Energiepodium: Wie knapp wirds mit unserer Energie?

Erstellt von Céline Geneviève Sallustio |
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Am Energiepodium diskutierten Regierungsrat Martin Neukom, Rolf de Pietro und Marc Bätschmann über die Energieknappheit. In der aktuellen Debatte sehen sie auch grosse Chancen für die Zukunft. 

Alle drei beschäftigen sich mit Energie: Regierungsrat Martin Neukom (Grüne) ist Baudirektor des Kantons Zürichs, Rolf de Pietro ist Leiter der Werke am Zürichsee und Marc Bätschmann ist Präsident der Unternehmerinitiative «Neue Energie Zürich». Am Mittwoch vergangene Woche informierten die drei Experten das Publikum in der Küsnachter Heslihalle darüber, wie der Kanton Zürich bei der Energieversorgung aufgestellt ist – heute und in Zukunft. Organisiert wurde der Informationsanlass von den Grünen des Bezirks Meilen unter der Moderation von Thomas Forrer (Grüne).

«Keine Massnahmen diesen Winter»

Neukom machte mit einer 15-minütigen Einführung in die Schweizer Energiepolitik den Anfang: «Das Thema des Gas- und Strommangels, dem Rettungsschirm, ist unglaublich aktuell.» Er gehe davon aus, dass es so turbulent bleiben werde. Aber: «Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass wir diesen Winter bereits strikte Massnahmen treffen müssen.» Doch die Zukunft sei ungewiss. Fest stehe: Ein Prozent des Biogases komme direkt aus der Schweiz, der Rest werde importiert. 

«Zurzeit sind 90 Prozent der Gasspeicher voll, das sind keine schlechten Voraussetzungen für diesen Winter», klärte Neukom auf. Das Problem trete dann nächsten Sommer auf, wenn die Gasspeicher nicht mehr aufgefüllt werden können. Langfristig gäbe es daher nur eine Lösung: «Wir müssen eine Energiewende machen – nicht nur aufgrund der ausländischen Abhängigkeit, sondern auch aus Klimasicht ist es bitternötig.» 

In der Schweiz stünden mit den erneuerbaren Energien viele Möglichkeiten zur Verfügung, wie beispielsweise Solaranlagen an Häuserfassaden oder in den Alpen. «Wir müssen uns also fragen, wo die Schweiz Potenzial als Energielieferant hat und wie wir dahin kommen», beendete der Zürcher Regierungsrat sein Plädoyer.  

Stromsparen mit Stand-by

Regierungsrat Neukom machte deutlich: Die aktuelle Situation ist ungewiss – mit einer grüneren Zukunft hingegen würde man solche Situationen, wie wir sie aktuell erleben, vermeiden können. Auch der Leiter der Werke am Zürichsee, Rolf de Pietro, hofft, dass die Schweiz mit einem blauen Auge davonkommt. «Europa ist sehr verwundbar, wenn es um Transitleitungen geht», sagte er. Und schliesslich konnte Bätschmann, Präsident der Unternehmerinitiative «Neue Energie Zürich», die sich im Kanton für eine nachhaltige Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien und Energieeffizienz stark macht, dann der aktuellen Lage auch etwas Positives abgewinnen: «Ich sehe es als Chance, dass man sich jetzt Gedanken darüber macht, wie viel Energie und Strom wir verbrauchen.» Nicht unwesentlich dabei ist zu erwähnen: Bätschmann ist auch Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Tend AG, die sich für intelligente Immobiliendienstleistungen einsetzt.

Für kurzfristige Lösungen hat der Bund einen Notfallplan erlassen. Der Kanton Zürich bleibe nicht untätig, sagte Neukom. Einen Hebel sieht der Baudirektor vor allem in drei Bereichen: die Gebäudebeleuchtung, wie beispielsweise die Ausserbetriebnahme der Rheinfall-Beleuchtung, tiefere Raumtemperaturen und ein effizientes Lüften. Einen weiteren Hebel sieht Neukom zudem beim Stand-by von Geräten. «Nachts und am Wochenende liegt der Verbrauch nur um 50 Prozent tiefer als werktags, obwohl dann niemand arbeitet.» Da läge noch viel Potenzial drin.

Das Notfallszenario für Küsnacht 

Die Pläne des Bundes und des Kantons sind bekannt. «Wie sieht es in der Gemeinde Küsnacht aus?», wollte Forrer von den Experten wissen. «Im schlimmsten Fall muss der Strom mit dem Verbot des Bundes für vier Stunden abgestellt werden», antwortete Neukom. 

De Pietro fügte hinzu: «Wir haben kein Notfallkonzept. Wenn kein Strom mehr verfügbar ist, können wir nicht 30  000 Menschen mit Strom versorgen.» Auch er verwies auf den Notfallplan des Bundes. Doch die Gemeinden seien nicht untätig: «Die Werke am Zürichsee sind im Austausch mit Vertretern aus der Gemeinde. Wir haben bereits einige Massnahmen herausgearbeitet, die wir bei einer Stromknappheit umsetzen würden, wie zum Beispiel die Weihnachtsbeleuchtung abstellen», erklärt de Pietro. Genauere Massnahmen würden diese Woche besprochen. 

Zum Schluss wurde die Runde für die zirka 50 Interessierten geöffnet. Eine Besucherin wollte wissen, ob man im Notfall nicht einfach das Seewasser anzapfen könne. «Solche Projekte sind in den Gemeinden Erlenbach und Zollikon am Laufen. Die ganzen Spitäler in der Umgebung sollen via Seewasserwärme geheizt werden», antwortete de Pietro. Nicht nur als Wärmespender sei das Seewasser geeignet, sondern auch als Kältespender. 

Die Frage der Besucherin machte an diesem Diskussionsabend nochmals deutlich, wofür Regierungsrat Martin Neukom eingangs plädiert hatte: Die Lösung für die zukünftige Stromversorgung der gesamten Schweiz liegt eigentlich in den hiesigen natürlichen Ressourcen. Wir müssen sie nur zu nutzen wissen.