In der Grünau startet ein besonderes Mitwirkungsprojekt: Gemeinsam entwerfen Stadt und Quartier ein Zielbild für die künftige Entwicklung des Quartiers. Das Pilotprojekt «Big Picture Grünau» geht nach den Sommerferien los mit einem Infoanlass.
An Selbstbewusstsein mangelt es der Grünau nicht. Eine hohe Identifikation der Grünauerinnen und Grünauer mit ihrem Wohnort und ein starker Quartierverein verschaffen der kleinen «Insel» am Stadtrand durchaus auch Gehör in der Politik. Deutlich wurde dies jüngst im Zusammenhang mit der städtischen Schulraumplanung: Nach massivem Widerstand aus der Bevölkerung gegen den geplanten Schulhausstandort ging die Stadt nochmals über die Bücher und plante um: Statt auf der zentralen, als Treffpunkt beliebten Schul- und Sportwiese Tüffenwies soll die neue Sekundarschule nun auf einem periphereren Grundstück zwischen der Zufahrt zur Europabrücke und der Autobahn gebaut werden. Ganz wie dies der Quartierverein vorgeschlagen hatte.
«Tunnelblick», «Planung über die Köpfe der Quartierbevölkerung hinweg», «fehlende Vision für die Gesamtentwicklung des Quartiers», lauteten die Hauptwürfe, die sich die Stadt im Zusammenhang mit der Schulraumplanung anhören musste. Und sich zu Herzen genommen hat, wie nun die Mitwirkung «Big Picture Grünau» zeigt.
Mitwirkung mit Pioniercharakter
Das Projekt nimmt den Wunsch der Grünauerinnen und Grünauer nach einer ganzheitlichen Betrachtung ihres Quartiers und dessen Entwicklungsmöglichkeiten in den nächsten zehn oder mehr Jahren auf. Das Neue dabei: «Das ‹Big Picture Grünau› ist ein Kooperationsprojekt zwischen Stadt und Quartierverein – im Gegensatz zu der sonst rein verwaltungsgetriebenen Mitwirkung», erklärt Projektleiterin Bianca Wildrich vom Hochbaudepartement. Als «Begleitgruppe Quartier» nehmen Wohnbaugenossenschaften, private Eigentümer, Gewerbe, Vereine, Stiftungen, reformierte Kirche, GZ, Alterszentrum Grünau am Prozess teil. Auf Seite der Stadt verknüpft das Pionierprojekt auffallend viele Departemente und Verwaltungsabteilungen miteinander. Amt für Hochbauten, Grün Stadt Zürich, Entsorgung & Recycling, Immobilien und Liegenschaften Zürich, Schul- und Sportamt, Gesundheitszentren für das Alter, soziale Dienste, SIP, VBZ, Wasserversorgung: Alle Bereiche sind ins «Big Picture» eingebunden. Wagt die Stadt damit einen Schritt weg vom typischen «Silodenken» in den eigenen Reihen? «Wenn Sie das so sehen wollen, können Sie das», sagt Wildrich. Die Einbeziehung verschiedenster Dienstabteilungen in einen Mitwirkungsprozess sei nicht neu, aber diesmal sicher ausgeprägter.
Insgesamt gehe es beim «Big Picture Grünau» vor allem darum, vorhandene Qualität im Quartier bewusst zu machen und zu stärken, fasst Wildrich zusammen. Im Fokus stehe dabei der Sozialraum, das gute Zusammenleben.
«Räume neu denken», umschreibt Thomas Isler vom Quartierverein das Ziel der Partizipation, an der sich alle interessierten Grünauerinnen und Grünauer beteiligen können. Welches sind nun die Örtlichkeiten, die besonders im Fokus stehen? Isler verweist als Erstes auf den schmalen Gürtel zwischen Autobahn und Tramstrasse – vom künftigen Schulhausareal am Fuss der Europabrücke bis zur Tramschleife Werdhölzli. Verdichtung, Lärmschutz, neue Grünraumverbindungen sind hier mögliche Stichworte.
Ideen gesucht sind zudem für den alten Dorfplatz, der nach der Sanierung «leider nicht mehr so belebt« sei, so Isler. Überlegungen im Zusammenhang mit dem Ersatzbauprojekt für das angrenzende Alterszentrum könnten Abhilfe schaffen. Auch das heutige «Epizentrum» der Grünau, der Platz vor der städtischen Wohnsiedlung Werdwies mit dem Voi-Laden, hätte noch mehr Freiraumpotenzial. Brächte vielleicht ein hausinterner Lagetausch zwischen dem Voi und dem zur Strasse hin orientierten Bistro eine Lösung?
Erste Ideen für Quartierwiese
Neu gedacht werden soll zudem im Rahmen eines Ersatzbauprojekts der Raum um die Alterswohnsiedlung Werdhölzli, mitsamt Robiwiese und Freestyle-Halle. Die heutige Schulwiese, die sich nach der geplanten Umzonung in eine Quartierwiese verwandeln soll, wird gemäss Isler noch Gegenstand einer gesonderten Mitwirkung sein. In den «Big Picture»-Workshops wolle man aber erste Ideen sammeln, was der Park künftig alles leisten soll. Isler: «Das Areal wird sich auf jeden Fall verändern, sich stärker zum Quartier hin öffnen.»
«Big Picture Grünau» startet mit einem öffentlichen Infoabend am Dienstag, 24. August, 19 bis 21 Uhr, im Gemeinschaftszentrum Grünau. An der Veranstaltung werden die Stadträte André Odermatt und Richard Wolff sowie Vertreterinnen und Vertreter von Stadtverwaltung, ZSC Lions und dem Bundesamt für Strassen Astra dabei sein. Der erste Mitwirkungs- Workshop folgt am Samstag, 18. September, 14 bis 18 Uhr, im Chilehuus Grüenau. Ein zweiter Workshop ist im Frühjahr 2022 geplant. Im Spätsommer 2022 sollen der Quartierbevölkerung dann die Ergebnisse präsentiert werden.
Aufgrund der Corona-Pandemie ist für die beiden Anlässe im GZ und im Chilehuus eine Anmeldung zwingend. Anmeldungen über www.stadt-zuerich.ch/big-picture-gruenau