Christina Zürcher macht Klemens Empting das Küsnachter Schulpräsidium streitig

Erstellt von Manuela Moser |
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Klemens Empting (FDP) ist seit vier Jahren Schulpräsident der Gemeinde Küsnacht. Der 68-Jährige stellt sich zur Wiederwahl. Das Amt streitig macht ihm die 65-jährige Christina Zürcher (parteilos). Sie will frischen Wind hineinbringen. Die Wahlen sind am 15. Mai. 

Warum wollen Sie Schulpräsident bleiben, Klemens Empting?

Klemens Empting: Ich habe in den vergangenen vier Jahren viel erreicht und ­einiges angestossen. Beim Thema «gebundene Tagesschule» musste die Schulpflege das Projekt zwar zurückstellen, aber alternativ wurde bei den freiwilligen Tagesschulen Massnahmen ergriffen. Eine Studie ist bis Juni am Laufen. Dann erfahren wir Details. Zudem haben wir uns intensiv den wichtigen Themen «Digitalisierung» und «Schulraumplanung» gewidmet. In diesen Bereichen müssen die definierten Massnahmen nun umgesetzt werden.

Christina Zürcher, warum wollen Sie Schulpräsidentin werden?

Christina Zürcher: Klemens Empting und ich fahren auf zwei verschiedenen Schienen. Die Etablierung einer richtigen Tagesschule ist mein Ziel, also nicht einfach nur eine Tagesstruktur. Es braucht ein ausgereiftes Konzept, das die Verbindung von Unterricht und Betreuung herstellt. Weiter ist in den Schulen Kontinuität notwendig, und die pädagogischen Leitlinien müssen längerfristig festgesetzt werden. Der Arbeitsort der Lehrerinnen und Lehrer muss attraktiv gehalten werden. Zudem braucht es genug Lehrpersonen, auch für die Flüchtlinge aus der Ukraine. Für mich ist die Qualität der Weiterbildung wichtig, ebenso der Kontakt zum Elternrat. Ich will die Arbeit der Schulleiterinnen und Schulleiter erleichtern. Es darf nicht mehr so viele bürokratische Abläufe geben wie heute. Und selbstverständlich braucht es genug Lehrpersonen. Wir haben jetzt auch Schwierigkeiten im Fall der Flüchtlinge, dass wir genug Lehrpersonen haben. Natürlich ist für mich auch das hohe Niveau der Digitalisierung zentral. Und nicht zuletzt müssen wir stark an der Kommunikation arbeiten. Ziel muss eine permanente und transparente dialogorientierte Kommunikation sein.

Gibt es denn ein Problem im Dialog?

Empting: Die Zufriedenheit der Eltern und der Öffentlichkeit mit der Kommunikation nehme ich als gut wahr. Das sagt insbesondere auch der Elternratspräsident.

Zürcher: In der Schulpflege ist die interne Kommunikation ein grosses Problem. Sie ist einseitig und müsste besser werden.

Empting: Wir pflegen eine Konsenskultur. Sie haben immer mitabgestimmt. Auch haben wir Massnahmen ergriffen, um die Schulleiterinnen und -leiter sowie Lehrerinnen und Lehrer durch Assistenzpersonen zu entlasten. Wir haben den Schulleitungen die Möglichkeit gegeben, dass sie ihr Pensum aufstocken konnten. 

Zürcher: So viel Unterstützung war das nicht. Man muss nur die administrativen Abläufe anschauen. Diese sind viel zu kompliziert. 

Empting: Lehrpersonen und Schulleiter sind kantonale Angestellte. Auch die Abläufe sind kantonal. Im Katalog des Kantons steht drin, wer welche Aufgaben hat. Unsere Kompetenzen sind begrenzt. Vieles können wir nicht verändern. Für die pädagogische Führung und Entwicklung ist die Schulleitung verantwortlich, nicht die Schulpflege.

Die restliche Schulpflege steht hinter Klemens Empting. Ist das für Sie belastend, Christina Zürcher?

Zürcher: Ja, es ist sehr unangenehm. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen war es für mich aber nicht überraschend. Die Kommunikation war schwierig. Ich war oft auf mich allein gestellt. Es gab manchmal keinen Einbezug. So habe ich es empfunden.

Empting: Die Schulpflege äussert sich positiv über die sachbezogene Kommunikation.

Zürcher: Ich sehe das anders. 

Klemens Empting, ist es rechtens, dass sich die Schulpflege offiziell in den Wahlkampf einschaltet und Partei für den amtierenden Schulpräsidenten ergreift? Ich verweise auf den Leserbrief: «Wir sind ein eingespieltes Team» – ein Leserbriefschreiber ortet hier «mobbingähnliche Tendenzen».

Empting: Ich wusste vom Leserbrief der fünf Mitglieder der Schulpflege nichts. Ich war nicht involviert. Dieser Leserbrief war aus meiner Sicht eine Reaktion auf einen Leserbrief einer ehemaligen Schulleiterin. Die fünf Mitglieder haben sich angegriffen gefühlt. Es war kein Leserbrief der Schulpflege.

Zürcher: Klemens Empting, Sie hätten das Veto einlegen müssen. Als Präsidentin hätte ich das getan.

Empting: Wie gesagt, ich war nicht involviert und wusste nichts vom Leserbrief.

Ein Legislaturziel war die gebundene Tagesschule. Es wurde Geld ausgegeben für externe Beratung. Dazu kommt der Aufwand für ein Konzept. Aber das Projekt wurde sistiert. Klemens Empting, in Ihrer aktuellen Legislatur haben Sie folglich das Legislaturziel «Tagesschule» verpasst.

Empting: Das Projekt wurde eingestellt. Es war ein einstimmiger Entscheid der Schulpflege. Gründe waren unter anderem die  Finanzen und der Ort. Projektleiterin war übrigens Christina Zürcher. 

Also waren Sie, Christina Zürcher, mitverantwortlich, denn das Gesamtgremium hat entschieden.

Zürcher: Wir haben immer wieder miteinander diskutiert. Auch über Kleinigkeiten wie zum Beispiel Küche, frische Produkte und Koch. Ein weiteres Thema war der Verkehr. Es kam zu einem Hickhack, das heisst, wir sind in der Geschichte «gebundene Tagesschule» nicht vorwärtsgekommen. 

Empting: Es gab eine Machbarkeitsstudie zur Tagesschule. Die Umsetzung war ein Gesamtproblem. Der Vorwurf, dass ich die Tagesschule nicht umgesetzt hätte, ist meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. Es gibt aber eine Betreuung auf freiwilliger Basis. Einen Zwang darf es meiner Meinung nach nicht geben. 

Wie geht es weiter, Klemens Empting?

Empting: Die gebundene Tagesschule ist auf Eis gelegt. Im Juni ist eine Strategieplanung vorgesehen. Es wird Verbesserungen beim jetzigen System geben, das heisst bei der freiwilligen Tagesschule, und es wird der Frage nachgegangen, wie es weitergeht. Es steht die Weiterentwicklung der vier freiwilligen Tagesschulen an. Schule und Betreuung sollen durch pädagogische, personelle und räumliche Massnahmen stärker verbunden werden. 

Zürcher: Ich finde es wichtig, zu sagen, was mit Tagesschule gemeint ist. Der Ausdruck «Tagesschule» ist verwirrend. Man muss unterscheiden zwischen der gebundenen Tagesschule und der freiwilligen Tagesschule. 

Empting: Es gibt in Küsnacht die freiwillige Tagesschule, das heisst mit Tagesstruktur, in der die Kinder auf freiwilliger Basis von 7 bis 18 Uhr betreut werden.

Beide: Die Tagesschule ist ein Gesamtproblem, da sind wir uns einig. Irgendwann war die Luft aus der Diskussion draussen.

In den vergangenen Jahren gab es drei Abgänge von langjährigen Schulleitenden, das heisst, drei von acht Schulleitenden sind gegangen plus der Leiter Bildung. Das gibt einigen Wählern zu denken. Da ging viel Know-how verloren, Klemens Empting, das Christina Zürcher als ausgebildete Pädagogin und Lehrperson plus erfahrene Schulpflegerin wieder einbringen könnte.

Empting: Die Gründe für die Abgänge sind vielfältig und gut erklärbar, von Weiterbildung bis zu altershalbem Kürzertreten. Der Leiter Bildung wollte mit 63 Jahren altershalber kürzertreten und hat deshalb gekündigt. Es sind ganz normale Wechsel. Der neue und der ehemalige Leiter Bildung haben übrigens vier Monate zusammengearbeitet, sodass kein Know-how verloren ging.

Zürcher: Die Zusammenarbeit hat in dieser Form nicht stattgefunden, sie hätte viel länger und intensiver sein sollen. Es ging viel Know-how verloren. Wir sollten diese Zusammenarbeit jeweils genau anschauen und begleiten.

Empting: Der neue Leiter Bildung konnte den ehemaligen Leiter alles fragen. Sie haben verschiedene Sitzungen gehabt. Wir  haben viel investiert.

Und warum sind die Schulleitenden gegangen?

Empting: Es ist nicht ungewöhnlich, dass man nach vielen Jahren etwas anderes kennen lernen will.

Zürcher: Es wird weitere Abgänge geben. Der Job ist sehr belastend wegen der Fülle. Die Schulleitenden haben immer mehr Aufgaben, das heisst, die Schulleitung, aber auch die Leitung Bildung sind zeitintensive Jobs. Der ehemalige Leiter Bildung äusserte sich mir gegenüber dahingehend, dass er zunehmend auch Probleme mit der Kommunikation und der Schulentwicklung gehabt habe. 

Empting: Ich habe andere Informationen. Aber ja, es gab in den letzten Jahren grosse Herausforderungen für uns alle: Einheitsgemeinde, Corona und Flüchtlinge. Das ist richtig. 

Zürcher: Und warum wurde ich als langjährige DaZ-Lehrperson bei der Arbeitsgruppe Flüchtlinge aus der Ukraine nicht involviert? Ich wurde nicht eingeladen. Ich war sehr konsterniert und musste mich selber einladen. 

Christina Zürcher, braucht es im Präsidium einen Strategen wie Klemens Empting, der diplomierter Informatiker und Jurist ist, oder eine ausgebildete Pädagogin, wie Sie es sind? Man verwaltet als Schulpräsident immerhin ein jährliches Budget von über 35 Millionen Franken. 

Zürcher: Vier Jahre ein Stratege im Präsidium war gut, aber jetzt braucht es frischen Wind. Es braucht mehr Nähe zu den Lehrpersonen und den Eltern. Das heisst neu Wertschätzung für die Schulleitenden und Lehrpersonen und vor allem mehr Ruhe. Ich will Kontinuität hineinbringen. Als Schulpräsidentin kann ich mehr bewirken als jetzt. Deshalb will ich Schulpräsidentin werden. Es braucht nun eine andere Schiene. Ich möchte nach der belastenden Pandemiephase Eltern, Lehrer, Schüler und Betreuung wieder näher zusammenführen. Wir müssen unserer Schule wieder mehr pädagogische Sicherheit, Stabilität und Kontinuität geben. Die Schulpflege muss die neuen Schulleiter und den Leiter Bildung vor allem in den schulischen Fragen intensiver begleiten und sie unterstützen. Die zweijährige Covid-19-Phase hat auch in der Schule ihre deutlichen Spuren hinterlassen. Diese Lücke muss rasch geschlossen werden.

Empting: Es ist mir wichtig, den Mitarbeitenden Wertschätzung entgegenzubringen. Und ich lege Wert darauf, das Know-how der Schulleitungen zu nutzen. Auch habe ich viel Führungserfahrung. Mit den Schulleitenden und dem Leiter Bildung sind wir pädagogisch gut aufgestellt. Vor wenigen Jahren wurde entschieden, die Schulpflege umzustellen und zu verkleinern. Das war ein guter Entscheid. Deshalb ist die Schulpflege nun weniger operativ tätig. Sie konzentriert sich auf strategische Fragen. Zudem wurde die Stelle Leiter Bildung geschaffen, der für das Operative zuständig ist. Die finanziellen Mittel für einzelne Schulen sind eine wichtige Kernaufgabe. Ich habe viele Kontakte mit Eltern.

Der Schulpräsident, die Schulpräsidentin  müsste sich als siebtes Mitglied auch im Gemeinderat einbringen.

Empting: Ich vertrete als Mitglied des Gemeinderats die Interessen der Schule und nicht diejenigen der Partei. Die Schule hat ein riesiges Liegenschaftenportfolio. In der nächsten Legislatur sind 30 Millionen Franken budgetiert für Schulraum. Wir sind das teuerste Ressort. Als siebter Gemeinderat muss ich  die Finanzen der Schule, aber auch der gesamten Gemeinde im Auge behalten.

Zürcher: Der Einsitz im Gemeinderat wäre für mich eine Challenge. Darauf würde ich mich freuen.  

Empting: Ich war übrigens in der RPK, davon zwei Jahre als Präsident. Wenn ich im Gemeinderat sage, dass die Schule etwas benötige, habe ich eine hohe Glaubwürdigkeit. 

Eine neue Herausforderung kommt auf die Schule zu: Bis in zehn Jahren ist mit 160 zusätzlichen Kindern zu rechnen – das entspricht der Grösse eines Schulhauses. Wie wollen Sie das bewältigen?

Zürcher: Ja, das ist eine Herausforderung. Ich hoffe da auf ein gutes Team, das mich unterstützt.

Empting: Ja, das ist eine grosse Herausforderung. Aber dank der Schulraumstrategie haben wir die Weichen richtig gestellt. 

Altersmässig sind Sie beide nicht mehr die Jüngsten, sondern in einem fortgeschrittenen Alter. Sind Sie nahe genug dran am Schulgeschehen?

Empting: Voll berufstätige Personen könnten das Pensum wahrscheinlich aus Zeitgründen nicht handhaben. Der Gemeinderat umfasst ein Pensum von 20 bis 30 Prozent und das Schulpräsidium 30 Prozent oder mehr. Die Arbeitsbelastung ist zu hoch. 

Zürcher: Da sind wir uns einig. Jemand, der 100 Prozent arbeitet, schafft das nicht. Eine 60-prozentige Arbeitsbelastung ist sehr hoch. Es wäre aber lässig, wenn jüngere Leute es machen würden. 

Kommen wir noch zur Parteistrategie. Viele Ämter in Küsnacht werden von der FDP besetzt. So kam die Devise auf «keine vier FDPler im Gemeinderat». Spüren Sie das, Klemens Empting?

Empting: Der Schulpräsident betreibt keine Parteipolitik. Er vertritt vor allem die Interessen der Schule. 

Der Unmut gegen die FDP könnte Ihnen aber schaden, Klemens Empting. 

Empting: Bisher habe ich diese Stimmung nur bei GLP, GP und Bürgerforum festgestellt. 

Gleichzeitig profitieren Sie, Christina Zürcher, von einer gewissen Aufbruchstimmung gegen die FDP? 

Zürcher: Küsnacht braucht frischen Wind. Wenn es jetzt nicht gelingt, dann in vier Jahren. 

Was stört Sie am Wahlkampf am meisten?

Zürcher: Für mich persönlich ist der Wahlkampf teilweise unter die Gürtellinie gegangen. Ich denke an Leserbriefe und Mails, die mich explizit als Person diffamieren. Da hört es für mich auf. «So nicht!», sagen ich und andere Bürger und Bürgerinnen im Fall von einzelnen Schulpflegerinnen. 

Empting: Falschaussagen von gewissen Leserbriefschreiberinnen und -schreibern sind nicht gut und deshalb belastend. Ich äussere mich aber nicht dazu.

Können Sie weiterhin zusammenarbeiten, wenn das alles vorüber ist?

Empting: Ich sehe die Notwendigkeit, weiter zusammenzuarbeiten. Wir müssen zusammensitzen und besprechen, was geschehen ist. Wir müssen einen Nenner finden, unter dem wir weiter zusammenarbeiten können. Ob ich bleibe, falls ich nicht mehr als Präsident gewählt bin, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. 

Zürcher: Ich finde die Schulpflegerinnen und Schulpfleger als Menschen interessant und spannend. Die nun erlebten Schwierigkeiten haben mir aber wehgetan. Wichtig ist jetzt, dass wir den Fokus «Schule» nicht verlieren. Ich liebe mein Ressort, aber nun ist es mein klarer Wunsch, Präsidentin zu werden. 

Empting: Es hat Verletzungen gegeben, aber wir sind alles Menschen. Niemand hat etwas gesagt gegen die Arbeit von Christina Zürcher. Es geht nur ums Präsidium. Eine Schulpflegerin hat gesagt, dass sie sich wünsche, dass wir genauso weiterarbeiten könnten wie vorher. 

Das tönt versöhnlich. Zum Schluss noch ein gutes Wort über Ihren Konkurrenten? Was kann er beziehungsweise sie gut?

Empting: Ich schätze Christina Zürcher als gute Pädagogin. Sie hat ihr Ressort gut im Griff.

Zürcher: Klemens Empting hat die Corona-Krise sehr gut gemeistert und bei den ukrainischen Flüchtlingen Höchstleistungen erbracht. Dazu gratuliere ich ihm.