So ein wenig ist der «Runde Tisch Demokratie» der Stachel im politischen Leben an der Goldküste. Den Abschluss der Serie über die Widersprüche der Demokratie bildete ein Podium mit Exekutivmitgliedern. Fazit: Es ist kompliziert.
Lorenz Steinmann
Als eine Art «Was man weiss und doch nicht kennt» umschrieb der Moderator Hannes Hug das Ziel des Abends. Es gehe heute also nicht klassisch um Sachgeschäfte oder Wahlen, sondern um die tägliche Arbeit der Gemeindepräsidenten Marco Dindo (60) von Glattfelden und Markus Ernst (53) von Küsnacht sowie von Christine Kaufmann (57) von Riehen. Thema des Abends: «Unterschiedliche Formen der Gemeindeführung».
"Zürichsee-Zeitung" hat sich eher zurückgezogen
Schon zu Beginn wollte Hug «den Elefanten im Raum» benennen. Aus seiner Sicht ist das die im «Küsnachter» bereits breit abgehandelte personelle Veränderung in der Redaktion. So war der Tarif gesetzt, die anwesenden gut 80 Personen von Anfang an hellwach und aufmerksam bis zur Fragerunde nach gut 75 Minuten. Und ja, auch dort war das Thema sehr präsent. Zusammengefasst sagte Markus Ernst, man wolle keinesfalls redaktionellen Einfluss nehmen auf den «Küsnachter». Auch die geplante Neuausschreibung für die amtlichen Publikationen und Informationen der Gemeinde wurde angesprochen. «Da sich die ‹Zürichsee-Zeitung› eher zurückgezogen hat aus dem Lokaljournalismus, bin ich gespannt, wer überhaupt noch mitmacht bei der Submissionierung», so Ernst.
«Embedded Journalism»
Zum Thema im Allgemeinen äusserte sich auch Marco Dindo. In Glattfelden wählte der Gemeinderat den neuen Weg, eine eigene Zeitung mit einer von der Gemeinde angestellten Redaktorin herauszugeben und auf die Zusammenarbeit mit einer externen Redaktion zu verzichten. «Embedded Journalism», also eingebetteter Journalismus, nannte Hannes Hug diese Methode, die für ein wenig Unruhe im Saal sorgte. Denn Marco Dindo sagte ohne Umschweife, so könne man Einfluss nehmen auf die Inhalte. Für Christine Kaufmann hingegen spielt die unabhängige «Riehener Zeitung» eine wichtige Rolle bei der öffentlichen Wahrnehmung der Gemeindetätigkeit. Dazu bezahlt die Gemeinde – mit immerhin gegen 23 000 Einwohnerinnen und Einwohnern – beim Wochenblatt in jeder Ausgabe eine Seite oder mehr in Form von Inseraten.
Einig waren sich Dindo, Kaufmann und Ernst, dass es für die lokale Demokratie einen Informationskanal geben müsse. Unterschiedlicher Ansicht waren die drei Politikvertreter aber, ob und wie der Dialog mit der Bevölkerung geschehen soll. Kaufmann erzählte, dass sie oft an Quartierversammlungen gehe, «wenn es brennt». «Wir setzen auf niederschwellige Plattformen wie Quartiervereine und Elternräte», so Kaufmann.
Wo bleibt der Nachwuchs?
Dindo verlässt sich bei gewissen Themen auf externe Medienberater, «dann stehen wir weniger im Fokus». Ernst betonte, er sei immer offen für Gespräche und Anliegen. Und die oft nicht so gut besuchten Gemeindeversammlungen? Diese seien zwar von der Länge her manchmal mühsam, aber eine Stückelung auf zwei Abende wie in Erlenbach oder an einem Samstagmorgen wie Zumikon seien keine Lösung. «Dort hat es jeweils auch nicht mehr Leute», so Markus Ernst. Dindo wiederum macht die Erfahrung, dass der Saal rappelvoll sei, wenn es um einen neuen Kunstrasenplatz des FC gehe, bei allgemeinen Themen jedoch oft halb leer.
Alles in allem ein kurzweiliger Abend. Einziger Wermutstropfen: Den Politnachwuchs, also junge Leute, suchte man im Saal vergebens. Aber dafür sind ja die Medien da, zur Berichterstattung von wichtigen lokalen Veranstaltungen.
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Die lokalen Themensetzer
Dem Organisatorenteam von «Runder Tisch Demokratie» kann man durchaus ein Kränzchen winden. Wenn es seine Anliegen schon nicht allzu oft in Küsnachts Exekutive vertreten sieht, setzt es immerhin selber entsprechende Themen. Das Team, das sind Jakob Weiss, Beat Regli, Beatrice Krüsi, Matthias Schmutz und Brigitte Stucki. Nach dem Historiker Jakob Tanner, dem Politikwissenschafter Daniel Kübler und der Journalistin Susanne Boos waren nun durchaus illustre Exekutivmitglieder an der Reihe.
Geleitet wurde das Podium von Hannes Hug. Den mittlerweile 56-Jährigen kennt man als Moderator, der fast schon seit seiner Jugend Teilzeit bei SRF arbeitet. Etwa für die Sendungen «Zebra» in den 1990er-Jahren, später Cash-TV und Fokus auf SRF 3. Dazu kommen beispielsweise Interview-Aufträge für die Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich. (ls.)