10 Jahre lang war er der Wirte-Chef

Erstellt von Dennis Baumann |
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Er ist im «Ochsen» der Vorgänger des Quartetts um Tyler Brûlé, das Ende 2023 übernimmt: Leo Wildhaber. Zehn Jahre lang wirtete er im Küsnachter Gasthof gemeinsam mit seinen Söhnen und bewährte sich mit gutbürgerlicher Küche.

Ob Kaviar, Filet mignon oder Blattgold, Küsnacht ist bekannt für seine breite Auswahl an hochpreisiger Gourmetküche. Die Ansprüche sind hoch und dennoch steht mitten im Herzen Küsnachts der Gasthof Ochsen, eine klassische Dorfbeiz mit gutbürgerlichem Essen auf der Speisekarte. 

Wie sich das Lokal gegen die Sterne­küche behaupten kann, weiss Leo Wildhaber, Wirt und Koch des Gasthofs ­Ochsen: «Wir sind ein Restaurant für jedermann. Vom Büezer bis zum Multimillionär haben wir das Passende im Angebot.» Allerdings neigt sich nun eine Ära dem Ende. Nach zehn Jahren Pacht gibt Leo Wildhaber mit seinen beiden Söhnen den Familienbetrieb per Oktober ab. 

Mit Geschnetzeltem zum Erfolg 

Vor zehn Jahren als Gastgeber im «Ochsen» angefangen hat Leo Wildhaber gemeinsam mit seiner heute verstorbenen Frau. Er war schon damals kein ungeschriebenes Blatt. Als ausgebildeter Koch mit mehreren Weiterbildungen im Ausland und seinem in Zürich erfolgreich laufenden Bistro erhielt er von der Gemeinde Küsnacht eine Anfrage, den Gasthof als Pächter zu übernehmen. 

Die Auflagen waren klar definiert: gutbürgerliches Essen, auf hohem Niveau, aber ohne auf Punkte hinzuarbeiten. Für die Wildhabers eine spannende Herausforderung, sich in Küsnacht mit diesem Programm bewähren zu wollen. Die ersten beiden Jahre waren besonders erfolgreich. «Wir waren jeden Tag ausgebucht», sagt Leo Wildhaber. Das Geheimnis liege unter anderem in der Aufmachung: «Traditionelle Gerichte, wie ein Geschnetzeltes, lassen sich hervorragend präsentieren.» 

Die grösste Herausforderung stellten die Feiertage dar. Die meisten Küsnachter verlassen in dieser Zeit ihre Gemeinde. «Die Gemeindeverwaltung war mit mir sehr transparent und ich wusste von Anfang an, dass ich während der Feiertagen schliessen muss», so Wildhaber. 

Zu seinen Gästen zählen Leute aus allen sozialen Schichten. Selbst Promis fanden den Weg in sein Lokal. So liessen sich etwa die Sänger Chris De Burgh und Tina Turner im «Ochsen» bedienen. Starbonus gibt es bei Wildhaber allerdings nicht. Mit seiner direkten Art eckte er bei manchen Leuten auch an. Wer sich nicht an die Regeln hält, den wirft er raus. «Ich hatte mal einen Gast, der einen bereits reservierten Platz für sich beanspruchte und mir mit Konsequenzen drohte. Da zögerte ich nicht lange und schickte diese Person weg», erzählt Wildhaber. 

Alles anders seit der Pandemie 

Über mehrere Jahre hinweg lief der Familienbetrieb nahezu reibungslos. Der Beginn der Pandemie läutete jedoch die schwerste Zeit für die Gastgeber ein. Zwar hatte der Bund Gelder für die Gastronomiebranche gesprochen, bis das Geld allerdings bei den Wildhabers ankam, vergingen zwei Jahre. Dank dem Verkauf von Gutscheinen an eine gemeinnützige Institution und dem vollständigen Mietzinserlass von Seiten der Gemeinde konnten sie sich über Wasser halten. «Unter der Leitung von Ueli Schlumpf, Andy Meier und Andy Tanner hatte ich ein super Verhältnis zur Gemeindeverwaltung», sagt Wildhaber. 

Eine weitere wichtige Einnahmequelle fiel mit den Hotelzimmern weg. Ein Grossteil der Hotelgäste besteht aus internationalen Dozierenden des C.G. Jung Instituts in Küsnacht. Während der Pandemie blieben diese im Homeoffice. 

Seit Pandemieende konnte der Gasthof nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen. «Seitdem ist alles anders», sagt Wildhaber. Ein Teil seiner Stammkundschaft ist in den vergangenen Jahren verstorben. Andere Gäste kommen weniger oder sind seither verhaltener. Nach Personalwechseln in der Verwaltung verschlechterte sich auch das Verhältnis zur Gemeinde, was letztendlich zur Kündigung des Mietverhältnisses geführt hat. Zu Details möchte sich Wildhaber zurzeit nicht äussern.

7-Tage-Woche, ein Verlustgeschäft 

Ursprünglich hätten Wildhabers Söhne den Betrieb weiterführen sollen, nachdem der langjährige Wirt seinen persönlichen Abgang verkündete. Die Gemeinde erliess jedoch neue Auflagen. Unter anderem soll der Gasthof statt fünf Tage sieben Tage in der Woche geöffnet haben. Ausserdem würde der Mietzins um 500 Franken im Monat steigen. 

Aus praktischer Sicht sei das nicht machbar, ist Leo Wildhaber überzeugt: «Es wäre ein Verlustgeschäft. Es würden nicht genügend viele Gäste kommen.» Ein Kompromiss konnte nicht gefunden werden. Die beiden Söhne lehnten die Auflagen ab und kündeten das Mietverhältnis. 

Für die Wildhabers ist die Aufgabe des «Ochsens» allerdings nicht das Ende. Sie haben bereits vorgesorgt. Beide Söhne haben in der Privatwirtschaft ihre Tätigkeit gefunden und auch Vater Leo Wildhaber will mit seinen 65 Jahren weiterhin beschäftigt bleiben. Er wird sich in Zukunft mehr Zeit nehmen können, um sich um seine eigene Räucherei zu kümmern. Zudem will er ins private Catering einsteigen. «Ich bin noch fit. Ich kann noch nicht aufhören», sagt Wildhaber.