Viktor Baumgartner macht Führungskräfte in Sachen Kommunikation fit. Im Interview spricht der Küsnachter unter anderem über seine Erfahrung und über sein neues Buch «Die Kunst des Überzeugens».
Damjan Bardak
Viktor Baumgartner, nach einer Laufbahn in den Medien, haben sie 2001 ihre Firma Kernkomm gegründet, mit der Sie Führungspersönlichkeiten in ihrer Kommunikation helfen. Können Sie erklären, was ein Kommunikationstrainer ist und was Ihre Arbeit ausmacht?
Meine Kunden sind Führungskräfte, die innerhalb kurzer Zeit ein Resultat brauchen. Diese Personen haben entweder bald einen Auftritt, eine schwierige Verhandlung oder eine herausfordernde firmeninterne Situation, die sie bewältigen müssen. Mich engagieren sie, um dabei zu helfen, mehr Wirkung zu erzielen. Das mache ich analog zu einem Chirurgen, der einen Eingriff tätigt, indem ich direkt sage: «Machen Sie es so und sie erhalten dieses Resultat.» Ich pflege einen direkten Stil, passend zur Person, die ich trainiere. Kunden müssen dazu aus ihrer Komfortzone treten, was bewirkt, dass sie ihre Wirkung erhöhen.
Nun haben Sie diese Erfahrungen Ihrer Beratung in einem Buch zusammengefasst. Doch was hat Sie dazu motiviert, ein Buch zu schreiben?
Meine Kunden fragten mich immer wieder, was sie lesen könnten, um das, was ich vermittle, besser zu verstehen. Ich konnte ihnen nebst den gängigen Theorien, die alle kennen, kein Buch nennen. Somit beschloss ich, selbst ein Buch zu schreiben, in dem ich die Trainingssituationen abbilde, wie sie die Kunden bei mir erleben.
Auf der Rückseite Ihres Buches steht, dass es die Welt der Kommunikation eines Lesers verändern wird, wie es Martin Luther mit der katholischen Kirche gemacht hat. Wann sollte eine Führungskraft in Erwägung ziehen, Ihr Buch zu lesen, um ihre Sprache zu reformieren?
Dieser Satz kommt vom Verlag Goldegg. Dieser hatte die Absicht, das Buch knackig zu beschreiben. Ich verstehe diesen Satz als Versprechen, welches ich den Führungskräften abgebe, die sich von mir beraten lassen. Wenn diese Personen ihre Leute nicht erreichen, wenn sie merken, dass ihnen die Mitarbeiter nicht folgen, wenn sie merken, dass sie andere nicht motivieren können, dann braucht es Menschen wie mich, die helfen, in schwierigen Situationen mehr Wirkung zu erzielen. In Phasen der Verunsicherung, zum Beispiel einem Stellenabbau, Fusionen oder technischen Umwälzungen, braucht es Personen, die Führungskräften Sicherheit geben. Mein Buch ist die schriftliche Variante.
Ihr Buch besteht aus sieben Kapitel, die je eine Geschichte aus Ihren Beratungen beinhalten. Dazu verfasste der Wiener Autor Alexander Peer pro Kapitel eine historische Parallele, welche Ihre Geschichten mit prominenten Figuren wie Napoleon Bonaparte unterstützt. Wie funktionierte die Zusammenarbeit und wie koordinierten Sie sich als Duo?
Zuerst sind meine Geschichten entstanden und fortlaufend hat Alexander Peer die historischen Komponenten geschrieben. Die Beispiele habe ich gefunden und er hat sie umgesetzt. Das war gar nicht so einfach, da es viel Recherchearbeit benötigte. Jedoch finde ich, dass die sieben Situationen und die unterstützenden historischen Figuren ziemlich genau das abdecken, was ich in meinem Job mache. Zwei Kapitel mehr hätte es gut vertragen, aber die Zahl sieben ist eine magische Zahl. Diese sollte man einhalten.
Im ersten Kapitel erzählen Sie die Geschichte von drei Frauen, die in Wien Führungskräfte einer Firma sind. Die eine hält vor Ihnen einen Probevortrag und benutzt ständig das Wort «wir», während sie über die Ziele der Firma spricht. Sie entgegnen der Frau, dass sie den Gebrauch des Wortes «wir» unterlassen sollte. Weshalb sind solche scheinbaren Kleinigkeiten so entscheidend für Sie?
Das «Wir» spielt in der heutigen Zeit eine enorm wichtige Rolle. Wir leben in der Zeit der Inklusion, alle dürfen mitreden, man bildet Wir-Gemeinschaften, wodurch sich der Zeitgeist entwickelte, dass alle miteinander eine Unternehmung vorwärtsbringen. Doch seltsamerweise funktioniert das nicht in der Rhetorik. Die Leute schalten ab, wenn sie ständig «Gemeinsam wollen wir», «Miteinander müssen wir», «Wir haben das Ziel» hören. Führungskräfte erhalten eine andere Aufmerksamkeit, wenn sie vom «Wir» zum «Du» oder «Ihr» wechseln und zum Beispiel «Ich möchte euch alle auffordern, mit mir diesen Weg einzuschlagen» verwenden. Meine Kunden tun sich bisweilen schwer damit, weil sie irrtümlicherweise davon ausgehen, zu direktiv oder zu angriffig zu kommunizieren. Die Ängste sind unbegründet. «Wir» tötet die Aufmerksamkeit.
Sind Ihre Klienten denn skeptisch gegenüber Ihren Anweisungen?
Ich arbeite mit Leuten, die teilweise ein grosses Ego haben. Es sind Führungskräfte, die globale Unternehmen leiten, und diese lassen sich per se nicht gerne von einem Trainer herausfordern. Aber wenn sie merken, dass mein Zugang auf Augenhöhe erfolgt, dann funktioniert das sehr gut und sie finden Vertrauen. Mühe habe ich bisweilen mit Kunden, die gerne Führungskräfte wären, es aber eigentlich nicht sind. Mit den Top-Profis habe ich nie Probleme.
Sie arbeiten mit Führungspersonen von Firmen wie Bayer, Nestlé oder Novartis. Sind es denn nur diese «Top-Profis», wie Sie sie nennen, die von Ihrem Buch profitieren können?
Primär habe ich das Buch für alle geschrieben, die im Berufsalltag überzeugen müssen. Die Kommunikationstechniken sind vor allem für ambitionierte, junge Menschen, die Karriere machen wollen. Ich arbeite durchaus auch mit Personen, die nicht Top-Manager sind, wie Projektleitern oder Fachleuten. Solche Menschen liegen mir am Herzen, da ich ihnen mit meinem Buch die Augen öffnen möchte und zeigen will, was es braucht, um sich im Berufsalltag durchzusetzen. Es geht eben nicht nur um Wissen und Fleiss, sondern vor allem auch um wirkungsvolle Kommunikation.