Die Zürcherin Pascale Walker ist eine erfolgreiche Schweizer Ruderin und trainiert seit Jahren für ihren Traum. Die 28-Jährige, die intern auch als «Team-Mami» bezeichnet wird, will es endlich auf die ganz grosse Bühne schaffen und an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen.
Fünf Tage die Woche ist Pascale Walker von 7 bis 18 Uhr beruflich unterwegs. Was nach einer gewöhnlicher Arbeitswoche klingt, sieht bei der 28-jährigen Zürcherin in Wirklichkeit ganz anders aus. Die Arbeitszeit sitzt sie nämlich nicht im Bürostuhl ab, sondern auf dem Ruderboot. Das Leben als Spitzensportlerin ist nicht ohne.
«Man muss schon viel zurückstecken», sagt Walker. Dienstag bis Samstag verbringt die Profiruderin im Haus des Schweizer Rudersports in Sarnen im Kanton Obwalden. Sie übernachtet dort in einem der zahlreichen Zimmer und hat tagsüber einen strukturierten Tagesablauf. Als sie 2016 ins Elite-Kader aufgenommen wurde, hat sie das Rudern zu ihrem Hauptberuf gemacht.
Am Sonntag und Montag lebt Walker in ihrer Wohnung in Wollishofen, doch viel Freizeit bleibt ihr nicht. Schliesslich trainiert sie montags jeweils in ihrem Stammverein, dem Ruderclub Zürich, und arbeitet sporadisch noch im Blumenhaus Wiedikon, dem Laden ihrer Eltern. Das lässt nur noch den Sonntag als Ruhetag übrig. «Meine Freunde sehe ich eher selten», gesteht Walker ein. Doch all die Mühen sind es ihr wert, denn sie steht kurz davor, ihren grossen Traum zu erfüllen: die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Sie finden diesen Sommer, vom 26. Juli bis 11. August, in Paris statt.
Im vergangenen September legte sie als Teil des Schweizer Frauen-Doppelvierers die dafür notwendigen Voraussetzungen. Im Doppelvierer sitzen vier Frauen mit je zwei Rudern, den sogenannten Skulls. Das Quartett holte sich an der Weltmeisterschaft in Belgrad den vierten Platz und sicherte sich so ein Ticket für Olympia. Garantiert ist Walkers Teilnahme in Paris aber noch nicht. «Es sind nicht diejenigen Frauen qualifiziert, die bei der Weltmeisterschaft im Boot sassen, sondern das Boot ist qualifiziert», erklärt Walker.
Interne Selektion entscheidet
An den Olympischen Spielen ist das Schweizer Boot im Frauen-Doppelvierer also sicherlich vertreten. Wer aber dort drinsitzen wird, entscheidet sich erst nach einer internen Selektion, den sogenannten Trials, die im März dieses Jahres stattfinden.
Doch ist das nicht unfair für jene Frauen, welche die Qualifikation damals gemeistert hatten? Walker gibt sich diplomatisch: «Schlussendlich ist das Ziel der Schweiz, den schnellsten Doppelvierer zu schicken. Es ist halt möglich, dass sich jemand zwischen der Qualifikation und den Olympischen Spielen verschlechtert oder dass jemand Neues durchstartet.»
Auch wenn der Druck dadurch extrem hoch sei, zeigt sich Walker gelassen. «Es sieht momentan gut aus», sagt sie mit einem Lächeln. Individuell vorbereiten kann sie sich nicht gross, denn das gesamte Elite-Kader orientiert sich nach einem vorgegebenen Trainingsplan. «Dieser ist exakt gleich. Mit 28 Jahren ist Pascale Walker eine der ältesten Ruderinnen im Elite-Kader der Frauen und sehnt sich deshalb umso mehr nach ihrer Olympia-Premiere. In ihrer Kategorie, dem Schwergewicht, mangelte es bei den Frauen lange an leistungsstarkem Nachwuchs.
Mit dem WM-Sieg der U23-Frauen 2021 wurden vier neue Athletinnen in die Profimannschaft befördert, mittlerweile sind es insgesamt acht. «Auch wenn etwas spät, ist es für mich toll, dass das Team gewachsen ist», sagt Walker. Das ist nachvollziehbar, weil diese Entwicklung nun Walkers Olympia-Traum ermöglichen könnte.
«Regatta des Todes»
Bereits 2021 bemühte sich die Zürcherin gemeinsam mit den Nachwuchsathletinnen um eine Olympia-Qualifikation im Doppelvierer. An dem von den Ruderinnen als «Regatta des Todes» bezeichneten Ausscheidungskampf traten all jene Nationen an, die sich noch nicht über die Weltmeisterschaft für Olympia qualifiziert hatten. Nur den zwei Bestplatzierten winkte ein Ticket. Ein Covid-Fall in der Schweizer Mannschaft liess die Hoffnungen jedoch platzen, man durfte nicht einmal antreten. Umso grösser ist die Erleichterung im Team, dass man sich diesmal bereits über den Weltcup qualifizierte.
Leaderrolle im Team
Der Altersunterschied zwischen Walker und ihren Kolleginnen, die mindestens vier Jahre jünger sind, hat auch einen Einfluss auf die Konstellation. Aufgrund ihrer Erfahrung übernimmt die Leistungsträgerin eine gewisse Leaderrolle innerhalb des Teams, sie wird «Team-Mami» genannt. «Wenn sich meine Kolleginnen über etwas unsicher sind oder es verschiedene Meinungen gibt, dann wenden sie sich oft an mich», erzählt Walker. «Das, was ich sage, hat dann auch viel Gewicht, aber schlussendlich sind alle im Boot gleichgestellt», fügt sie hinzu.
Für die Olympischen Spiele hat sich das «Team-Mami» den Einzug ins A-Finale als Ziel gesetzt – und keine Medaille. «Ich setze lieber tiefere Ziele und überrasche mich dann selber. Ich glaube aber fest daran, dass wir eine Medaille holen können», so Walker. Erst liegt ihr persönlicher Fokus allerdings auf den Trials, wo sie sich ihren eigenen Olympiaplatz noch «errudern» muss.
Zur Person
Pascale Walker (28) ist in Wiedikon aufgewachsen. Mit 13 Jahren begann sie zu rudern und schloss sich dem Ruderclub Zürich an. Seit ihrer Beförderung in das Elite-Kader vor knapp zehn Jahren konnte Walker einige grosse Erfolge verbuchen, darunter den 1. Rang an der U23-EM (Einer), mehrere Goldmedaillen an den Schweizer-Meisterschaften (Doppelvierer, Doppelzweier, Einer) und der Gesamtweltcupsieg 2023 (Doppelvierer).
Weitere Informationen findet man unter www.pascale-walker.ch.