Tina Turner war unsere Nachbarin. Ihr Tod traf mich mitten in der Vorbereitung meiner Pfingstpredigt.
Noch nie sah ich so viele Menschen vor dem Pfarrhaus die Seestrasse entlanglaufen. Küsnacht als Pilgerort?
Vor Jahrhunderten war das so. Da galt die Kirche am Dorfplatz als Kraftort. Und heute? Die Pilgernden lassen die Kirche links liegen, gehen zielstrebig zur Villa von Tina.
Ich fragte mich: Verändert die weltweite Trauer um Tina die Wahrnehmung des Pfingstgeistes? Die Frage liess mich nicht los.
Ich weiss, sie war Buddhistin. Doch ihre Gesangskarriere begann sie im Kirchenchor, aufgewachsen war sie als Baptistin. Was war die Spiritualität von Tina Turner?
Ich lud mir ihr Buch «Happiness: Mein spiritueller Weg» auf meinen Reader. Und begann zu lesen: «Spiritualität ist nicht an eine bestimmte Religion oder Philosophie gebunden», schreibt sie. Diese Einsicht faszinierte mich. Mir wurde klar: Ich muss meine Pfingstpredigt neu schreiben. Ich will die Worte zum Geist in der Bibel mit den Worten zum Spirit von Tina in Beziehung setzen.
Ich lese weiter: Der heiligste Ort sei nicht die Kirche, die Moschee oder der Tempel, sondern unser Körper: Dort wohne der Geist. Ich bin beglückt. Ja, das brauchen wir: Einen Geist, den wir immer bei uns haben. «Das Reich Gottes ist in uns», zitiert Tina dafür sogar die Bibel.
Ja, das ist Pfingsten. Gerade jetzt, in diesen unsicheren Zeiten. Doch wie bekommen wir einen solchen Geist?
Ich blättere weiter in der Bibel und im Buch von Tina.
Da springt mir ein Satz von Tina in die Augen. «Ich möchte, dass du dein Herz und deinen Verstand öffnest, deinen Geist erneuerst mit Hoffnung, Mut und Mitgefühl und dass du die Welt veränderst, indem du dein Leben änderst.» Das ist es.
Im Gottesdienst mache ich ihren Aufruf zur Geisterneuerung zu meinem: «Ich erneuere meinen Geist mit Hoffnung, Mut und Mitgefühl.
Indem ich mich verändere, kann ich die Welt verändern.»
Das wird mir zum Pfingst-Mantra.
Küsnacht als Pilgerort? Warum nicht.
Danke, Tina.