Die Wogen gingen hoch an der Versammlung

Erstellt von Pia Meier |
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An der Gemeindeversammlung in Herrliberg sorgten die Anfragen betreffend Alters- und Pflegeheim Senevita und Badi Steinrad für rote Köpfe. 

Die 215 Stimmberechtigten, unter ihnen waren auch drei Jungbürgerinnen beziehungsweise Jungbürger, stimmten der Rechnung 2021 des Zweckverbands Gemeinsame Sekundarschule Erlenbach-Herrliberg (GSEH) einstimmig zu. Marion Bartels, Schulpräsidentin (SVP), ging kurz auf die Rechnung ein. Der Aufwandüberschuss betrage 4,015 Millionen Franken (budgetiert 4,229 Millionen) und werde durch die Trägergemeinden Erlenbach und Herrliberg übernommen. Die Aufteilung erfolge nach einem jährlich aktualisierten Kostenteiler gemäss den Zweckverbandsstatuten. Für 2021 betrage der Herrliberger Anteil 53,9 Prozent respektive 2,164 Millionen Franken (budgetiert waren 2,199 Millionen). 

Ebenfalls einstimmig wurde die Jahresrechnung 2021 der Politischen Gemeinde Herrliberg genehmigt. Gemeinderat Joel Gieringer (FDP) überbrachte die erfreuliche Nachricht, dass die Rechnung der Gemeinde einen Ertragsüberschuss von 5,175 Millionen Franken aufweise. Dieser sei aber abhängig von wenigen einzelnen Positionen wie Steuern, Verkauf Liegenschaft Strehlgasse und die Grundstückgewinnsteuer. Grössere Abweichungen gebe es nirgends. «Wir haben gut budgetiert.» Die Gemeinde Herrliberg verfüge über ein komfortables Nettovermögen von rund 11 500 Franken pro Kopf und ein Eigenkapital von 102,2 Millionen Franken. 

Emotionale Debatten

Für Diskussionen, die teilweise sehr emotional verliefen, sorgten die Anfragen betreffend Senevita Im Rebberg und Badi Steinrad. Grund für die Anfrage zum Alters- und Pflegeheim waren viele mündliche und schriftliche Beschwerden. Es gebe unter anderem hohe Personalfluktuationen und ein strenges Kostenmanagement, das heisst es müsse gespart werden. Das Pflegepersonal müsse aber Zeit haben für würdevolles Altern.

«Wir haben genug vom Management per Helikopter», rief eine Anwesende in den Saal. Die Führung des Heims müsse per sofort ausgewechselt werden. «Diese Beschwerden waren ein Weckruf», meinte eine Anwesende. Sie wünschten sich wieder eine positive und fachgerechte Pflege. Die Stimmberechtigte Regula Baggenstos hatte aufgrund dieser Beschwerden dem Gemeinderat 14 Fragen gestellt. Ihre Anfrage war von 140 besorgten Mitbürgerinnen und Mitbürgern unterzeichnet worden. Diese Fragen wurden von Gemeinderat Werner Staub (Gemeindeverein) beantwortet. 

Ja, die Gemeinde Herrliberg habe eine Leistungsvereinbarung mit dem Senevita, und die Gemeinde habe einen Vertrag mit dem Alters- und Pflegeheim auf die Dauer von 20 Jahren. Die Aufsicht geschehe auf mehreren Ebenen und finde jährlich statt, meinte er. Die Gemeinde sei jedoch nur Vermieterin der Räumlichkeiten. «Die Frequenz der Sitzungen wird aber ab sofort verdoppelt», versprach Staub. Zudem werde die aktuelle Geschäftsleitung Ende Jahr abgelöst und aufgestockt. Die Personalfluktuationen seien tiefer als im Durchschnitt, so Staub weiter. Diese Aussage wurde anschliessend aber kontrovers diskutiert. Es gebe auch langjährige Mitarbeitende, so der Gemeinderat weiter. Die Belegung sei sehr gut. 48 Bewohnende und davon mindestens die Hälfte aus Herrliberg seien im Senevita zu Hause. 

Glaubwürdigkeit infrage gestellt

Allerdings zogen Anwesende die Glaubwürdigkeit des Gemeinderats infrage. «Hat der Gemeinderat von den Zuständen im Senevita gewusst?», fragten sie. Der ­Gemeinderat sei verantwortlich für den Schlamassel. Er habe die Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen. Gemeinderat Werner Staub betonte, dass er diese Thematik nicht erst seit dieser Anfrage sehr ernst nehme. Schon während der Coronazeit seien Gespräche geführt worden. Die aktuellsten Sitzungen mit einer Delegation der Senevita seien konstruktiv gewesen und hätten in wichtigen Punkten Verbesserungen zur Folge gehabt. «Die Gemeinde hat grundsätzlich die Rolle als Auftraggeber und als Vermieterin», meinte er weiter. Die gesundheitspolizeiliche Aufsicht, zum Beispiel über die Massnahmen der Qualitätssicherung, die Pflege und Betreuung, liege aber beim Bezirksrat Meilen beziehungsweise beim Kanton. Anwesende der Senevita betonten, dass sie sich der Situation stellen würden. Schliesslich beendete ein Antrag auf Abbruch der Diskussion das Thema. Am 20. August findet im Senevita ein Tag der offenen Tür statt.

Badi Steinrad

Am 28. Juni 2017 bewilligte die Gemeindeversammlung einen Kredit von 2,93 Millionen Franken für die Erweiterung und Erneuerung der Badi Steinrad. Der Stimmberechtigte Pius Schmid fand allerdings, das damalige Projekt entspreche nicht mehr dem heutigen, weshalb die Sanierung der Badi nochmals an die Gemeindeversammlung gebracht werden müsse. Der Gemeinderat habe nachträglich beschlossen, das bisherige Garderobengebäude durch einen Neubau mit integriertem Kiosk zu ersetzen, begründete er seine Anfrage. Der Gemeinderat soll das gestellte Baugesuch sistieren, um die Frage der Exklusivität der Badi für die Herrlibergerinnen und Herrliberger abzuklären und weitere Verhandlungen mit der Besitzerfamilie von Meyenburg aufzunehmen, verlangte Schmid. 

Der Gemeinderat weigert sich allerdings, das Rad zurückzudrehen. Exklusivität für die Bewohnenden von Herrliberg sei rechtlich nicht möglich, betonte Gemeinderat Markus Trinkner. Auch sei der Gemeinderat nicht bereit, das Baugesuch zu sistieren. «Das führt nur zu Verzögerungen», hielt Trinkner fest. Die Gemeinde will mit den Arbeiten diesen Herbst anfangen. Der Gemeinderat habe Verhandlungen mit der Familie von Meyenburg geführt, so Trinkner weiter. Die Nutzung von deren Grundstück könnte wie bis anhin auch nur der Herrliberger Bevölkerung zustehen. Kaspar von Meyenburg drohte dann allerdings in seiner Rede an der Gemeindeversammlung, alle Rechtsmittel zu ergreifen, sodass die Arbeiten im Herbst nicht beginnen könnten. Schliesslich laufe die Konzession bis 2050. Es bestehe also keine Eile. «Vorher», so von Meyenburg, «kann noch die Frage der Exklusivität der Badi für die Herrli­berger geklärt werden.» Eine Anwesende meinte zudem, dass es einen Shuttle für alte Menschen und Familien zur Badi brauche. 

Abgeschlossen wurde die Gemeindeversammlung mit der Verabschiedung der scheidenden Gemeinderatsmitglieder: Werner Staub, Markus Trinkner (SVP), Marion Bartels und Hansjürg Zollinger (Gemeindeverein).