«Weihnachten ist ein Versprechen, ein Zeichen der Zuversicht»

Erstellt von Karin Steiner |
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Im «Küsnachter» erfreuen Andreas Cabalzars Weihnachtsgeschichten jedes Jahr in der Adventszeit die Leserschaft. Jetzt hat der ehemalige Erlenbacher Pfarrer ein Buch mit unterhaltsamen, Hoffnung verheissenden Geschichten rund um das Weihnachtsfest herausgegeben.

«Meine Geschichten sind nicht offensichtliche Weihnachtsgeschichten, aber sie spielen rund um Weihnachten an unmöglichen Orten und handeln von eigensinnigen Menschen», sagt Andreas Cabalzar. «Manchmal ist das Weihnachtsfest nur angedeutet – ganz zart, ein Hauch von Hoffnung, denn Weihnachten ist für mich ein Versprechen, ein Zeichen der Zuversicht.» So zum Beispiel in der Titelgeschichte «Giacomettis Hund», die von ­einem Nachtwächter handelt, der gemeinsam mit seinem Hund Giacometti in der Fondation Beyeler die Skulpturen von Alberto Giacomettis bewacht. Der Nachwächter und der berühmte Künstler zweifeln an ihrem Leben, verfallen in eine innere Lähmung. Giacometti zweifelte und verzweifelte an sich und seiner Arbeit, zerstörte jeweils abends, was er tagsüber geschaffen hatte. Aber jeden Morgen stand er auf mit der Überzeugung, es vielleicht heute zu schaffen. Dieses «heute vielleicht» ist es, welches in der Geschichte, aber auch im Leben von Andreas Cabalzar eine wichtige Rolle spielt.

Eingebettet in Kunst und Kultur

Er schreibe regelmässig Tagebuch und habe darin schon immer Geschichten aufgeschrieben, sagt der ehemalige Pfarrer. «Eine Predigt ist wie eine Geschichte etwas Persönliches, aber hier setzt die Bibel den Rahmen und die Theologie ist das Werkzeug für die Auslegung. In meinen Geschichten erhält die Fantasie ein freies Spielfeld.»

Seit zwei Jahren lebt Andreas Cabalzar in einem der Atelierhäuser am Waldrand von Gockhausen und fühlt sich hier sehr wohl. In diesen Häusern leben Kunst- und Kulturschaffende, und es finden regelmässig Anlässe und Ausstellungen statt. Auch Andreas Cabalzar und seine Partnerin veranstalten monatlich Tavolatas mit Lesungen, Diskussionen und Konzerten für geladene Gäste. «Ich bin in Gockhausen angekommen. Es ist eine kunstaffine Umgebung mit einem reichen Kultur­leben, das ich sehr geniesse.»

Aus der Literatur, der Malerei, der Musik erhalte er immer wieder theologische Impulse. «Gerade nach meinem Skiunfall vor fünf Jahren, der mich zu einem Leben im Rollstuhl zwang, schöpfe ich aus der Lektüre und dem Schreiben Kraft.»

Angesprochen auf sein Leben im Rollstuhl sagt er: «Bei allem Bereichernden, der neuen Aufgabe im Kulturhaus am Meisenrain, der Kulturarbeit, bleibt mein Alltag beschwerlich und oft von Einschränkungen und Schmerzen geprägt. Aber bei mir steht die Dankbarkeit, dass ich noch lebe, vor der Trauer, dass ich so leben muss. Jetzt bin ich gezwungen, gut für mich zu sorgen.»

Das Motto des Buches stamme übrigens von Leonard Cohen: «Das ist ein Riss, ein Riss in allem, das ist der Riss, durch den das Licht einfällt.» «Ich hoffe – weihnächtlich – täglich auf dieses Licht, das ‹heute vielleicht›, ‹trotz allem› in mein Leben scheint und mich stärkt. Denn heute bezeichne ich mich als glücklichen Menschen, der verwurzelt im Glauben, in der eigenen Geschichte und vielen Geschichten, den Klängen und Bildern und verbunden mit vielen Menschen leben darf.  Auch meine romanische Heimat findet Einlass im Buch, denn einige Geschichten spielen in der Surselva und der Lumnezia.

Wandel der Gesellschaft

Von seinem Haus aus sieht er auf Dübendorf hinunter, eine wachsende Stadt, in der immer mehr Hochhäuser die Skyline prägen. «Ich stelle mir vor, wer in diesen Häusern leben könnte, und schon ist wieder eine Geschichte geboren», erzählt Andreas Cabalzar. «Die Gentrifizierung, die hier stattfindet, ist auch in meiner alten Heimat Erlenbach zu beobachten. Zum Beispiel wurden Häuser an der Seestrasse, die günstigen Wohnraum boten, durch Neubauten ersetzt. Jetzt werden dort andere Leute einziehen. Diese Entwicklung führt zu einer Milieumonokultur, die sich auch auf das Gemeindeleben auswirkt. Es findet ein grosser Wandel statt. Wie weit ist man noch bereit, sich für die Gemeinschaft in der Kirche, in Vereinen, der Politik zu engagieren? Das sind neue Herausforderungen, mit denen sich mein Nachfolger in Erlenbach, Anders Stokholm, auseinanderzusetzen hat. Er ist mit seinen reichen beruflichen Erfahrungen in der Politik und im Gemeinwesen bestens gerüstet für diese Aufgabe. Ich freue mich sehr, dass er in Erlenbach wirken wird.»