Vorbilder sind die Masoala-Halle oder die Lewa-Savanne: Statt in Käfigen sollen künftig alle Tiere in Anlagen leben, die ihrem natürlichen Lebensraum ähneln. Der Zoo Zürich hat seinen Entwicklungsplan 2050 vorgestellt. An der umstrittenen Seilbahn von Stettbach zum Zoo will man festhalten.
Für die nächsten knapp 30 Jahre vorgespurt: Auf dem bestehenden Areal des Zoos Zürich sind neue, spektakuläre Anlagen vorgesehen. Kürzlich hat der Zoo seinen Entwicklungsplan 2050 präsentiert. Geplant ist etwa die begehbare Pantanal-Voliere mit Hyazinth-Aras und Chileflamingos (2025) oder das neue, grosszügige Gebiet Kongo für Westliche Flachlandgorillas und Okapis. Letztere liegen Zoodirektor Severin Dressen besonders am Herzen. Bei seinem Jobantritt vor rund einem Jahr hatte er nämlich verraten, welches Tier er am liebsten noch in den Zoo aufnehmen würde: eben das Okapi, auch Waldgiraffe genannt. Die Kongo-Anlage wird oberhalb der Lewa-Savanne gebaut und bis 2029 eröffnet.
Manatis in Zürich bestaunen
Für die Zeit nach 2030 sind die Projekte noch weniger ausgereift, aber nicht weniger spektakulär. So will der Zoo Zürich die Sumatra-Orang-Utans in den Mittelpunkt stellen. Die Menschenaffen dürfen im Sumatra-Regenwald in den Baumwipfeln klettern. Dank eines Baumwipfelpfades können die Besucherinnen und Besucher den Tieren auf Augenhöhe begegnen. Ein Publikumsmagnet dürften die knuffigen Seekühe werden. Diese sind Teil des Lebensraumes um die Insel Sumatra in Indonesien. Die dort lebende Art, der Dugong, gibt es in europäischen Zoos allerdings nicht. Deshalb hat der Zoo als Stellvertreter den Nagel-Manati aus Amerika gewählt. Er ist dem Dugongs sehr ähnlich und ebenfalls bedroht. «So können wir über das europäische Erhaltungszuchtprogramm die Erhaltung dieser Art unterstützen», sagt Mediensprecherin Rita Schlegel auf Anfrage.
Beeindruckend wird wohl die teilweise begehbare Anlage Meeresküste mit Humboldtpinguinen und Steller-Seelöwen. Dort plant der Tierpark unter anderem einen transparenten Unterwassertunnel. Statt Tiere in Käfigen zu beobachten, sollen die Besuchenden mittendrin sein.
Bis 2050 will der Zoo aus elf Lebensräumen bestehen. Generell gilt, dass der Fokus auf einer möglichst naturnahen und artgerechten Haltung liegt. Als Vorbilder dienen die bestehenden Anlagen Masoala-Halle, Kaeng-Krachan-Elefantenpark und Lewa-Savanne. Die Schwerpunkte werden Bildung, Naturschutz, Forschung und Artenschutz sein. «Wir wollen noch mehr zum Erhalt von bedrohten Arten beitragen», sagt Direktor Dressen.
Zoo setzt weiter auf Seilbahn
Auch die Seilbahn vom Bahnhof Stettbach zum Zoo – ein Herzensprojekt von Zoo-Verwaltungsratspräsident Martin Naville – durfte am Medienanlass nicht fehlen. Die Verkehrserschliessung des Tierparks ist eine zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre. Die Seilbahn könnte das Quartier Fluntern entlasten. Anwohnende in Stettbach und in Dübendorf befürchten hingegen mehr Verkehr. Ob das umstrittene Vorhaben dereinst umgesetzt wird, steht also in den Sternen. Im August 2020 hatte das Baurekursgericht zugunsten der Seilbahn entschieden. Gegner zogen den Entscheid im September 2020 jedoch ans Verwaltungsgericht weiter. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts steht noch aus.
Einen Wermutstropfen gibt es bei all den «Leuchtturmprojekten» trotzdem. Gewisse Tiere werden den Zoo verlassen. Dies auch aus Platzgründen, weil die Anlagen grösser werden. Betroffen sind die Königspinguine. Bei ihnen kommt hinzu, dass es für ihre Haltung viel Kälte braucht und damit viel Energie. Doch Pinguin-Aficionados müssen jetzt nicht sofort in den Zoo hetzen, um einen letzten Blick auf ihre Lieblinge zu werfen: Bis es keine Königspinguine mehr zu sehen gibt, wird es dauern. Die Meeresküste soll erst nach 2030 entstehen. Ausserdem bleiben die Humboldtpinguine. Doch was passiert eigentlich mit den Tieren, die den Zoo verlassen müssen? «Sie gehen in andere Zoos», sagt Mediensprecherin Schlegel.
Die geplanten Ausgaben für die Grossprojekte belaufen sich laut dem Zoo auf rund 15 Millionen Franken pro Jahr. Sie sollen durch Spenden und Legate finanziert werden.
Die spektakulärsten Projekte kurz zusammengefasst
- Naturschutzzentrum mit Grossleinwand (2023)
- Pantanal-Voliere mit HyazinthAra, Riesenotter und Chileflamingo (2025)
- Seilbahn von Stettbach (2028)
- Kongo mit Westlichem Flachlandgorilla, Okapi und Zwergflusspferd (2029)
- Sumatra-Regenwald mit Sumatra-Orang-Utan, Kappengibbon, Schabrackentapir, Nagel-Manati (nach 2030)
- Meeresküste mit Steller-Seelöwe und Humboldtpinguin (nach 2030)
Die weiteren Projekte und alle Details zum Entwicklungsplan 2050 online auf www.zoo.ch/zukunft. (pat.)