Mit der Ausstellung «Kunst der Vorzeit – Felsbilder der Frebenius-Expedition» gibt das Museum Rietberg im Kreis 2 Einblicke in die abenteuerliche Geschichte weltweiter Felsbilder mit Fotografien sowie Werken, die in Originalgrösse nachgemalt wurden.
Leo Frobenius (1873–1938) war ein deutscher Ethnologe und führende Autorität für prähistorische Kunst. Zwischen 1904 und 1935 leitet Frobenius diverse abenteuerliche Expeditionen ins nördliche und südliche Afrika, erkundet Zentren prähistorischer Kunst in Ozeanien, Australien und Europa. Auf seinen Entdeckungsreisen begleiten den Ethnologen Wissenschafterinnen und Maler, die die Felsmalereien vieler prähistorischer Kulturen kopieren und dokumentieren.
Einfluss auf die Moderne
Kopien der Felsbilder wurden zwischen 1913 und den frühen 1960er-Jahren von rund zwei Dutzend professionellen Malerinnen und Malern vor Ort originalgetreu abgezeichnet. Das Abmalen war eine abenteuerliche Arbeit. An steilen oftmals verwitterten Felswänden an Strickleitern hängend, auf allen vieren durch unterirdische Gänge kriechend oder in schmalen Felsspalten auf dem Rücken liegend die Decke abmalen ist nicht jedermanns Sache. Die Ausstellung im Museum Rietberg zeigt die in Originalgrösse nachgemalten Werke.
Alberto Giacometti, Schöpfer der dünnen hochaufstrebenden Figuren, liess sich von ihnen inspirieren. Der harmonische Schwung der Pferde erinnert an Franz Marc, bizarr verformte Wesen an Schöpfungen von Miró. Viele Elemente erkennt man bei Klee, Picasso oder Pollock. Sind Felsbilder womöglich der Ursprung der Moderne?
Ein Blick zurück
Alle Motive scheinen auf den ersten Blick erkennbar. Gruppen von Männern auf langen dürren Beinen jagen mit Pfeil und Bogen Antilopen, Rinder und Zebras. Es tauchen menschliche Gestalten in allen möglichen Posen auf, kämpfende Elefanten und Fabelwesen, die nur in den Vorstellungen der Menschen existierten. Meistens von der Seite, oft naturgetreu, zuweilen abstrahiert dargestellt. Der Betrachter lässt den Blick über die Bilder und Symbole streifen und versucht das 30 000 Jahre zurückliegende Geschehen einzuordnen: Sind es Beutezüge, Rituale, Schlachten? Die prähistorischen Kunstbilder öffnen den Blick in geheimnisvolle Welten. Sie nehmen das Publikum mit in Höhlen, in die Berge, die Steppen und Savannen. Die Beweggründe und Wahrnehmungen der Urheberinnen und Urheber dieser geheimnisvollen Felszeichnungen aber liegen im Dunkeln.
Etwa 100 der geritzten und gemalten Kopien aus Europa, Afrika und Australien sind in der Ausstellung zu bewundern. Darunter grossformatige und wandfüllende Felsbildkopien sowie fotografisches Material, das die abenteuerliche Dokumentationsgeschichte der Felsbilder und ihrer Kopisten erzählt. Viele Arbeiten von ihnen gelten heute als Raritäten.
Das Schlusswort erhält Peter Fux, Projektleiter und Kurator für Altamerika am Museum Rietberg: «Die Felsbilder fordern als Fundgattung die gegenwärtige Archäologie regelrecht heraus. Ganz offensichtlich handelt es sich bei ihnen nicht lediglich um schlichte materielle Hinterlassenschaften: Sie sind vielmehr Ausdrucksformen, Bedeutungsträger, Symbole – ja Kunstwerke.» Und weiter: «Felsbilder faszinieren uns unmittelbar, ihre Kraft geht über die blosse Materialität hinaus. Es wirkt der Geist der Erschafferin, des Erschaffers. Wir wollen jenen Menschen näherkommen und wir hoffen, ihre Absichten und Lebenswelten verstehen zu lernen, was weit über das Gegenständliche hinausreicht.»
«Kunst der Vorzeit», bis 11. Juli, Di–So
10–17 Uhr, Mi 10–20 Uhr, So 10–18 Uhr.
Museum Rietberg, Gablerstr. 15. Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre gratis.
www.rietberg.ch