Er trägt einen holländischen Namen, ist aber ein waschechter Zürcher. Im Seefeld aufgewachsen, lebt Leo den Hartog (40) seit sieben Jahren mit seiner Familie in Küsnacht. Der ETH-Ingenieur präsidiert die FDP Küsnacht. «Es gibt viele Leute im Dorf, die zufriedener sind, als man meint», ist er überzeugt.
Lorenz Steinmann
Seit März 2024 steht Leo den Hartog an der Spitze des Küsnachter Parteiablegers der FDP.Die Liberalen, vorher war er drei Jahre Vize und Finanzchef. Zeit also, sich mit Leo den Hartog zu unterhalten. Wir treffen den 40-Jährigen in der Lobby des Hotels Sonne. Es ist ein nicht allzu grosser Raum mit drei Sesselgruppen im schon seit 1641 bestehenden Gasthaus und heutigen historischen «Romantic-Hotel». Den Hartog lacht und sagt: «Ich bin schon manchmal in der ‹Sonne›, aber genauso gut gefallen mir einfachere, bodenständige Restaurants.» Der ‹Oxen› etwa sei tipptopp. Nicht mehr ganz so urchig wie früher aber immer noch mit guten Mittagsmenüs. Toll hier in der ‹Sonne› sei die Nähe zum See und der Take-away draussen. «Wir haben in Küsnacht eine nach wie vor reichhaltige Gastroauswahl, und das ist gut so», urteilt der zweifache Familienvater. Er ist im Seefeld in Zürich aufgewachsen, nachdem sein Vater berufshalber von den Niederlanden in die Schweiz zog. Nach dem ETH-Studium und der Heirat mit einer gebürtigen Oltnerin ist er hierher gezügelt. Den Hartog wohnt an der Oberwacht, in der Nähe des Feuerwehrgebäudes. «So erreiche ich viele Orte zu Fuss, am Abend baden gehen etwa ist toll.»
Der Sonova seit 17 Jahren treu
Auch zur Arbeit hat der ETH-Elektroingenieur nicht sehr weit. Er ist schon seit 17 Jahren beim Sonova-Weltkonzern in Stäfa tätig. Dort arbeiten zurzeit gut 1000 Personen für den Konzern. «Ich war bereits Praktikant dort während meines Studiums», erzählt den Hartog. Sonova, das ist das bis 2007 Phonak genannte Unternehmen mit weltweit total über 18 000 Angestellten. Sonova ist Teil des Swiss Market Index an der Börse und eine der grössten Schweizer Industriefirmen mit Hauptsitz im Kanton Zürich. Neuerdings gehört zum auf Audiotechnik (vor allem Hörgeräte) spezialisierten Unternehmen auch die Marke Sennheiser mit seinen berühmten Kopfhörern. Den Hartog und sein von ihm geführtes 30-köpfiges Team sind bei der Sonova verantwortlich für die Zuverlässigkeit der Hörgeräte. «Eine Schnittstellenfunktion zwischen Entwicklung, Herstellung und Marketing», so das Mitglied des Hörgeräte-Leadership-Teams. «Ich war lange im Sonova-Marketing tätig, jetzt finde ich diese Schnittstelle lässig, weil ich die Brücke schlagen kann zwischen den verschiedenen Abteilungen.»
Eine gesunde Mischung
Tatsächlich wirkt den Hartog nicht unbedingt wie ein klassischer, eher rational-kühler Ingenieur, sondern ist kommunikativ und offen. Er lacht und sagt, ja, er sei eine gesunde Mischung. «Ich interessiere mich für vieles und kann gut Sachen verknüpfen.» So engagiert er sich privat bei einem Start-up, der neue Lösungen anbietet gegen Infektionen in den Spitälern. «Eine coole, junge Firma, die Aseptuva heisst. Mittels UV-Licht werden Öffnungen von Herzkathetern desinfiziert.» Das sei viel einfacher als die herkömmliche Methode, wo man die Katheter rausnimmt und herkömmlich sterilisiert. «Das ist immer eine Infektionsgefahr, weil es eine offene Wunde ist», weiss den Hartog. «Anderen Leuten helfen», das sei das, was ihn interessiere. Plus natürlich die Politik, lokal bis international. Und damit nähern wir uns den Hartogs politischem Engagement, das durchaus eng mit seinem beruflichen Engagement zusammenhängt. So findet er mit seiner privatwirtschaftlichen Erfahrung den Wirtschaftsstandort Kanton Zürich nach wie vor gut. «Vor allem um Talente anzuziehen, ist der Kanton top.» Das sei aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Die Abstimmung im Mai etwa über die Änderung des Steuergesetzes sei enorm entscheidend. Konkret geht es darum, ob der Steuersatz auf Firmengewinne von 7 auf 6 Prozent gesenkt werden soll. Etwas, was linke Parteien und die Städte Zürich und Winterthur gar nicht gut finden.
Seine Rolle gefällt ihm
Und damit definitiv zur Politik. Für Leo den Hartog ist die FDP die passende Heimat, unter anderem, weil diese Partei Rahmenbedingungen schaffe, damit grosse Firmen weiterhin gute Voraussetzungen antreffen im Kanton. «Mir gefällt die jetzige Rolle als Parteipräsident und Delegierter für den kantonalen FDP-Ausschuss bestens», sagt den Hartog. Eingetreten in die FDP und in den Vorstand ist er praktisch zeitgleich vor sieben Jahren, als er von Zürich hierherzog. Seit 11 Monaten nun ist er Parteipräsident der FDP Küsnacht.
Parteipräsident. Ist das nicht ein undankbarer Job, der vor allem viel Arbeit gibt?
Nein, das ist mega lässig. Ich finde, eher die Exekutive, in unserem Dorf also der Gemeinderat, hat einen undankbaren Job. Er arbeitet sehr gut und steht trotzdem oft in der Kritik. Dabei funktioniert Küsnacht bestens, es ist ein gutes Dorf. Es hat gute Projekte wie die KEK und das neue Feuerwehrgebäude, wo es wenig Dank gibt für die Exekutive.
Sehen Sie dieses Amt trotzdem als eine Art Sprungbrett für Ihre politischen Ambitionen?
Eines Tages kann ich mir schon ein Amt vorstellen, aber das geht in Richtung der Zeit der Pensionierung. Also in 20 oder 25 Jahren. Das macht mein Amt also sehr angenehm, weil es eben keine Ochsentour ist. Ich kann Sachpolitik betreiben. 2050 schauen wir das dann nochmals an. (lacht). Diese Voraussetzung macht das Amt viel angenehmer. Mir geht es darum, sinnvolle Lösungen zu finden.
Was macht das Amt denn aus für Sie?
Ich habe gerne eine Schnittstellenfunktion, wie bei meinem Job. Das liegt mir und ich mache es gerne. Du siehst, wie die Schweiz funktioniert. Ich möchte mich engagieren für das Dorf, wie viele Küsnachterinnen und Küsnachter es auch tun, in den vielzähligen Vereinen und in der Freizeitanlage «Frezli».
Braucht das nicht enorm viel Zeit?
Eigentlich nicht. Ich arbeite 100 Prozent. Es ist eine Frage, wie man es macht. Es geht gut aneinander vorbei, auch dank der Unterstützung der Familie.
Was sind die wichtigsten lokalen Themen für die FDP?
Wichtig ist für uns FDPler und FDPlerinnen ein liberaler Staat und ein guter Finanzhaushalt. Steuern sind gut, wenn man damit etwas Sinnvolles machen kann, aber sicher keine Steuern auf Vorrat. Das ist in Küsnacht ja immer eine Diskussion.
Und noch konkreter zu den Themen?
Wir haben ein schönes Dorf, aber es muss noch lebhafter werden. Wir haben Läden, wir haben Restaurants. Es läuft. Aber es braucht mehr Gewerbeflächen, dafür wollen wir uns einsetzen. Gut finde ich auch die Initiative, den Parkplatz bei der Alten Landstrasse tiefer zu legen und oben Wohnungen zu bauen. Im Erdgeschoss soll es aber unbedingt Gewerbe geben. Eine unserer Kernaufgaben ist zudem eine funktionierende Schule und ich meine damit die öffentliche Schule. Ein Grossteil geht immer noch dort zur Schule.
Ihre beiden Kinder auch?
Ja, es ist sehr gut dort, wie ich es empfinde. Die FDP kann ihren Betrag leisten mit kompetenten Schulpflegerinnen und Schulpflegern. Die Schule Heslibach steht zur Diskussion. Ich finde das Projekt gut. Wir wollen Schulraum in guter Qualität zur Verfügung stellen, nicht irgendwo in einem Untergeschoss. Dann soll der Verkehr funktionieren, alle sollen aneinander vorbei kommen. Undankbar ist für den Gemeinderat, dass für einen Teil der Strassen der Kanton zuständig ist. Wir setzen uns einfach ein, wo es rechtlich möglich ist, etwa beim 918er-Bus. Wir wollen diese Buslinie behalten. Oft ist ein Kompromiss undankbar. Ein Drittel will mehr, ein Drittel will weniger. Selten ist eine Mehrheit für den Kompromiss.
Aber ist der Kompromiss nicht etwas Urschweizerisches?
Doch, genau. Und für den Kompromiss stehen wir als FDP. In einem Dorf wie Küsnacht ist man mit dieser Haltung immer etwas im Sandwich. Aber ich will mich nicht beklagen! Ich stehe ein für den Kompromiss, und zwar immer mit einem anständigen Ton. Gegen etwas sein ist immer einfach, sich für etwas einzusetzen, ist viel schwieriger, aber wertvoll. Das sage ich auch meinen Kindern. Auf Personen zielen gefällt mir nicht, auch nicht in Leserbriefen etwa im «Küsnachter». Sonst wird ein Exekutivamt zu undankbar. Es hat viele Leute im Dorf, die zufriedener sind, als man meint. Das spürt man bei Abstimmungen oder bei Standaktionen, wenn man mit den Leuten redet. Zufrieden sein ist oft etwas leises. Kritik ist in Küsnacht oft sehr laut.
Untersuchungen zeigen, dass man nicht dauernd nur Negatives in den Medien lesen will.
Das verstehe ich. Wichtig ist, Themen unparteiisch anzugehen. Zu allem gibt es zwei Meinungen, diese muss man abbilden, wieder der gutschweizerische Kompromiss.
Konkret noch eine letzte Frage zum Projekt Hörnli am See. Wie ist da Ihre Haltung?
Unser Seeanstoss ist ein extrem wertvolles Gut. Das wollen wir weiter ausbauen und nützen. Das Hörnli ist eine tolle Chance dafür. Auch, dass die öffentliche Zugänglichkeit bleibt. Der See ist einer der Gründe, warum ich hierher gezogen bin. Was wir aber nicht können als Gemeinde, zehn Grossprojekte gleichzeitig anreissen. Das macht der Gemeinderat gut. Sonst stellt man viele Leute ein, die nachher keine Aufgabe mehr haben, wenn die Projekte durch sind. Mit solchen Wellen würde man der kommenden Generation einen undankbaren Job hinterlassen, weil dann wieder alles in Wellen saniert oder ersetzt werden muss. Das gilt etwa für Schulen, wenn man drei Bauten gleichzeitig erstellen will. Dazu führen wir noch zu wenige Diskussionen und Abwägungen, wie man alles plant. Im Sinne von: Wollen ja, aber was allenfalls später? Die Frage ist also weniger ja oder nein, sondern wann.
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Nachgefragt
«GCK vs. Olten sind Familienderbys»
GCK Lions oder ZSC Lions?
Ganz klar GCK Lions. Unser grösserer Sohn (9) spielt dort Eishockey. Wir gehen regelmässig an die Spiele. Schade ist höchstens, dass die Fanbase etwas dünn ist. Unaufsteigbar hilft sicher nicht und die Nähe zu Zürich ist auch ein Nachteil. Unsere Familienderbys sind übrigens GCK Lions gegen Olten, weil meine Frau aus Olten stammt.
Engadin oder Malediven?
Weder noch. Arosa. Ich fahre für mein Leben gern Ski. Ich bin mit meiner Familie oft oben in diesem ruhigen Ort ohne Durchfahrtsverkehr. Das ist unser zweites Zuhause.
Klassik oder Rock?
Eher Rock. Es muss etwas laufen in der Musik. Aber Musik interessiert mich definitiv nicht am meisten. Ich fahre lieber Ski oder spiele Golf, grilliere gerne, und dann spiele ich noch Poker. Das ist meine Leidenschaft, hin und wieder mache ich an einem Online-Turnier mit. Im Vergleich zur Konkurrenz ist mein Niveau aber gesunken die letzten 20 Jahre (lacht). Aber es ist eine spannende Mischung zwischen Rechnen, Gedächtnis und Menschen einschätzen. (ls.)
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Beginn einer losen Serie mit Parteipräsidenten
Mit diesem Artikel startet der «Küsnachter» die Serie mit Parteipräsidentinnen und Parteipräsidenten. Den Start macht Leo den Hartog aus Küsnacht. «Seine» FDP hat in der Küsnachter Exekutive aktuell die absolute Mehrheit. Vier Personen des siebenköpfigen Gremiums gehören der FDP an.