Knapp, nämlich mit einem Ja-Plus von 42 Stimmen bei total über 2000, haben die Küsnachter und Küsnachterinnen der Auslagerung des Alters- und Gesundheitsbereichs in eine gemeinnützige AG zugestimmt.
Susanna Schubiger kann aufatmen. Seit über einen Jahr warb die Gesundheitsvorsteherin für die gemeinderätliche Vorlage, das Gesundheitsnetz in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft (gAG) auszulagern. Nun hat das Volk entschieden: Mit 50,5 Prozent Ja- zu 49,5 Prozent Nein-Stimmen bei einer Stimmbeteiligung von 50,66 Prozent war es für die Vorlage. Das war äusserst knapp. Die Umwandlung erfolgt nun per 1. Januar 2024.
Freude und viel Arbeit
«Ich bin in grosser Freude über das Resultat», sagt Schubiger (GLP) auf Anfrage. «Ich nehme es aber auch ernst, dass fast die Hälfte der Bevölkerung Angst hatte vor dieser technischen Vorlage, die schwer zu verstehen ist.» Nun gelte es, Taten folgen zu lassen. Es brauche aber seine Zeit, bis erste Resultate vorlägen. Oberstes Ziel sei dabei, die Qualität der heutigen Pflege und Betreuung zu erhalten, und dies doch unter einem steigenden Druck, der auf dem heutigen Gesundheitswesen läge. «Gerade mit der jetzt legitimierten Ausgliederung in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft werden wir das Gesundheitsnetz Küsnacht für die laufenden Veränderungen im Gesundheitswesen optimal aufstellen können.» Und dies – wie die Gesundheitsvorsteherin überzeugt ist – «bei mehr Transparenz und Mitsprache für die Bevölkerung als jetzt». Der Geschäftsbericht werde einmal im Jahr der Gemeindeversammlung zur Annahme oder Ablehnung vorgelegt, betont sie nochmals, und anschliessend an der Aktionärsversammlung der nicht gewinnorientierten AG – die Gemeinde bleibt im Vollbesitz der Aktien – dem extern gewählten Verwaltungsrat zur Umsetzung zugetragen. «Das ging in der Polemik der Gegner unter: Die Bevölkerung hat einen direkten Einfluss und vor allem mehr Einsicht», ist Schubiger überzeugt.
Geholfen für das Ja an der Urne hat in den Augen der Gesundheitsvorsteherin, dass die Bevölkerung und Parteien von Anfang an partizipativ in die definitive Ausgestaltung der Vorlage eingeschlossen wurden – Schubiger organisierte im vergangenen Jahr viele Hearings, reduzierte ihr Arbeitspensum gar und investierte laut eigenen Aussagen zeitweise bis zu 80 Prozent ihrer Zeit. «Wir haben viel angepasst im partizipativen Prozess und sind damit den verschiedenen Parteien und der Bevölkerung entgegengekommen.» Bis Ende Jahr gebe es jetzt aber noch genauso viel zu tun. Als Nächstes wird nun ein Beirat aufgestellt, mit maximal zehn Küsnachterinnen und Küsnachtern. «Die Suche läuft über eine öffentliche Ausschreibung und die Auswahl der Beteiligten obliegt der Alters- und Gesundheitskommission.» Eine externe Personalfirma wiederum sei für die Rekrutierung des Verwaltungsrats mit kompetenten externen Fachkräften, wenn möglich aus Küsnacht stammend, zuständig. «Das werden vier kompetente und erfahrene Fachkräfte sein, ergänzt durch einen Gemeinderat oder eine Gemeinderätin», so Schubiger weiter.
Verloren und etwas Bedauern
«Das Volk hat gesprochen», sagt Dieter Imboden nach dem Abstimmungskampf, den der emeritierte ETH-Physikprofessor mit neun weiteren Initianten geführt hatte. Die Einzelinitiative «Der Altersbereich ist keine Aktiengesellschaft – Altsein geht alle an» war als Gegenvorschlag zur gemeinderätlichen Auslagerung im Herbst eingereicht worden und kam am Sonntag ebenfalls zur Abstimmung. Die Idee: Man wollte eine siebenköpfige Behörde schaffen, die den Altersbereich leitet und verwaltet – analog wie es bei der Schule der Fall ist. Denn, so ihre Meinung: Die Betreuung im Alter sei die Kernaufgabe der Gemeinde und dürfe nicht dem demokratischen Mitspracherecht entzogen werden.
Mit 52,7 Prozent Nein- zu 47,3 Prozent Ja-Stimmen ist dieser Vorschlag nun aber gescheitert. Anders gesagt: Die Differenz lag am Sonntag bei dieser Vorlage bei 229 Stimmen. Weiter auffällig ist, dass vermehrt Leerstimmen eingegangen sind (105 bei der gemeinderätlichen Vorlage, 220 bei der Einzelinitiative und 256 plus 15 ungültige bei der Stichfrage).
Diese Rechnerei beschäftigt auch Imboden. «Ganz klar ist mir auch nicht, wie es sein kann, dass die Stimmbeteiligung bei der gemeinderätlichen Vorlage höher war als bei unserer Einzelinitiative.» Gleichzeitig frage er sich auch, was die ungültigen Stimmen zu sagen hätten.
Was er aber schlussfolgert, ist, dass das Resultat vom Sonntag einem Zufallsresultat nahekomme. «Vor allem die Annahme der Vorlage des Gemeinderats war äusserst knapp.» Im Nachhinein glaubt er, dass das Initiativkomitee den Stimmbürgern zu wenig klar machen konnte, dass es bei der Initiative nicht um einen fertig ausgearbeiteten Vorschlag ging, sondern um einen Auftrag an den Gemeinderat, ein anderes Projekt auszuarbeiten, über das man später noch einmal hätte abstimmen können. Deshalb wäre Imboden auch glücklich gewesen über ein doppeltes Nein – Nein zur Auslagerung und zur Initiaitve. «Weil auch dann hätte die Gemeinde nochmals über die Bücher gehen müssen.»
Imboden ist überzeugt: «Der Gemeinderat hat jegliche direkte Diskussion mit uns abgelehnt.» Vor dem Themenabend im Mai habe er schriftlich um zehn Minuten zur Präsentation der Initiative gebeten. Die Antwort: Es handle sich um eine gemeindeeigene Veranstaltung. Für die Initianten gäbe es andere Kommunikationskanäle, zum Beispiel Leserbriefe. «Wenn ich am Themenabend nicht aufgestanden wäre und zumindest auf die Existenz des Gegenvorschlages hingewiesen hätte, wären wir mit unserer Vorlage völlig ignoriert worden. Man hätte meinen müssen, es gäbe nur die von der Gemeinde vorgeschlagene Option», so die ehemalige ETH-Grösse Imboden (79).
Über den Achtungserfolg habe man sich aber gefreut und am Sonntag trotzdem etwas gefeiert.