Das Elektrofahrzeug Microlino aus Küsnacht schafft die Nominierung für den Green Business Award. Mit dem kleinen Zweisitzer wollen die Erfinder und Brüder Merlin und Oliver Ouboter die Zukunft der Mobilität prägen.
Er passt in fast jedes Wohnzimmer, kann an einer Haushaltssteckdose aufgeladen werden und stösst somit bei der Fahrt kein CO2 aus. Der Microlino aus Küsnacht will es mit Tesla und Co. aufnehmen. Gründer sind die Brüder Merlin und Oliver Ouboter, Söhne von Wim Ouboter, dem Erfinder des Micro Trottinetts.
Mit ihrem E-Flitzer haben die Gebrüder Ouboter die Nominierung für den Green Business Award geschafft. Bei über 30 000 Reservationen und bis Ende Jahr geplant 4000 produzierten Fahrzeugen stehen die beiden vor dem ganz grossen Sprung. Doch bis dahin war es ein langer Weg.
Vom Scooter zum Elektrofahrzeug
Streng genommen nahm alles im Jahr 1997 seinen Anfang, als Vater Wim Ouboter das Micro Trottinett auf den Markt brachte. Er startete damit einen Boom, der sich als Millionengeschäft herausstellen sollte und heute das Fundament für Microlino bildet.
Die Idee für das E-Auto entsprang einer Frage, die sich die Ouboters schon länger stellten: «Wie viel Auto braucht man wirklich für die tägliche Mobilität?» Sie kamen zum Schluss, das herkömmliche Auto sei zu gross und zu schwer. Die Vision für den Microlino war geboren.
Kleiner als ein Auto und grösser als ein Motorrad: Mit diesen Vorgaben entwickelten sie 2015 gemeinsam mit Studierenden der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) einen Prototyp. Diesen galt es einem Publikum vorzustellen. «In letzter Minute konnten wir noch einen Platz am Genfer Salon ergattern. Die positive Resonanz ermutigte uns, dranzubleiben», erzählt Merlin Ouboter. Die beiden Brüder haben grosse Fussstapfen auszufüllen, doch davon lassen sie sich nicht unter Druck setzen. «Wir sehen es als spannende Herausforderung und Privileg, an solch einem Projekt arbeiten zu dürfen», sagt Ouboter. Die Dimensionen des Microlino mit denen der Micro Scooter zu vergleichen sei aktuell kaum möglich.
Microlino ist kein Auto
Der kleine Flitzer hat Platz für zwei Personen sowie die Tageseinkäufe und kann nach vier Stunden Ladezeit bei einer Höchstgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde 230 Kilometer weit fahren. Dennoch wird er nicht als Auto klassifiziert. Der Microlino gehört der Kategorie L7E an, wird also mit einer Motorradnummer versehen, benötigt zum Lenken allerdings einen Auto-Führerschein.
Die Batterie ist mit zwischen 6 und 14 Kilowattstunden nur einen Bruchteil so gross, wie die eines Teslas und verspricht eine garantierte Laufzeit von sechs Jahren. Die Entsorgung von Elektrobatterien ist den Brüdern ein bekanntes Thema: «Das Recycling von Elektrobatterien ist noch nicht optimal, aber es verbessert sich stetig. Bis wir die ersten Batterien wieder zurückerhalten, wird sich im Recycling noch einiges tun.»
Hergestellt werden die Microlinos in Turin, Italien. Das hat mehrere Gründe. Etwa die Automobilbaugeschichte der Stadt und damit das vorhandene Netzwerk, verkürzte Lieferzeiten und bessere Qualitätskontrolle. «Unsere Zielgruppe sind Autofahrende in Europa. Deshalb macht es nur Sinn, auch in Europa zu produzieren», sagt Oliver Ouboter. So beschäftigen die Brüder insgesamt 70 Mitarbeitende in Italien und 10 in der Schweiz. Kaufen kann man den Microlino online, der Vertrieb läuft mit lokalen Partnern wie der Noviv, einer Tochtergesellschaft der AMAG.
Produktion verdoppeln
Die Nominierung für den Green Business Award ist für die Ouboters eine Ehre und Anerkennung. Denn sie haben es unter die besten fünf geschafft. «Schaut man sich die letzten Gewinner an, freut es uns sehr, potenziell auch dazuzugehören», so Ouboter. Im September werden die Top 3 von der Jury bekannt gegeben.
Für den Erfolg der beiden Küsnachter spricht nicht nur die Nominierung, sondern auch die aktuellen Zahlen. Bisher wurden in der Schweiz 300 Fahrzeuge ausgeliefert und Tausende Kunden in ganz Europa sind auf der Warteliste. Die grösste Herausforderung zurzeit ist es, die Produktion hochzufahren, von 10 auf 20 Fahrzeuge pro Tag. «Das ist ein komplexer Prozess. Denn gleichzeitig wollen wir auch die Produktionskosten senken», erklärt Merlin Ouboter.
Die Brüder blicken positiv nach vorne. In naher Zukunft sollen die Investitionskosten wieder zurückfliessen und Microlino erste Gewinne abwerfen. Und langfristig könnte der Markt sogar weltweit erschlossen werden. Ein zweiter potenzieller Produktionsstandort wären die USA oder Mexiko.