Ein Projekt, das Leben rettet

Erstellt von Rahel Köppel |
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«Kids Save Lives» – Kinder retten Leben. Das ist eine Aktion, die auch in Küsnacht ihren Platz gefunden hat. Dabei lernten Sekundarschülerinnen und -schüler das Reanimieren. Dazu wurde ein Film gedreht, der kürzlich Premiere feierte.

Eine der häufigsten Todesursachen ist der Herzstillstand. Die Hilfe durch Rettungskräfte kommt dann nämlich oft zu spät. Ersthelfende können in solchen Situationen entscheidend sein. Doch viele Menschen machen dann oft nichts, weil sie entweder nicht wissen was oder Angst haben, etwas falsch zu machen. Die Aktion «Kids Save Lives» will dieses Problem lösen, indem Kinder bereits im Primarschulalter lernen, was zu tun ist, wenn eine Person einen Herzstillstand erleidet. In Küsnacht haben Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule gelernt, richtig zu reanimieren, und haben ihre Kenntnisse an Primarschüler weitergegeben.

Um Aufmerksamkeit für die Aktion zu schaffen, hat die Sekundarschule Küsnacht gemeinsam mit Ärzten des Universitätsspitals Zürich unter der Leitung von Arzt und Filmemacher Lukas Kandler in einem Pilotprojekt einen Lehrfilm für Volksschulen zum Thema Reanimation gedreht. Dieser wurde Mitte April im katholischen Pfarreizentrum Interessierten, aber auch Leuten aus der Politik, vorgestellt, darunter auch Vize-Kantonratspräsidentin Esther Guyer. Markus Schefer, Leiter Bildung in Küsnacht, war ebenfalls anwesend. Er meinte zum Projekt: «Ich finde es gut, dass Kinder lernen, Verantwortung in schwierigen Situationen zu übernehmen.» Es sei zudem wichtig, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werde.

Kinder können Leben retten

Jan Breckwoldt, Oberarzt am Universitätsspital Zürich, zeigte auf, was bei einem Kollaps genau passiert und weshalb es so wichtig ist, schnell zu helfen. Ausserdem stellte er Studien vor, die zeigen, dass das Ersthelfen bei einem Herzstillstand den grössten Einfluss hat und dass die Chancen, dass die betroffene Person überlebt, viel grösser sind. «Wir wollten schon lange etwas machen, damit mehr Menschen Ersthilfe betreiben können», berichtete er. «Es hat viele Vorteile, wenn Kinder und Jugendliche bereits in der Schule lernen, wie eine Herzdruckmassage funktioniert. Es werden alle erreicht, es wird verankert im lebenslangen Lernen, und Lehrpersonen eignen sich sehr gut als Instruktoren.» Ausserdem könnten bereits Kindergartenkinder mit einem Defibrillator umgehen. «Um eine genügende Thoraxkompressionen ausführen zu können, muss man mindestens 50 Kilogramm schwer sein», ergänzte der Oberarzt. Kinder circa ab dem Oberstufenalter sind also fähig, gute Herzdruckmassagen auszuführen. 

Breckwoldt betonte, dass jede Hilfe besser sei, als gar nichts zu machen. «Das Projekt ‹Kids Save Lives› ist wichtig und kann Leben retten. Es soll in der normalen Schulroutine verankert sein.» In anderen Ländern, wie in Dänemark, ist das Lernen der Wiederbelebung bereits in der Schulroutine manifestiert, was sich auszahlt. Die Überlebensrate von Menschen mit Herzstillstand ist dort nämlich deutlich höher.

«100 Prozent mit Herzblut»

Lukas Kandler, ebenfalls Oberarzt am Universitätsspital Zürich und Filmemacher, zeigte Beispiele, wie Kinder ihrem Vater das Leben retten konnten, weil sie wussten, wie man jemanden wiederbelebt. Es gibt Kinder und Jugendliche, die ein In­strument auf einem hohen Niveau beherrschen, wie zum Beispiel auch die Brüder Flaviano und Alessandro Alder, die den Abend auf dem Saxofon und dem Klavier musikalisch begleiteten. «Reanimieren ist deutlich einfacher als das», beteuert Kandler. Ausserdem berichtete der Oberarzt von den Dreharbeiten mit den Jugendlichen. «Die Schülerinnen und Schüler wurden zu Tontechnikern und machten die Klappe», spasste Kandler. «Die Filme sind vielleicht nicht 100 Prozent perfekt, dafür 100 Prozent mit Herzblut gemacht.» Die Involvierten konnten sogar Berühmtheiten für die Filme auftreiben. «Das war aber gar nicht so leicht», so Kandler. «Viele wollten dafür bezahlt werden, andere hatten einfach keine Zeit.» Nino Schurter, ein erfolgreicher Schweizer Mountainbiker, erklärte sich dann bereit, in einem der Kurzfilme mitzuspielen.

Anschliessend wurden drei der Kurzfilme, die gemeinsam einen Lehrfilm bilden, dem Publikum gezeigt. Einer der Filme zeigt einen Grossvater, der mit seinen Enkelkindern Tennis spielt und plötzlich zusammenbricht. Weil es die Kinder in der Schule gelernt haben, können sie ihren Opa reanimieren und wissen auch, wie sie mit dem Defibrillator umgehen müssen. Gemeinsam leisten sie Erste Hilfe, bis dann die Rettung eintrifft. In einem anderen Film bricht ein Junge in der Schule zusammen. Auch dort wissen seine Klassenkameradinnen sofort, was zu tun ist. Sie bitten Nino Schurter um Hilfe, der gerade mit seinem Mountainbike am Schulhaus vorbeikommt. Was auffällt: Die lehrreichen Filme haben auch eine Prise Humor. Schliesslich schauten sich die Zuschauerinnen und Zuschauer einen Lehrfilm an, der zeigt, wie man den AED, also den Defibrillator, richtig verwendet. 

Und was denken die Jugendlichen darüber? Nelio und Katharina sind Mitglieder im Reanimationsteam der Sekundarschule und erzählen von ihren Erfahrungen. «Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig, solch eine Fähigkeit zu erlernen. Man weiss ja nie, wann jemand plötzlich umkippt und einen Herzstillstand erleidet», erzählt Nelio. «Ausserdem bietet sich eine ähnliche Möglichkeit nicht jeden Tag.» Katharina interessiert sich bereits seit ihrem dritten Lebensjahr für ­Medizin. «Ich hatte die Chance, mich endlich für ein Menschenleben einsetzen zu können, da man das Reanimieren sehr schnell erlernen kann», sagt sie. Auch der Filmdreh hat ihnen Spass gemacht. Nelio sagt dazu: «Auch wenn es anstrengend war, jede Szene mehrmals zu drehen, und nicht alles direkt geklappt hat, finde ich,dass es sich sehr gelohnt hat.» 

Die Schülerinnen und Schüler hatten eine Schulung mit den Fünftklässlern, in der diese ihnen das Reanimieren beigebracht haben. «Am Anfang war ich sehr aufgeregt», so Katharina. Nachher hat es ihr aber sehr viel Spass gemacht. «Nachher wussten 22 Personen mehr, was zu tun ist, wenn jemand einen Herzinfarkt hat», freut sich Nelio. 

Die beiden hoffen, dass das Projekt nun mehr Aufmerksamkeit bekommt und auch an anderen Schulen durchgeführt wird. «Ich habe schon von den Lehrpersonen gehört, dass sich viele Klassen für unser Projekt interessieren, auch aus anderen Kantonen», so Katharina. 

Dieses Filmprojekt soll dafür sorgen, das sich nun mehr Schweizer Orte für Reanimationstraining im Unterricht einsetzen. Denn – das ist nach diesem Abend allen klar – es ist ein kleiner Aufwand in Schulen, der Leben retten kann.