36 Sitze darf der Kanton Zürich im 200-köpfigen Nationalrat besetzen. Auch David Galeuchet (Grüne), Bettina Balmer (FDP), Nicola Siegrist (Juso) und Nina Fehr Düsel (SVP) buhlen um den Einzug in die grosse Kammer.
Autobahn ausbauen statt Lücken bei Radwegen schliessen oder «Solar-Express» statt Diskussionen über einzelne Windräder: Auch wenn Politikerinnen und Politiker im Kantonsrat viel Einfluss nehmen können – die Musik spielt in Bern. Vielleicht mit ein Grund, weshalb dieses Jahr so viele Personen wie noch nie einen Zürcher Nationalratssitz ergattern möchten. Dem Kanton Zürich stehen im Nationalrat 36 der 200 Sitze zu.
Voll im Wahlkampf-Modus sind auch David Galeuchet (Grüne), Bettina Balmer (FDP), Nicola Siegrist (Juso) und Nina Fehr Düsel (SVP). Sie wollen ihre politischen Anliegen in Zukunft nicht auf nationaler Ebene einbringen. Bisher politisierten sie im Kantonsrat im temporären Rathaus in der Bullingerkirche im Kreis 4 – das historische Rathaus in der Zürcher Altstadt muss saniert werden. Am 22. Oktober soll den vier Kantonsräten der Sprung nach Bern ins Bundeshaus gelingen.
Streitpunkt: Zuwanderung
Vergangene Woche kreuzten Galeuchet, Balmer, Siegrist und Fehr Düsel im Doktorhaus in Wallisellen an einem Wahlpodium die Klingen. Dank der umsichtigen Moderation von Radiomann Marc Jäggi (Radio 1) blieb das temporeiche Gespräch immer über der Gürtellinie. Geholfen haben dürfte auch, dass sich die Politikerinnen und Politiker nicht gross aus ihrer Komfortzone wagen mussten.
Fehr Düsel durfte sich zum Beispiel als erste zum Thema Sicherheitspolitik äussern: «Was ich fordere, ist Polizeipräsenz», so die Küsnachterin. Bei Gewaltdelikten sei der Ausländeranteil zu hoch. Die Unternehmensjuristin will sich für geregelte Zuwanderung, mehr Sicherheit und weniger Kriminalität einsetzen. «Es kommen nicht nur die Fachkräfte, wie es von linker Seite immer gesagt wird.» Juso-Kantonsrat Siegrist konterte: «Ich finde es nicht schlimm, dass Leute kommen, die Tag für Tag dafür sorgen, dass unser Land funktioniert.» Der Grüne Galeuchet sagte Richtung SVP: «Ihr bewirtschaftet hauptsächlich Probleme und seid damit sehr erfolgreich.»
Die Diskussion drohte hitzig zu werden, die Argumente wurden wie beim Pingpong schnell zwischen den Podiumsteilnehmenden hin und her gespielt. Moderator Marc Jäggi hatte die Debatte aber gut im Griff.
Bei der Gesundheitspolitik konnte Balmer punkten. «Wir haben eine riesengrosse Baustelle», befand die Kinderärztin. Sie forderte etwa die Einführung eines Gesundheitstags an der Schule, die Stärkung der Grundversorgung und eine nationale Digitalisierungsstrategie. Balmer: «Es gibt viele Baustellen, die man anpacken kann.» Einig waren sich alle, dass die stetig steigenden Krankenkassenprämien eine grosse Belastung für viele Menschen in der Schweiz sind. Während Fehr Düsel das Problem mit höheren Steuerabzügen lösen möchte, um den Mittelstand zu entlasten, setzt Siegrist auf eine aus seiner Sicht gerechtere Verteilung der Gesundheitskosten. «Früher oder später brauchen wir ein anderes Finanzierungssystem», so der Präsident der Juso Schweiz. Sprich: Die Prämien sollen einkommensabhängig ausgestaltet werden.
Mit dem Finger aufeinander zeigen
Beim Schwerpunkt Wohnungsmarkt blieben die Politikerinnen und Politiker vergleichsweise zahm. Die Teilnehmenden zeigten zwar mit dem Finger aufeinander. Konkrete, überparteilich annehmbare Lösungen präsentierten jedoch weder Links-Grün noch die Bürgerlichen.
Bei der Energiepolitik war Galeuchet, Vorstandsmitglied beim Solarenergie-Branchenverband Swissolar, in seinem Element. Für den Grünen ist klar, dass die Schweiz das Energiesystem ausschliesslich auf erneuerbare Energien stützen müsse. Doch neben Solarenergie braucht es vor allem im Winter Windenergie. Allerdings gibt es in der Bevölkerung gegen Windanlagen grossen Widerstand. Ausserdem sprach Galeuchet einen wunden Punkt an: «Was am wenigsten Lobby hat, ist das Energiesparen.». Und Fehr Düsel doppelte nach: «Niemand will verzichten.» Die SVP-Kantonsrätin verwies auf die langen Warteschlangen am Flughafen.