Christoph Blocher liess an der Albisgüetli-Tagung eine Bombe platzen: Die heutige Rede des 83-jährigen SVP-Doyen soll gleichzeitig seine letzte gewesen sein. Auch die Partei selbst wurde von der Ankündigung überrascht.
Pascal Turin
Die Albisgüetli-Tagung der SVP Kanton Zürich ist jedes Jahr ein Stelldichein (meist) bürgerlicher Politikerinnen und Politiker. Doch zwischendurch sichten wachsame Augen auch Persönlichkeiten der politischen Konkurrenz – etwa die Zürcher Kantonsratspräsidentin Sylvie Matter von den Sozialdemokraten.
Dass Bundespräsidentin Viola Amherd (Die Mitte) die Einladung abgelehnt hat, werden die SVP-Anhängerinnen und -Anhänger schnell verkraftet haben. Domenik Ledergerber, Präsident der SVP Kanton Zürich, konnte sich einen Seitenhieb aber nicht verkneifen: Amherd habe den Weg an die Albisgüetli-Tagung nicht gefunden. «Lieber ist sie eine Woche lang am WEF herumgetigert», sagte der Kantonsrat.
SVP muss Nachfolger für Blocher suchen
Ledergerbers Eröffnungsrede sorgte für Lacher und erhielt Applaus. Doch an Christoph Blocher kam auch der beliebte Herrliberger Landwirt nicht heran. Der 83-jährige SVP-Vordenker ist immer noch der Star des Abends. «Weit herum wird tröstend festgestellt, es gehe der Schweiz immerhin noch weniger schlecht als im Ausland», sagte Blocher. Damit solle man sich aber nicht zu sehr brüsten. Für ihn ist klar: «Die Welt spinnt – und wir halten dagegen.» Unter diesem Titel sprach er über die Europäische Union, aber auch die Zuwanderung und den Krieg im Nahen Osten. «Der Nahe Osten erlebt eine unvorstellbare Rückkehr der Brutalität», so Blocher. Auch die «Initiative für eine Zukunft» der Juso, welche eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent ab 50 Millionen Franken fordert, ist Thema. «Ich habe als Bauer gelernt: Die besten Milchkühe bringt man nicht zum Metzger, sondern man melkt sie.» Doch die Linke mache mit den besten Steuerzahlern das Gegenteil.
Zum Schluss seiner Rede liess Blocher eine Bombe platzen. Der 83-Jährige kündigte an, dass die heutige Rede seine letzte an der Albisgüetli-Tagung gewesen sei. Wer in Zukunft die Hauptrede halten wird, ist noch offen. «Die Partei wurde überrascht», bestätigte Parteipräsident Ledergerber. Vielleicht sei es die letzte Albisgüetli-Tagung in dieser Form gewesen. Auf alle Fälle sind Blochers Fussstapfen gross. Die SVP Kanton Zürich muss nun nach einer passenden Nachfolgerin oder einem passenden Nachfolger suchen. Ledergerber könnte sich zum Beispiel Alt-Bundesrat Ueli Maurer oder Alt-Nationalrat Roger Köppel als Redner vorstellen. Christoph Blocher selbst hat keine Präferenz. «Die Partei muss sich überlegen, ob sie das Konzept aufrechterhalten will», sagt er gegenüber dem «Küsnachter». Das aktuelle Konzept der Albisgüetli-Tagung sei auf ihn zugeschnitten gewesen. Man könne den Anlass aber auch anders organisieren, in einem ähnlichen Stil, mit einem ähnlichen Zweck.
Maillard sprach über die AHV
Für Gewerkschaftsbund-Chef Pierre-Yves Maillard (SP), der als Ersatz für Bundesrätin Amherd gefunden werden konnte, wurde die Aufgabe, die Gunst des Publikums zu erlangen, nach dieser Ankündigung sicher nicht leichter. Der Ständerat sprach über die AHV – ein Thema «das in aller Munde ist», wie er sagte. «Können wir uns eine 13. AHV-Monatsrente leisten, um diese brutale Kaufkraftkrise einzudämmen?», fragte der Waadtländer. Der Gewerkschafter hatte eine eindeutige Antwort: «Die 13. Rente ist nicht nur nötig, sondern wir können sie auch bezahlen.» Dafür gab es ganz verhaltenen Applaus aus dem hinteren Teil des Saals. Langen Applaus erhielt Maillard dann zum Schluss seiner Rede, wohl auch dafür, dass er sich in die Höhle des Löwen gewagt hatte – im Gegensatz zu Bundespräsidentin Viola Amherd.