Ryan Huber, Schüler am Gymnasium Hottingen, hilft jeden Mittwoch für eine Stunde in der Martin Stiftung in Erlenbach aus. Total 60 Stunden ist der Erlenbacher während des zweiten Jahres seines Profils Wirtschaft und Recht im Einsatz.
Damjan Bardak
Üblicherweise drückt Ryan Huber die Schulbank und ist mit dem Prüfungsstress konfrontiert. Nicht so an den Mittwochen seines zweiten Schuljahres am Gymnasium Hottingen. Nun findet man den 17-jährigen Erlenbacher nämlich in seinem Wohnort bei der Martin Stiftung wieder, wo 170 Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung leben und arbeiten. Dort betreut er in einer Wohngruppe ältere Menschen, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind.
Ryan Huber gehört zu den Schülern des Profils Wirtschaft und Recht, die zusätzlich noch den Akzent im Bereich Ethik und Ökologie gewählt haben. «Zu diesem Akzent gehört die praktische Erfahrung, welche die Schülerinnen und Schüler in Feldern absolvieren, die von hoher gesellschaftlicher Relevanz sind», sagt Kaspar Gysel, Geschichts- und Philosophielehrer am Gymnasium Hottingen und Einsatzleiter von Ryan Huber während dessen Sozialeinsatz.
Insgesamt 60 Stunden stehen die Schülerinnen und Schüler im Einsatz in Altersheimen, Institutionen und Sprachschulen, wo sie Benachteiligten helfen. Bewerben müssen sich die Schüler bei den Stellen selbst. Allerdings werden im Jahr vor den Einsätzen alle Angebote vorgestellt, wodurch auch Ryan Huber seine Entscheidung traf. Neben dem Vorteil, dass er selbst in Erlenbach wohnt, empfand der Schüler die Präsentation der Martin Stiftung als anziehend und entschied für einen Sozialeinsatz bei ihnen.
Praktische Erfahrungen sammeln
Kaspar Gysel begrüsst dieses Angebot des Gymnasiums Hottingen. Die Gymnasiasten würden lernen, in einem Bereich Verantwortung zu übernehmen, mit dem sie sonst unwahrscheinlich in Kontakt kämen. Gemeinsam mit der betreuenden Lehrperson, die Ryan einmal in seinem Einsatz besucht, wird der Sozialeinsatz am Ende des zweiten Jahres ausgewertet.
Nebst der praktischen Erfahrung sammeln die Schülerinnen und Schüler Kenntnisse in allen Fächern durch Exkurse im Bezug zur Ethik und Ökologie. In Physik beschäftige man sich mit Energiefragen, in Geschichte mit politischer Ethik und in der Biologie mit Ökologie, sagt Gysel.
Seit zwanzig Jahren bietet das Gymnasium Hottingen diese Vertiefungsmöglichkeit an und erhält in den obligatorischen Erfahrungsberichten der Schüler mehrheitlich positive Rückmeldungen. «Viele, die den Akzent durchführten, äussern an Ehemaligen-Veranstaltungen, dass ihnen die Erfahrungen fürs Leben geholfen hätten.» Auch Ryan Huber meldet bereits nach 12 Einsätzen von seinen positiven Erfahrungen.
Ältere Menschen betreuen
Um 14 Uhr betritt Ryan Huber jeden Mittwoch die Martin Stiftung und begibt sich zur Wohngruppe «Montana», einer Abteilung, in der ältere Menschen mit verschiedenen Behinderungen wohnen, die rund um die Uhr betreut werden müssen. Der Wohngruppenleiter Klaus Zirker erklärt, dass Ryan Huber sich die Station auswählen durfte und sich gezielt für die Betreuung von älteren Menschen entschied.
«Mich nahm es wunder, wie der Alltag von älteren Bewohnerinnen und Bewohnern aussieht», sagt der Maturand. In der ersten halben Stunde seines Einsatzes verweilt Ryan Huber zusammen mit den «Montana»-Bewohnern in dessen Gemeinschaftsraum. Dort hören die Seniorinnen und Senioren zusammen Musik, schauen Filme oder unterhalten sich. Dadurch lernte Ryan Huber die Bewohner mit der Zeit besser kennen und ihm fiel auf, dass diese gar nicht so anders sind als er selbst. Auch sie lachen über lustige Filme und entspannen gerne zu Musik. «Sie sind irgendwie gleich wie ich. Sie brauchen einfach die Unterstützung anderer», sagt der Schüler.
Um halb drei beginnt die Tagesstruktur, wobei die Seniorinnen und Senioren mit ihren Aktivitäten im Atelier beginnen. Dort können sie puzzeln, lesen, Gemeinschaftsspiele spielen und musizieren. Ryan bietet den Seniorinnen und Senioren Gesellschaft und packt auch selbst an. Mit dem Bewohner Charlie meistert er so Woche für Woche kleine Aufgaben wie das Bauen von Kisten mit Dübeln.
Am Ende seiner Schulzeit erhält Ryan Huber ein zusätzliches Zeugnis, das seine Durchführung des Akzents Ethik und Ökologie und den entsprechenden Sozialeinsatz verifiziert. Huber: «Für mich ist das eine bedeutende Erfahrung und ein Kontrast zum sonst so theoretischen Schulunterricht.»