Von Studenten über Yogalehrer bis hin zu Ärzten und Informatikern: Im Jupiterhaus haben 13 Personen im Alter von 18 bis 58 Jahren zusammengefunden. Jetzt müssen sie ausziehen.
Die Wohn- und Arbeitsgemeinschaft Jupiterhaus sucht momentan nach einem Haus in Zürich. 15 bis 30 Zimmer soll es haben, günstig und schön gelegen soll es sein, 500 bis 1000 Quadratmeter Wohnraum soll es bieten. «Es kann auch ein kommerzieller Bau sein, den wir für das Wohnen anpassen können», sagt Gemeinschaftsmitglied Philipp Walser.
Der 52-jährige Unternehmer lebt seit Januar in der «Jupiterhaus»-Gemeinschaft. Gegründet wurde diese von Informatiker Bernhard Bäumle und Elana Andermatt. Die 56-jährige Körper- und Traumatherapeutin hegt schon lange die Vision, in einer Gemeinschaft zu leben. «Mit viel Menschlichkeit, Herz und Achtsamkeit, ohne Dogmen und mit maximaler Selbstverantwortung», erklärt sie. Vor rund zwei Jahren ist diese Vision zur Realität geworden.
Hauseigener Praxisraum
Bäumle und Andermatt wohnten damals in Wollishofen. Als ihr altes Haus abgerissen wurde, haben sie nach einer Anschlusslösung gesucht. «Dann haben wir das ‹Jupiterhaus› für eine Zwischennutzung zugespielt bekommen», sagt Bäumle. Das «Jupiterhaus» steht im Stadtkreis 7 in der Nähe des Hegibachplatzes. Im Untergeschoss war vor zwei Jahren noch ein Verlag eingemietet. «Wir mussten es umbauen und haben dafür wochenendweise Freunde zusammengetrommelt», erinnert sich Andermatt.
Mittlerweile leben 13 Personen im Alter von 18 bis 58 Jahren im «Jupiterhaus». Die Zimmer in den Obergeschossen dienen der Gruppe als Wohnfläche. Im umgebauten Untergeschoss befindet sich ein Seminar- und Praxisraum, der von verschiedenen Gemeinschaftsmitgliedern für Kurse und Therapien genutzt wird. Auch externe Personen können die Räumlichkeiten im «Jupiterhaus» für solche Angebote mieten.
Zu diesen Kurs- und Therapieangeboten zählen unter anderem Bäumles und Andermatts Kuschel-abende und Massageseminare. Andere Gemeinschaftsmitglieder bieten Yoga- und Meditationskurse an. Interessierte können sich hier zudem in gewaltfreier Kommunikation oder in der Anwendung von Wildkräutern ausbilden.
«Frei und trotzdem verbunden»
Eine Ausbildung zur Wildkräuter-Expertin absolviert zum Beispiel die Kunststudentin Tara Andermatt, die der Gemeinschaft seit Tag eins angehört. «Wenn ich damit fertig bin, will ich mein Wissen ebenfalls an andere Leute weitergeben», sagt die 21-jährige Tochter von Elana.
Jeden Sonntagabend treffen sich die Bewohner des «Jupiterhauses» im gemeinsamen Wohnzimmer zum Abendessen. «Das ist aber unser einziger fester Treffabend», sagt Andermatt. Trotz oder gerade wegen der wenigen festen Treffpunkte funktioniere das Zusammenleben in der Wohngemeinschaft gut. «Ich schätze es, dass ich hier frei und trotzdem verbunden leben kann», sagt zum Beispiel die 48-jährige Tanja, die seit Februar im «Jupiterhaus» wohnt.
Auch die 33-jährige Julia, die hier vorläufig nur zu Gast ist, hat sich nach ihrer Ankunft aus Deutschland sofort wohlgefühlt. «Ich wurde schnell aufgenommen und habe schon immer in Gemeinschaften gelebt, deshalb ist das ganz natürlich für mich», begründet sie.
Das Gemeinschaftsleben zeigt sich beispielsweise auch an der Vorratskammer im «Jupiterhaus». So bestellen die Bewohner regelmässig in grossen Mengen bei Bio-Lieferanten. Die meisten Bewohner ernähren sich zudem vegetarisch und trinken kaum Alkohol. «Wir nehmen zu uns, was gesund ist und uns guttut», erklärt Andermatt.
Auch einen Fernseher sucht man im «Jupiterhaus» vergebens. «Nicht schlimm», sagt Sabrina Büchi, die der Gemeinschaft seit Januar angehört: «Die Begegnungen hier im Haus sind so reichhaltig, dass ich gar kein Bedürfnis habe fernzusehen.» Dafür würden die WG-Mitglieder regelmässig gemeinsam musizieren.
Spirituell eingerichtet
Die Einrichtung des Wohnbereichs fällt sehr spirituell aus, obwohl die Gemeinschaft religiös und politisch neutral ist. So ziert beispielsweise ein Jesus-Porträt den Kamin, und an verschiedenen Orten im Haus sind buddhistische und hinduistische Figuren aufgestellt. An den Wänden hängen viele farbenfrohe, abstrakte Gemälde, die allesamt Kunststudentin Tara Andermatt in ihrem Atelier im Untergeschoss gemalt hat.
Mit der Gemeinschaft will Gründer Bernhard Bäumle auch ein Zeichen gegen die zunehmende Vereinzelung setzen: «Die Qualität unseres Zusammenlebens findet man sonst nirgends.» Wohnbaugenossenschaften seien zwar ein guter Ansatz, das Miteinander in solchen Genossenschaften sei aber nicht mit jenem im «Jupiterhaus» vergleichbar.
Sollte die Gemeinschaft ein neues Haus finden, wollen die Mitglieder ihr «Co-Working» dort noch weiter intensivieren. «Wenn schlaue Menschen zusammenleben, kommen andere Systeme heraus als heute in der Businesswelt», begründet Mitglied Philipp Walser. Zuerst muss die Gruppe aber ein neues Haus finden. Elana Andermatt blickt der Suche optimistisch entgegen: «Sie wird leicht, weil sie zu unserem Schicksal gehört.» Leon Zimmermann
Weitere Infos zum «Jupiterhaus» unter:
www.jupiterhaus.ch; Kontakt: elana@sensual-healing.ch, walser.philipp@gmail.com, b.baeumle@gmx.net