Das Küsnachter Jahrheft lebt

Erstellt von Martin Bachmann |
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Alfred Egli war der langjährige Schriftleiter der Küsnachter Jahrhefte. Sein unerwarteter Tod schien die Herausgabe für das Jahr 2022 zu gefährden. Bis seine Witwe Renate Egli-Wildi die Zügel in die Hand nahm. Das Resultat lässt sich sehen.

Die Küsnachter Jahrhefte haben Tradition. Pünktlich zum Jahresende liegen sie jeweils vor – mit allen wichtigen Neuigkeiten aus dem Dorf, verschiedenen Hintergrundberichten, Nennungen der lieben Verstorbenen. Nun ist Ende 2021 der langjährige Schriftleiter Alfred Egli selbst verstorben. Hochbetagt, aber dennoch plötzlich und unerwartet. Nach dem Hinschied des Küsnachter Urgesteins – Lehrer, Historiker, Mundartexperte, ja man nannte ihn auch Gedächtnis des Dorfes –  fragte man sich, ob das Jahrheft 2022 nun auch sterben würde. Die Lücke wurde aber geschlossen. Renate Egli-Wildi, die in den vergangenen Jahren ihren Mann bei den Jahrheften in erheblichem Masse immer wieder unterstützt hatte, nahm die Zügel für die aktuelle Ausgabe selbst in die Hand. Dank ihrer Erfahrung und ­ihrem Netzwerk konnte Ende Jahr wiederum eine Schrift mit interessanten Texten und Illustrationen herausgegeben werden. Ab 2023 wird dann der Historiker Walther Fuchs die Hefte in seine Hände nehmen.

Lesenswerte Nachrufe

Schreibfreudige Autoren haben unterschiedlichste Themen zu Papier gebracht. Selbstredend darf eine Würdigung des verstorbenen Alfred Egli nicht fehlen. Alt Gemeinderat Gerhard Fritschi gelang es, ein persönliches Porträt über die dorfbekannte, facettenreiche Persönlichkeit zu verfassen. 

Kunsthistorikerin Rebecca Gericke-­Budliger widmet sich der künstlerischen Seite des verstorbenen Architekten Felix Thyes. Er war der «Magie der Linien» angetan, wie die Autorin in ihrem ausführlichen Text schreibt. So entwickelte er eine neue abstrakte Bildsprache, in der die Linie in vielfältiger Weise zu einem seiner wichtigsten gestalterischen Elemente wurde. 

Geologe Peter Haldimann beschreibt die Entwicklung des Küsnachter Tobels. Sein gedanklicher Bogen spannt sich vom Eiszeitalter, dem Zurückweichen der ­Gletscher, bis zu den Erosionen und Rutschungen der Neuzeit. Auch lässt er in seinen Ausführungen die massiven Überschwemmungen von 1778 und 1878 nochmals Revue passieren. Erst mit den Bachverbauungen sei es gelungen, den Dorfbach zu zähmen. 

Die Zeilen von Walter Letsch führen den Leser in die Entwicklung des Küsnachter Waldes. Alte Ansichten von 1772 – beispielsweise der Blick vom Nidelbad in Rüschlikon nach Küsnacht – beweisen, wie sich die Waldfläche vermehrt hat. Die Abbildungen zeigen überdies eindrücklich, wie in früheren Zeiten die Hänge mit Reben bestückt waren. 

Pfarrer und Pfarrfrau als ein Team

Rudolf Meyer-Woods, Sohn der Pfarrersleute Werner und Ruth Meyer, berichtet über das damalige intensive Leben im Pfarrhaus an der Glärnischstrasse 11. Pfarrer und Pfarrfrau waren ein Team, welches sich ergänzte und vielschichtig ins kirchliche Leben eingebunden war. Es ­gelingt dem Autor mit seinen Schilderungen, die ständige Präsenz und Belastung einer Pfarrfamilie wiederzugeben. Ebenfalls in frühere Zeiten gehört eine heiter stimmende Episode aus Reinhard Wolfs Feder. 

Auch der neue Schriftleiter des Jahrheftes, Historiker Walther Fuchs, kommt zu Wort. Er berichtet über die «feurige» Beziehung des Klosters Engelberg mit Küsnacht. Diese Kontakte beginnen im Jahr 1433 mit dem Erwerb des bischöflichen Quarts mit Weinbergen, dem Engelbergerhaus und dem Nutzungsrecht der Zehntentrotte. Interessant sei festzustellen, dass diese Kontakte auch nach der Reformation von 1525 in Küsnacht fortgesetzt wurden. Die Fracht nach Engelberg umfasste insbesondere Wein, Fleisch, Käse, Butter und lebende Tiere. Der Text schliesst mit einem Rückblick auf das festliche 900-Jahr-Jubiläum, welches am 5. September 2021, in Anwesenheit des ­Engelberger Abtes Christian Meyer, begangen wurde. 

Der Evangelische Kirchenchor der reformierten Kirche, heute Cantus Küsnacht, Chor der reformierten Kirche, feierte am Palmsonntag 2022 mit einem festlichen Konzert sein 125-jähriges Bestehen. Helga Birker widmet sich in ihrem Rückblick der ereignisreichen Geschichte des Kirchenchores. 

Hans-Ulrich Kull – seines Zeichens Dr.med. – führt Leserinnen und Leser durch die 150 Jahre des Küsnachter ­Senioren-Vereins. Der frühere «Alte Männerverein Küsnacht», welchem seit ­vielen Jahren auch Frauen angehören, ­entwickelt sich auf erfreuliche Weise. Er bildet ein wichtiger Anker im gesellschaftlichen Leben, insbesondere für die älteren Jahrgänge, so der Autor. In einem weiteren Textbeitrag äussert sich Kull über Corona und vergleicht diese Pandemie mit der Spanischen Grippe aus dem frühen 20. Jahrhundert. 

Unter dem Titel «Der Sonnenhof – ein Projekt, getragen von Freiwilligen», schreibt Martin Lehmann über die Hilfe, welche viele Freiwillige bei der Unterbringung von ukrainischen, teilweise behinderten Flüchtlingen im «Sonnenhof», dem ­Reserve-Altersheim der Stadt Zürich auf Gemeindegebiet Küsnacht, geleistet haben. 

Ausführungen zum sportlichen Grossereignis von 10. bis 13. Juli 2022, dem Start der Tour de Suisse 2022 in Küsnacht, dürfen natürlich nicht fehlen. Martin Bachmann zeigt auf, was Freiwillige im Rahmen dieses für unser Dorf bedeutenden Anlasses geleistet haben. 

Einen Schwerpunkt setzt der Text von Andreas Gallmann über die Villa «Château Algonquin» in Küsnacht. Die klassizistische Villa ist ein bedeutender bau­licher Zeitzeuge, welcher von 1900 bis 1902 erbaut wurde. Die Villa an der Seestrasse 180 erlangte in den letzten Jahren an Bedeutung, weil die weltberühmte Sängerin Tina Turner hier Wohnsitz hat.

Die reich bebilderte Dorfchronik, verfasst von Walther Fuchs, führt durch das ereignisreiche Jahr in der Zeitspanne von Juli 2021 bis Ende Juni 2022. 

Den Abschluss bilden Nachrufe über verstorbene Küsnachterinnen und Küsnachter, die das dörfliche Geschehen mitgeprägt haben. Bedauerlich ist, dass die Namen der ältesten Bewohner der Gemeinde aus Datenschutzgründen nicht mehr veröffentlicht werden dürfen.

Das Küsnachter Jahrheft 2022 kann zum Preis von 25 Franken bei der Buchhandlung Wolf und in der Papeterie Köhler, beide in Küsnacht, erworben werden.