Sie verschreiben sich dem «no flower waste»

Erstellt von Isabella Seemann |
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Am Valentinstag herrscht bei den Floristen Hochbetrieb. Das Küsnachter Unternehmerpaar Sascha Benz und Jessica Neef hat mit seinem Onlineshop Tom Flowers den Blumenkauf ganz neu gedacht.

Sascha Benz (35) und Jessica Neef (36) sind für den Sturm gewappnet. Der Valentinstag gehört neben dem Muttertag zu den arbeitsintensivsten Tagen des Floristenjahres. Die logistischen Herausforderungen sind für die beiden Küsnachter Online-Unternehmer enorm. Die Vorbereitungen beginnen bereits Wochen vorher, denn alles hängt von der richtigen Planung ab. 

Am 14. Februar, wie auch die Tage zuvor, werden sie in aller Herrgottsfrüh aufstehen, damit sie schon um fünf Uhr morgens in ihrem Studio im Industriegebiet von Schlieren auf die Ankunft der Lieferwagen warten können, welche die frischen Blumen aus aller Welt, von den europäischen Blumenbörsen oder den Gärtnereien aus der Umgebung, bringen. Dann zählt jede Hand. Auch die Inhaber, sonst zumeist mit der Entwicklung des Unternehmens beschäftigt, scheuen sich nicht, mit anzupacken. 

«Es ist ein sinnliches Gefühl, die Blumen in der Hand zu halten und zu Bouquets zu binden», freut sich Jessica Neef. Am Tag der Liebenden natürlich vorwiegend rote Rosen, aber auch rote Anemonen, für jene, die es unkonventioneller mögen, rote Tulpen, rote Lilien. Noch vor Mittag wird der grosse Sturm vorbei sein, die Blumenkuriere sind mit vollen Lieferwagen unterwegs zu den Empfängern. Und diese laden – wir befinden uns im Zeitalter der sozialen Medien – Bilder des in der Wohnung perfekt inszenierten Bouquets auf Insta und Co. hoch.

Angeregt durch einen Artikel

Das Küsnachter Unternehmerpaar hat den Onlinehandel mit Blumen neu gedacht. Bis dahin kannten sie die Blumenbranche nur als Kunden. Angeregt durch einen Zeitungsartikel, der der Frage nachging, weshalb Blumen so teuer sind und ein Drittel vor dem Verkauf auf dem Komposthaufen landet, begann Sascha Benz darüber nachzudenken – er kann nicht anders –, wie diese Probleme gelöst werden könnten. Er hatte sich, nach dem Abschluss in Banking and Finance und einigen Jahren Tätigkeit in der Finanzbranche, mit IT-Start-ups selbstständig gemacht und im E-Commerce Erfahrungen gesammelt und gelernt, wie man ihn erfolgreich betreibt. 

«Wir sind fasziniert von den Möglichkeiten im Onlinehandel und wir lieben Blumen», erklärt Jessica Neef, studierte Betriebsökonomin und zuvor im Digital-Marketing in der Modebranche tätig. Aber die Liebe zu Blumen reicht nicht aus, um sich auf dem umkämpften Markt durchzusetzen. Man muss auch gute Ideen haben. Und clever sein. Vor fünf Jahren gründeten sie den Online-Blumenservice Tom Flowers, der mit einem schlanken Team von 15 Angestellten zu einem der beliebtesten Online-Blumenservices herangewachsen ist und insbesondere an der Goldküste und in Zürich auf eine treue Stammkundschaft zählen darf.

Die clevere Idee, die zum Erfolg von Tom Flowers führt: Keine Zwischenhändler, keine Umwege, weder Ladengeschäft noch Lager, «no flower waste». Die Kunden bestellen schnell und unkompliziert im Onlineshop – oder lösen ein Abo. Der Onlineflorist beschafft die Blumen schnittfrisch auf den gewählten Liefertermin, möglichst direkt bei den Produzenten. 24 bis 48 Stunden nach Bestelleingang, je nach Region, überbringt der Kurier die frischen Blumen dem Empfänger, mitsamt Grusskarte, und macht noch ein Foto der gelieferte Blumen für den Auftraggeber. Die eingesparten Kosten spiegeln sich in den fairen Preisen ihrer Bouquets, die eingesparte Zeit wiederum in der längeren Lebensdauer der Blumen.

Nur immer ein Blumentyp

Nach dem Motto «Weniger ist mehr» bieten sie ausschliesslich Monobouquets an, bestehend aus nur einer Blumensorte. Das können sechs weisse Anthurien sein, zwanzig Grand Ranunkeln in zartrosa oder 600 rote Rosen, wie einst ein Herr aus Singapur seiner Herzensdame nach Genf liefern liess. «Dabei entfaltet sich die Schönheit und Ausdruckskraft einer Blume in ihrer ganzen Pracht», erklärt Jessica Neef. Ein Konzept, das Minimalisten ebenso begeistert wie Liebhaber von Opulenz. «Zudem», ergänzt Sascha Benz, «sind Monobouquets länger haltbar, da sich unterschiedliche Sorten nicht gegenseitig negativ beeinträchtigen können.»

Die Blumenauswahl ändert sich ständig. «Wir finden es spannend, mit den Jahreszeiten zu arbeiten.» So wie sich Gourmets auf die Spargel-, Erbeer- und Wildsaison freuen, so freuen sich die Floristen, wenn wieder die Zeit der Magnolien und Kamelien, der Pfingstrosen oder Hortensien beginnt. Im Trend liegt dieses Jahr in der Mode wie auch bei den Blumen die Farbe Lila, in allen ihren Schattierungen von Violett bis Lavendel. Jessica Neef hat den Anspruch, ihren Kunden nicht nur Blumen zu verkaufen, sondern ihnen auch Inspiration für das Interieur zu liefern. «Es ist doch ein ganz anderes Nachhausekommen, wenn man von Blumen empfangen wird.» Wer die beiden über das Binden von Blumen sprechen hört, versteht, dass Floristik gleichermassen Kunst und Handwerk ist.

Die beiden Blumenhändler haben auch die Tendenz beobachtet, dass sich die «Blumenbeziehungen» ausgeweitet haben. Neben romantischen Bekundungen oder zum Geburtstag verschenkt man Blumen heute vermehrt auch aus Dankbarkeit, aus Freundschaft, als Entschuldigung, zur Anteilnahme, als Aufsteller oder einfach so. Und man schenkt sich Blumen auch selber. Ein «Love Brand», nennt Sascha Benz ihr Blumen-Business, «ein Geschäft, das die Kunden mit Freude und uns mit Sinnhaftigkeit erfüllt.»