es so weit sein.

Beim Interview wirkt die Coiffeuse irgendwie erleichtert. Auf die Frage, ob sie das Ende dieser Ära nicht wehmütig stimme, erklärte sie: «Die Kunden werden mir sicher fehlen, auch werde ich den täglichen Austausch vermissen. Schliesslich war ich durch sie im Geschehen rundherum involviert. Doch alles hat seine Zeit. Jetzt muss ich loslassen. Ein Leben lang war ich für die Kundschaft da, nun möchte ich vermehrt für mich schauen und geniessen.» Sie ist Mutter von zwei Söhnen und zweifache Grossmutter. Metz wird allerdings nicht nur Enkelkinder hüten in nächster Zeit. Mit ihren schwungvollen 66 Lenzen will die Pensionärin in Zukunft ihren vielen Hobbys nachgehen: Reisen, Skifahren, Biken, Golfen und Segeln. Es sei ihr gegönnt.

Am 1. Juli eröffnet Coiffeur Saleh am Morgental anstelle von Bill Coiffure eine weitere Filiale mit einem neuen zeitgemässen Spirit; der Schwerpunkt wird auf dem System «Cut and Go» liegen. Für Schneiden und Kämmen zahlt die Kundin 35, der Kunde 25 Franken. Ein Trost für die langjährige Kundschaft; Berjes Saleh hat die von Susanne Metz ausgebildete Coiffeuse, Lucia Manusa, in sein Team aufgenommen. (Jeannette Gerber)