Am Sonntag, 8. Juli, feiert die Alte Kirche Albisrieden ihr 200-jähriges Bestehen. Ein guter Anlass, mit dem jetzigen Pfarrer Gerhard Bosshard auf die Geschichte zurückzublicken.
200 Jahre strebt der Kirchturm der Alten Kirche Albisrieden in seiner heutigen Form nun schon himmelwärts. Als im Jahr 1816 die damalige Dorfkirche renoviert werden sollte, stellten Maurer und Zimmerleute rasch fest, dass das Mauerwerk schlecht gebaut und fundamentiert sowie der Dachstuhl vermodert war. Man beschloss, den Neubau der Dorfkirche der hohen Commission des Inneren (heute wäre das die Direktion für Inneres) vorzulegen und erhielt die Zustimmung, die Kirche von Grund auf neu zu bauen. Einzig drei der vier Kirchenglocken stammen noch aus der Zeit der Vorgängerkirche. Am 28. Juni 1818 wurde die Kirche schliesslich feierlich eingeweiht. Ganz Albisrieden nahm an den Festivitäten teil.
«Dass die Kirche im wahrsten Sinn des Wortes von Grund auf neu gebaut worden war, ist uns jedoch erst bei der Gesamtrenovation 2011 klar geworden», erzählt Pfarrer Gerhard Bosshard. «Der Boden der Kirche wurde 2011 bis auf den Grund erneuert. Als dabei keine alten Mauersteine oder sonstigen Überreste gefunden wurden, waren wir kurz etwas enttäuscht», meint er schmunzelnd.
Einblicke ins Jahr 1818
Wer einen Einblick in einen Gottesdienst wie anno dazumal erhaschen möchte, hat am Sonntag, 24. Juni, um 10 Uhr die Gelegenheit dazu. Dann steht der Gottesdienst in der Alten Kirche Albisrieden ganz im Zeichen der Einweihung vor 200 Jahren. Pfarrer Gerhard Bosshard wird sich in seiner Predigt dem Thema der Hungerjahre, die in den Jahren 1816 bis 1818 auch in der Schweiz allgegenwärtig waren, widmen und eine Brücke zur heutigen Zeit schlagen.
«Besonders ist auch, dass wir einen Ausschnitt eines Stillstandes nachspielen werden», verrät der Pfarrer. Der Stillstand war das damalige Pendant zur heutigen Kirchenpflege und ein wichtiges Organ der Kirche. Er fand sich nach dem Gottesdienst zusammen, diskutierte die Belange der Kirche und der Gemeinde, traf Entscheidungen und hörte sich Anliegen aus der Bevölkerung an. Grundlage für diese Aufführung sind die alten Protokolle, die extra zum 200-jährigen Bestehen transkribiert wurden. Musikalisch untermalt wird der Gottesdienst für einmal von Blasinstrumenten, denn eine Orgel steht erst seit 87 Jahren in der Kirche.
Glockenaufzug und Filmpremiere
Das Kirchenfest am 8. Juli schliesst die Festivitäten ab. Auf dem Programm stehen diverse Attraktionen für Jung und Alt (siehe Box). Besonders freut sich Bosshard über den modellgetreuen Glockenaufzug: «Eine Holzglocke wird mittels Flaschenzug hoch in den Turm gezogen, wie damals die schweren Bronzeglocken», gibt er einen Ausblick.
Zudem wurden seit etwa eineinhalb Jahren immer wieder Szenen des Kirchenalltags aufgenommen: «Der daraus entstandene Film wird anlässlich des Kirchenfestes am 8. Juli Premiere feiern. Wer Interesse an einer Kopie hat, kann sich gerne bei der Kirchgemeinde melden. Wir stellen die DVD als Geschenk zur Verfügung», sagt Bosshard.
24 Jahre Pfarrer in Albisrieden
Die Frage, ob er lieber damals Pfarrer gewesen wäre, lässt Gerhard Bosshard kurz innehalten: «Es war damals in manchen Punkten sicher einfacher. Der Pfarrer hatte damals automatisch das Amt des Kirchenpräsidenten inne und somit auch die Fäden in der Hand. Auch wenn der Stillstand den Pfarrer überstimmen konnte», lacht er. Seit nun 24 Jahren ist Gerhard Bosshard in Albisrieden als Pfarrer tätig. Im Herbst wird er sein Amt abgeben und zurück ins Zürcher Oberland ziehen. Aus der Zeit in der Kirchgemeinde Albisrieden nimmt er viele schöne Begegnungen mit: «Albisrieden ist eine sehr besonnene Kirchgemeinde. Die Menschen gehen rücksichtsvoll und zuvorkommend miteinander um. Es besteht ein grosser Zusammenhalt, das ist nicht mehr selbstverständlich», meint Bosshard dankbar. (Christina Brändli, Text und Foto)
Gottesdienst wie vor 200 Jahren: Sonntag, 24. Juni, 10 Uhr. Alte Kirche Albisrieden, Albisriederstrasse 391.
Chilefäscht 200 Jahre alte Kirche Albisrieden: Sonntag, 8. Juli 2018, 10 – 17 Uhr. Alte Kirche Albisrieden, Albisriederstr. 391.
Eckpunkte der Alten Kirche Albisrieden
• 1270: Kapelle St. Ulrich und St. Konrad des Grossmünster Stifts erwähnt, «capella in Riedin prope Albis».
• 1524: Die Reformation begründet die Kirchgemeinde und macht aus der Kapelle die Dorfkirche.
• 1816: Abriss bis auf den Grund, da die Bausubstanz nicht mehr für eine Renovation in Frage kam.
• 1816: Grundsteinlegung für die neue Dorfkirche.
• 1818: Sonntag, 28. Juni, Einweihung.
• 1896: Innenrennovation, vollständige Erneuerung Dachstuhl.
• 1917 Glasmalerei, Louis Hérion aus Albisrieden
• 1931: Gesamtrenovation, Umbau zur Längskirche, erste Orgel.
• 1978: Gesamtrenovation. Rückbau zur Breit-/Querkirche mit Kanzel, Polsterstühle, Tisch statt Taufstein mit Redneraufsatz, Neubau Eingang mit Seitentüren und WC’s, zweite Orgel auf neuer Empore, Elektrospeicherheizung.
• 2011: Gesamtrenovation, innen von Grund auf, Neubau Eingang und Empore, neue Bänke und wieder Original-Taufstein von 1818, mobile Kleinkanzel, neue Stühle in Empore, WC im Anbau, Boden- und Bankheizung mit Erdgas, Keller im Vorraum.
• 2014: 5. Januar, Einweihung der dritten Orgel