90 Jahre Globi – Zürcher Kult-Manöggeli feiert Geburtstag

Erstellt von Dominique Rais |
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Globi gilt als populärste Kinderbuchfigur der Schweiz. Dieses Jahr feiert der Kult-Comic-Held der Nation seinen 90. Geburtstag: eine Retrospektive auf die Erfolgsgeschichte des blauen Papageien-Menschen mit dem grossen, gelben Schnabel und der Karohose.

Es ist das Jahr 1932, als der Kult-Comic-Held Globi inmitten der Weltwirtschaftskrise das Licht der Welt erblickt. In einem ­Comicstrip, der am 24. August 1932 in zahlreichen Deutschschweizer Tages­zeitungen erscheint, schlüpft der kleine Globi in der Wüste Sahara aus einem Ei, fliegt los Richtung Norden und stürzt schliesslich über der Schweiz ab. Sogleich wird er von einer Kinderschar umringt. Die Erfolgsgeschichte nimmt ihren Lauf. Und auch 90 Jahre später ist der nationale Mythos um den blauen Papageien-Menschen mit grossem, gelbem ­Schnabel, Karohose und Baskenmütze ungebrochen.

Globis geistiger Vater ist der damalige Globus-Reklamechef Ignatius Karl Schiele (1902–1988), wobei der Comic-Held der Feder des Zürcher ­Architekturstudenten und Comic-Zeichners Robert Lips (1912–1975) entstammt. Einst anlässlich des Firmenjubiläums «25 Jahre Globus» als Werbemaskottchen für das erste Jugend ­Meeting erfunden, sollte Globi die Kassen der Kolonialwarenabteilung des 1907 ge­gründeten Zürcher Kaufhauses wieder zum Klingeln bringen. Getreu dem Motto «Die Kinder sind die Kunden von morgen» kündigt das Warenhaus – mit Globi als «Festonkel» – per Inserat das zwei­wöchige Kaufhaus-Kinderfest samt Chilbi an. Die Werbekampagne: ein voller Erfolg.

«Globi ist ein Teil von mir geworden»

Die grosse Nachfrage nach immer neuen Globi-Abenteuern führt dazu, dass 1935 mit «Globi auf Weltreise» der erste Buchband in Druck geht. Damals noch ganz ohne Text wird auf Wunsch vieler Mütter der zweite Band, «Globi junior» (1938), mit Versen versehen. Fortan agierte der diplomierte Badener Elektrotechniker Alfred Bruggmann (1896–1958) als Globis erster Verseschmied. Bis zu seinem Tod realisierte er zusammen mit Lips und Schiele über zwei Dutzend Globi-Bücher.

Das ­Zusammenspiel von Illustration und Text ist seither nahezu unverändert geblieben. Eine Bildergeschichte pro Doppelseite, erzählt in sechs Episoden, wobei es pro Bild einen vierzeiligen Vers gibt. Seit 2006 werden diese vom Zürcher Jürg ­Lendenmann (72) geschrieben. Die Verse für ein neues Globi-Buch entstehen dabei innert nur weniger Wochen. «Ich schreibe dann immer abends, nach dem Abend­essen, wenn es ruhig ist. Und arbeite bis tief in die Nacht, bis mir keine Ideen mehr kommen», sagt Lendenmann, der schon als Bub Globi-Geschichten las, zu Lokalinfo. «Über die Jahre hinweg ist Globi ein Teil von mir geworden», so der langjährige Verseschmied. Ein Leben ohne Globi – für ihn unvorstellbar.

Zerwürfnis der Globi-Schöpfer

Einst jedoch stand die Zukunft des Kult-­Manöggelis auf der Kippe. Denn der autoritäre Globi-Schöpfer Schiele und der zeitlebens als Bonvivant bekannte Lips gerieten im Zuge ihrer Zusammenarbeit immer wieder aneinander. 1966 kommt es zwischen den beiden zum Zerwürfnis. Nach über 30 Jahren als Globi-Zeichner quittiert Lips seinen Dienst. Nur ein Jahr später verlässt auch Schiele den Globi­-Verlag. Er geht 1967, nachdem er den 37. Globi-Band ­herausgebracht hatte, in Pension.

Sein Nachfolger wird der Globi-­Club-Chef Emil Bannwart (1914–2004), der weitum als «Unggle Banni» bekannt war und während vieler Jahre auch als lebensgrosser Globi an ­Veranstaltungen auftrat. Erst 1975 wird mit dem Karikaturisten Werner Büchi kurzzeitig ein neuer Globi­-Zeichner ­gefunden. Doch Globi-Fans monieren ­seinen Zeichenstil. Nach nur zwei Bild­bänden muss Büchi gehen. Indes überschattet der Tod von Lips, der nicht nur als erster Globi-Zeichner, sondern auch 1941 und 1948 als Schweizer Meister im Degenfechten Geschichte schrieb, am 28. Februar 1975 die Globi-Gemeinschaft. Noch weitere fünf Jahre wird es dauern, bis der Verlag 1980 mit dem Grafiker Peter ­Heinzer (1945–2015) schliesslich einen ­geeigneten Lips-Nachfolger findet.

«Globi war immer Kind seiner Zeit»

Auch nach 90 Jahren ist Globi noch immer ein gefragter Zeitgenosse. Bis heute wurden 22 Millionen Globi-Produkte – darunter 8 Millionen Klassik-Bände – verkauft. Im Jahr 2015 ging das Buch «Globi an der Landesausstellung» aus dem Jahr 1939 samt 45 Original-Zeichnungen und zwei Gouachen – den Vorlagen für die Buchdeckel – bei einem Zürcher Buch­antiquariat gar für 9500 Franken über den Ladentisch. Der Band, dessen Auflage bei nur 5000 Stück lag, ist bei Sammlern besonders gefragt. Der Grund: Die Exem­plare sind kaum noch erhältlich, zahl­reiche kamen wohl nie in Umlauf. Denn Globis geistige Landesverteidigung von anno dazumal wies teils nationalistische Züge auf.

Auch in «Globi wird Soldat» aus dem Jahr 1940 wird die Verteidigung des Vaterlandes gross thematisiert. Der Globi­-Band Nummer 6 wurde dazu eigens von General Henri Guisan (1874–1960), dem damaligen Oberbefehlshaber der Schweizer Armee während des Zweiten Weltkriegs, abgesegnet. Wenig ruhmreich sind rückblickend auch frühere Globi­-Abenteuer wie «Mit Globi und ­Käpten Pum um die Welt» (1944), «Freund Globi im Urwald» (1950) ebenso wie der Erstlingsband «Globi auf Weltreise» (1935).

Im Zuge einer vom Schweizerischen Nationalfond 2012 in Auftrag gegebenen Studie, die Globi auf kolonialistische und rassistische Muster durchleuchten sollte, wurde dem Papageien-Menschen und Weltumsegler ein «klar kolonialistisches Gebaren» attestiert. «Globi war immer ein Kind seiner Zeit. Die meisten Bücher, die damals erschienen, würden aus heutiger Sicht so nicht mehr herausgebracht werden», sagt Globi-Verlegerin Gisela Klinkenberg (56) zu Lokalinfo. Zahlreiche Bildbände wurden dahingehend überarbeitet, andere nicht mehr verlegt.

Der geläuterte Choleriker

Schon in den 1970ern war Globi in die Kritik geraten, wurde von Pädagogen gerügt. Globi war einst ein Grobian, der vor brutalen Gewalteskapaden nicht zurückschreckte und Tiere zum Spass quälte. Raubte der Güggel Globi den Schlaf, erlegt er ihn und verspeiste ihn danach (1941). Und ging ihm das Katzengejammer gegen den Strich, schnappte sich Globi einen Stein samt Strick und versenke das Kätzchen kurzerhand im See damit. «Auch heute spielt Globi noch immer gerne Streiche – aber nicht mehr auf Kosten anderer», so Klinkenberg.

Der schadenfreudige, rauchende und trinkende Raufbold von einst, der mit seinen besserwisserischen und autoritären, ­bisweilen cholerisch­-sadistischen Zügen nicht selten zu Wutausbrüchen neigte, ist Geschichte. «Über die Jahre hinweg hat sich nicht nur die Sprache, sondern auch der Humor  verändert», so die Globi-­Verlegerin. Und so musste der Tausendsassa und Kinderfreund, der dereinst von Globi-Schöpfer Schiele als «Draufgänger, Lausbube und fröhlichen Schlingel in ­einer Person» charakterisiert wurde und beim Balancieren zwischen bünzligem Moralapostel und angeberischem Anarchisten hin und wieder auf den Schnabel fiel, einem gemässigten, geläuterten Globi weichen.

Sechs Monate nur fürs Zeichnen

Auch wenn Globi über die Jahrzehnte hinweg Federn lassen musste, ist sein Erfolg ungebrochen. «Globi wird von Generation zu Generation weitervererbt», so Klinkenberg. Der Papageien-Mensch mit den Flausen im Kopf, der gerne Schabernack treibt, hat in den vergangenen neun Jahrzehnten zahlreiche Abenteuer erlebt. So war Globi schon mit der Zürcher Stadtpolizei auf Verbrecherjagd, als Retter mit der Rega unterwegs und besuchte auf ­einer seiner vielen Reisen rund um den Globus Papst Franziskus und die Schweizer­garde im Vatikan.

Derweil blickt er auf 93 Klassik-Bände zurück. Auf den Tag genau, 47 Jahre nach Lips Tod, erscheint am 28. Februar, anlässlich des 90-Jahr-Jubiläums des Kult­-Comic-Helden, mit «Globis lustige Tiergeschichten» ein neuer Sammelband und mit «Globi und die Ozeane» ein weiteres Abenteuer. «Die Arbeiten für das neue Buch haben gut ein Jahr gedauert – von der Idee übers Schreiben des Drehbuchs bis hin zum fertig illustrierten Buch. Die letzten sechs Monate davon war ich ausschliesslich mit Zeichnen beschäftigt», sagt der Zürcher Comic-Zeichner Samuel Glättli (42) zu Lokalinfo. Seit nun mehr zehn Jahren zeichnet er, abwechselnd mit dem Zürcher Illustrator Daniel Frick (55), die Globi-Klassik-Bände.

Für Glättli ist Globi eine Mischung aus Huckleberry Finn und Tom Sawyer in Papageien-­Gestalt. «Er ist gutmütig, hat teils absurde Ideen und ist nicht selten selbst ‹en Globi› », so Glättli. Wenn auch nicht mehr so frech und aufmüpfig wie früher – der Papageien-Mensch mit der blauen Haut, dem grossen, gelben Schnabel und der Karohose bleibt Kult.


Verlosung

Lokalinfo verlost 5 Globi-Buchpakete. Wer gewinnen möchte, sendet bis spätestens 10. März ein E-Mail mit Betreff «Globi» und vollständiger Postadresse an: lokalinfo@lokalinfo.ch
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